Rz. 723

Scheidet ein Kommanditist oder ein anderer Mitunternehmer, dessen Haftung der eines Kommanditisten vergleichbar ist und dessen Kapitalkonto in der Steuerbilanz der Gesellschaft aufgrund von ausgleichs- oder abzugsfähigen Verlusten negativ geworden ist, aus der Gesellschaft aus oder wird in einem solchen Fall die Gesellschaft aufgelöst, so gilt der Betrag, den der Mitunternehmer nicht ausgleichen muss, als Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 EStG.[1] Damit werden zwei Fallgruppen angesprochen: zunächst der Fall, dass ein Kommanditist (oder haftungsgemäß vergleichbarer Mitunternehmer) aus der Gesellschaft ausscheidet, dabei aber die Gesellschaft fortbesteht. Für diesen Fall greift die Rechtsfolge, dass der Kommanditist einen Betrag in Höhe seines negativen Kapitalkontos, soweit dieses durch ausgleichs- oder abzugsfähige Verluste entstanden ist, als Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 EStG versteuern muss. Die gleiche Rechtsfolge greift für den Fall, dass die Gesellschaft als solche aufgelöst wird und der Kommanditist sein dann vorhandenes negatives Kapitalkonto nicht ausgleichen muss. Dabei kommt es nach Wortlaut, Sinn und Zweck des Gesetzes nicht auf das Ausscheiden des Kommanditisten an, das nicht zu den in § 131 HGB genannten Auflösungsgründen gehört. Die zweite Fallgruppe ist immer dann gegeben, wenn die KG, aus welchem Grund auch immer, aufgelöst wird und gleichzeitig feststeht, dass der Kommanditist sein zu diesem Zeitpunkt vorhandenes negatives Kapitalkonto nicht ausgleichen muss. Auch bei Auflösung einer KG ohne Ausgleichsverpflichtung ergibt sich die Notwendigkeit, die frühere Verlustzurechnung infolge der "Anerkennung" des negativen Kapitalkontos rückgängig zu machen, weil es nicht mehr zu einer "Haftung" des Kommanditisten für die zum negativen Kapitalkonto führenden Verluste mit späteren Gewinnen der KG kommen kann.[2]

Im Urteil v. 11.8.1994 führt der BFH hierzu ergänzend aus: Auch der bloße Wegfall der Gewinnerzielungsmöglichkeit bei der KG kann zur Nachversteuerung negativer Kapitalkonten der Kommanditisten führen, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen – Ausscheiden des Kommanditisten aus der fortbestehenden KG oder Auflösung der KG – erfüllt sein müssten. Der Gewinn aus dem "Wegfall" des negativen Kapitalkontos ist dann als laufender, nicht tarifbegünstigter Gewinn zu erfassen, wenn die Gewinnerzielungsmöglichkeit bereits vor der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs entfällt.

[1] In Höhe der als Gewinn zuzurechnenden Beträge sind bei den anderen Mitunternehmern unter Berücksichtigung der für die Zurechnung von Verlusten geltenden Grundsätze Verlustanteile anzusetzen.
[2] Siehe in diesen Rechtsfragen auch BFH, Urteil v. 11.8.1994, IV R 124/92, BStBl 1995 II S. 253.

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