2.1.3.1 Selbstkontrahierungsverbot

 

Rz. 282

Nach § 181 BGB kann ein Vertreter, soweit ihm nicht ein anderes gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft (sog. Insichgeschäft) nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer bereits bestehenden Verbindlichkeit besteht. Dieses Verbot des Selbstkontrahierens hat auch bei der organschaftlichen Vertretung der GmbH & Co. KG praktische Bedeutung. So kann die Komplementär-GmbH, wenn im Gesellschaftsvertrag der GmbH & Co. KG nichts anderes vereinbart ist, keine Geschäfte zwischen der GmbH & Co. KG und sich selbst abschließen. Entsprechendes gilt für Insichgeschäfte zwischen der GmbH & Co. KG und dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Ebenso kann der GmbH-Geschäftsführer, wenn der GmbH-Vertrag keine anderweitige Regelung enthält, nicht Geschäfte zwischen sich und der GmbH abschließen. Das Verbot solcher Insichgeschäfte soll der Verkehrssicherheit dienen und zum Schutz des Vertretenen Interessenkollisionen abwenden.

 

Rz. 283

Gemäß § 35 Abs. 3 GmbHG gilt das Verbot des Selbstkontrahierens auch für den Gesellschafter-Geschäftsführer einer Einmann-GmbH.[1] Dies gilt jedoch nicht, wenn er Geschäfte mit der GmbH & Co. KG abschließt, deren einziger Kommanditist er zugleich ist (Ein-Personen-GmbH & Co. KG).[2] Ein gegen das Selbstkontrahierungsverbot verstoßendes Geschäft ist nicht nichtig, sondern schwebend unwirksam, d. h., es kann nachträglich vom Vertretenen genehmigt werden.[3]

[1] Anderer Ansicht vor Inkrafttreten des § 35 Abs. 4 GmbHG am 1.1.1981 BGH, Urteil v. 19.4.1971, II ZR 98/68, BGHZ 56 S. 97; BGH, Urteil v. 19.11.1979, II ZR 197/78, BGHZ 75 S. 358.
[2] So etwa auch Binz/Sorg, § 4 Rn. 14 f.
[3] Siehe Rn. 286 ff.

2.1.3.2 Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot

 

Rz. 284

In den Gesellschaftsverträgen können Vertreter auch generell von dem Verbot des Selbstkontrahierens befreit werden. Das ist bei der GmbH und bei Personengesellschaften durchaus üblich. Bei der GmbH muss diese Befreiung in das Handelsregister eingetragen sein, § 10 Abs. 1 Satz 2 GmbHG.[1] Die Befreiung der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH vom Selbstkontrahierungsverbot bei Verträgen zwischen der KG und der Komplementär-GmbH ist eine eintragungspflichtige Tatsache, die im Handelsregister mit der erforderlichen Klarheit zum Ausdruck zu bringen ist.[2] Durch die Publizität von Handelsregistereintragungen werden Gläubiger der Gesellschaft auf die Möglichkeit solcher Geschäfte und damit von Vermögensverlagerungen zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft hingewiesen und können sich darauf einstellen.[3]

 

Rz. 285

Zu beachten ist, dass die Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens immer nur von dem jeweils Vertretenen erteilt werden kann. So kann nur die GmbH & Co. KG den Geschäftsführer der GmbH von dem Verbot, Geschäfte mit sich und der GmbH & Co. KG abzuschließen, befreien.[4] In der Praxis ist es üblich, schon im Gesellschaftsvertrag der GmbH & Co. KG sowohl die Komplementär-GmbH als auch deren Organe von den Beschränkungen des § 181 BGB zu befreien.

2.1.3.3 Genehmigung von Insichgeschäften

 

Rz. 286

Fehlt eine generelle Befreiung von dem Selbstkontrahierungsverbot im Gesellschaftsvertrag, kann das schwebend unwirksame Insichgeschäft nachträglich durch Genehmigung wirksam werden. Zuständig für die Genehmigung eines Insichgeschäfts zwischen der Komplementär-GmbH und einem GmbH-Geschäftsführer sind weitere vorhandene alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer. Gibt es diese nicht, haben die GmbH-Gesellschafter mit einfacher Mehrheit zu entscheiden.[1] Die Genehmigung kann formlos und sogar durch schlüssiges Verhalten erfolgen.[2]

 

Rz. 287

Handelt es sich um eine Einmann-GmbH und ist der Alleingesellschafter gleichzeitig Geschäftsführer der GmbH, reicht ein einfacher Gesellschafterbeschluss zur Genehmigung des Insichgeschäfts nicht aus.[3] Hier kann eine Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nur durch den Gesellschaftsvertrag erfolgen.[4]

 

Rz. 288

Für den gesellschaftsvertraglichen Dispens kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht. Der Einmann-Gesellschafter kann per Satzungsänderung eine Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot statuieren und nach deren Eintragung das schwebend unwirksame Geschäft genehmigen;[5] oder er räumt durch Satzungsänderung die bloße Ermächtigung ein, den Geschäftsführer durch einen Gesellschafterbeschluss vom Verbot des Insichgeschäfts zu befreien.[6] Dann muss vor der Genehmigungserklärung des Gesellschafter-Geschäftsführers der Ausführungsbeschluss gefasst und ordnungsgemäß protokolliert werden.[7] Der Einmann-Gesellschafter kann auch in der Satzung die Befreiung für ein ganz bestimmtes Geschäft regeln und erklärt damit sogleich konkludent dessen Genehmigung.

Die dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer mehrgliedrigen GmbH durch d...

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