Zusammenfassung

 
Überblick

Der Jugendarbeitsschutz dient verschiedenen gesetzgeberischen Zielen: Kinder und Jugendliche sollen vor der Ausbeutung ihrer Arbeitskraft sowie vor den psychischen und physischen Gefahren geschützt werden, die durch nicht altersgerechte Arbeitsbelastungen drohen. Daneben soll die mögliche Beteiligung am Arbeitsleben keine Beeinträchtigung der schulischen Entwicklung herbeiführen. Dabei geht das Gesetz systematisch von einem grundsätzlichen Verbot der Kinderarbeit sowie der grundsätzlichen Zulässigkeit der Beschäftigung von Jugendlichen aus. Schutzinstrumente des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) als zwingende gesetzliche Regelungen sind die Festlegung von Höchstarbeitszeiten, Ruhepausen und Freizeit, weiterhin Beschäftigungsverbote und -beschränkungen, der Vorrang der Berufsschule, medizinische Vorsorge und Gewährleistung von Information.

1 Rechtsgrundlagen

1.1 Unionsrecht

Die Richtlinie 94/33/EG des Rates vom 22.6.1994 über den Jugendarbeitsschutz[1] regelt in insgesamt 18 Artikeln das europäische Recht zum Schutz von Kindern und Jugendlichen.

Als Kern der Richtlinie sind zu betrachten:

  • Art. 4: Verbot der Kinderarbeit
  • Art. 6: Allgemeine Pflichten des Arbeitgebers
  • Abschnitt III: Regelungen über Arbeits- und Ruhezeiten

Die Richtlinie 94/33/EG wurde vom deutschen Gesetzgeber durch Anpassung des bestehenden Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) vom 12.4.1976[2] durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes vom 24.2.1997[3] umgesetzt. Die Vorgaben der Richtlinie in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) sind für das deutsche JArbSchG maßgeblich.[4] Die Auslegung der jeweiligen Normen des JArbSchG durch die Arbeitsgerichtsbarkeit hat unionskonform zu erfolgen. Konflikte zwischen dem nationalen JArbSchG und der Richtlinie sind zugunsten der Richtlinie aufzulösen.

Art. 16 RL 94/33/EG stellt klar, dass die Richtlinie nur einen Mindestschutz sichert. Strengere nationale Regelungen zugunsten des Jugendarbeitsschutzes sollen nicht ausgeschlossen werden.

Im Übrigen entspricht das aktuelle deutsche Jugendarbeitsschutzrecht auch dem IAO-Übereinkommen Nr. 182 vom 17.6.1999 zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit.

Neben der speziellen Richtlinie 94/33/EG können allgemeine unionsrechtliche Regelungen, insbesondere allgemeine arbeitsrechtliche Richtlinien, Diskriminierungsverbote und die EU-Grundrechte, auch im Jugendarbeitsschutz von Bedeutung sein. Dazu gehören etwa die Anti-Diskriminierungsvorschriften: Ungleichbehandlungen wegen des Alters – wie z. B. das Beschäftigungsverbot für Kinder – können gegen Diskriminierungsverbote verstoßen. Allerdings ist bei diesbezüglichen Jugendschutzvorschriften regelmäßig von einem im öffentlichen Interesse liegenden, rechtfertigenden Sachgrund auszugehen.

[1] ABl. EG Nr. L 216 v. 20.8.1994, S. 12.
[2] BGBl 1976 I S. 965.
[3] BGBl 1997 I S. 311.
[4] Anders als im übrigen Arbeitsrecht fehlt es im Bereich des Jugendarbeitsschutzes allerdings bislang an relevanten Entscheidungen des EuGH.

1.2 Nationales Recht

Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Jugendarbeitsschutzes vom 24.2.1997[1] wurde die o. g. EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. Wegen der unionsweiten Vorbildfunktion des deutschen Jugendarbeitsschutzrechts erforderte die Umsetzung der Richtlinie nur geringfügige Nachbesserungen des bestehenden Rechts. Zentrale Regelungen des geltenden JArbSchG sind:

  • die grundsätzliche Verantwortlichkeit des Arbeitgebers als Normadressat
  • das grundsätzliche Verbot der Kinderarbeit
  • Festlegungen von Maximalarbeitszeiten im Rahmen der 5-Tage-Woche bei Beachtung von Pausenzeiten, Freizeitphasen (Samstag, Sonntag, Feiertage) und der Nachtruhe
  • Urlaubsregelungen

Folgeregelung dieses EU-basierten nationalen Jugendarbeitsschutzrechts ist auch die Kinderarbeitsschutzverordnung (KindArbSchV) vom 23.6.1998[2], die u. a. vorsieht, dass Kinder ab 13 Jahren nur mit leichten und für Kinder geeigneten Arbeiten beschäftigt werden dürfen.

[1] BGBl 1997 I S. 311.
[2] BGBl 1998 I S. 1508.

2 Geltungsbereich

Das JArbSchG ist anwendbar, wenn der Beschäftigungsort im Bundesgebiet liegt, unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Jugendlichen oder des Arbeitgebers (Territorialitätsprinzip).

 
Praxis-Beispiel

Arbeitsort im Bundesgebiet

Die amerikanische Botschaft in Berlin stellt nach amerikanischem Arbeitsrecht eine junge Türkin als Auszubildende für den Beruf der Bürofachkraft ein. Es gilt (grundsätzlich) das deutsche JArbSchG.

Liegt der Beschäftigungsort auf Dauer im Ausland, ist das Gesetz nicht anwendbar. Dies gilt auch dann, wenn beide Vertragspartner Deutsche sind.

 
Praxis-Beispiel

Beschäftigungsort im Ausland

Ein deutscher Gastronom auf Mallorca stellt den Sohn eines befreundeten deutschen Staatsangehörigen als Kochlehrling ein. Es gilt spanisches Jugendarbeitsschutzrecht.

Unbeachtlich ist, wo sich der (Haupt-)Betrieb oder der Unternehmenssitz des Arbeitgebers befindet, solange der Jugendliche nicht nur vorübergehend im Territorium der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt wird. Umgekehrt bleibt es bei der Anwendung des JArbSchG auch...

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