Rz. 302

Allgemeines

Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie gemäß § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet mit der Folge, dass die persönliche unmittelbare Haftung des Kommanditisten wieder auflebt. Sie ist auch hier auf die im Handelsregister eingetragene Haftsumme beschränkt, selbst dann, wenn dem Kommanditisten aus dem Gesellschaftsvermögen ein höherer Betrag als seine Haftsumme ausgezahlt worden ist.[1]

 

Rz. 303

Der Begriff der Rückzahlung in § 172 Abs. 4 HGB ist in einem umfassenden Sinn zu verstehen. Rückzahlungen sind alle Zuwendungen an einen Kommanditisten, durch die dem Gesellschaftsvermögen Vermögenswerte ohne entsprechende Gegenleistung entzogen werden. Daher können auch Zuwendungen an Dritte, durch die der Kommanditist von einer persönlichen Verbindlichkeit befreit wird, oder mittelbare Zuwendungen an den Kommanditisten ausreichen.[2] Entscheidend für die Feststellung einer Rückzahlung ist, ob die Leistung der KG an den Kommanditisten wirtschaftlich als Rückzahlung aufzufassen ist. Der Rechtsgrund der Leistung ist ohne Bedeutung. So kann auch die Gewährung eines Darlehens an einen Kommanditisten eine Rückzahlung der Einlagen sein, wenn diese Mittel dazu dienen, seine durch Entnahme geminderte Einlage aufrechtzuerhalten.[3]

Weitere Beispiele für verdeckte Rückzahlungen i. S. d. § 172 Abs. 4 HGB sind die Zahlung von Zinsen auf eine Kommanditeinlage, wenn die Gesellschaft keine Gewinne erzielt, oder die Abtretung einer Eigentümergrundschuld durch die Gesellschaft an einen Kreditgeber des Kommanditisten.[4] Die persönliche Haftung des Kommanditisten lebt nach § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB auch dann wieder auf, wenn an ihn ein Agio zurückgezahlt wird, sofern dadurch der Stand seines Kapitalkontos unter den Betrag seiner Haftsumme sinkt oder schon zuvor diesen Wert nicht mehr erreicht hat.[5]

 

Rz. 304

Der Regelfall des § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB ist die Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens aus dem Gesellschaftsvermögen an einen ausgeschiedenen Kommanditisten.[6]

 

Rz. 305

Eine Abfindung aus dem Gesellschaftsvermögen liegt auch dann vor, wenn der ausscheidende Kommanditist eine Zahlung in entsprechender Höhe von einem neu in die Gesellschaft eintretenden Kommanditisten erlangt und die Gesellschaft diese Zahlung auf die Einlageschuld des neuen Kommanditisten anrechnet.[7]

 

Rz. 306

Wird das Auseinandersetzungsguthaben des ausscheidenden Kommanditisten in ein Darlehen umgewandelt, kommt es nicht zu einem Wiederaufleben der persönlichen Haftung gemäß § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB.[8] Die Tilgung dieses Darlehens und die Zahlung von Zinsen, wenn die Gesellschaft keine Gewinne erzielt, ist dagegen wieder eine haftungsbegründende Rückgewähr der Einlage.

 

Rz. 307

Die durch die Rückzahlung der Hafteinlage aufgelebte Haftung des Kommanditisten erlischt wieder, wenn der Kommanditist das Gesellschaftsvermögen in Höhe der an ihn zurückgewährten Einlage wieder auffüllt. Dabei ist es nicht von Bedeutung, dass die Zahlungen als Einzahlungen auf die Haftsumme oder als Rückzahlung der ausgeschütteten Beträge bezeichnet werden. Maßgeblich ist, dass der Haftungsfonds, soweit er durch den Abfluss der Einlage gemindert worden ist, ergänzt wird und dass dieser Zufluss nicht mit verlustunabhängigen Rückgewähr- bzw. Gegenleistungsansprüchen belastet ist.[9]

 

Rz. 308

Tätigkeitsvergütung eines Kommanditisten

Eine Rückzahlung i. S. d. § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB liegt auch dann vor, wenn ein Kommanditist, der zugleich Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist, eine überhöhte, sprich unangemessene Vergütung für seine Geschäftsführungstätigkeit aus den Mitteln der KG bezieht.[10] Aus den Mitteln der KG stammt das Geschäftsführergehalt auch dann, wenn die Zahlung durch die GmbH erfolgt und sich die GmbH diese Kosten von der KG erstatten lässt.

 

Rz. 309

Rückzahlung aus dem Vermögen der Komplementär-GmbH

Werden einem Kommanditisten Leistungen aus dem Vermögen der Komplementär-GmbH zugeführt, lebt seine persönliche und unmittelbare Haftung gemäß § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB wieder auf, wenn die GmbH – wie es regelmäßig der Fall ist – durch diese Zahlung gleichzeitig einen Erstattungsanspruch gegen die KG gemäß § 110 HGB hat. Denn durch diese Zahlung wird das KG-Vermögen zugunsten des Kommanditisten und zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger ebenso geschmälert, wie es geschähe, wenn der Kommanditist unmittelbar aus dem Gesellschaftsvermögen der KG bezahlt werden würde.[11]

 

Rz. 310

Kann die GmbH dagegen aus rechtlichen Gründen bei der KG keinen Rückgriff nehmen, entfällt ein Wiederaufleben der Haftung. Ein Wiederaufleben der Haftung entfällt auch dann, wenn die GmbH zwar einen Erstattungsanspruch gegen die KG hat, aber aus tatsächlichen Gründen keinen Rückgriff nehmen kann. Wenn kein KG-Vermögen mehr vorhanden und auch künftig nicht zu erwarten ist, kann der Erstattungsanspruch der Komplementär-GmbH zu keiner Schmälerung des KG-Vermögens und auch zu keiner Beeinträchtigung der KG-Gläubiger führen.[12] Zu beachten ist, d...

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