Rz. 219

Der Komplementär-GmbH kann gemäß §§ 117, 161 Abs. 2 HGB auf Antrag der Kommanditisten die Geschäftsführungsbefugnis durch gerichtliche Entscheidung entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund – insbesondere eine grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung – vorliegt. Dabei wird ihr das fehlerhafte Tun und Unterlassen ihrer Geschäftsführer zugerechnet.[1]

 

Rz. 220

In der Praxis erfolgt die Entziehung weniger häufig aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung. Es ist vielmehr üblich, dass die Gesellschaftsverträge abweichend von der gesetzlichen Regelung bestimmen, dass die Geschäftsführungsbefugnis durch einen Mehrheitsbeschluss aller Gesellschafter entzogen werden kann. Die Gründe, die eine Entziehung rechtfertigen, werden meistens im Gesellschaftsvertrag konkretisiert. Es ist aber auch eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung zulässig, wonach die Geschäftsführungsbefugnis ohne wichtigen Grund nach dem freien Ermessen der Gesellschaftermehrheit entzogen werden kann.[2]

 

Rz. 221

In der Praxis fallen Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Entziehung der Vertretungsbefugnis in der Regel zusammen.[3] Das Gesetz hat auch die Entziehungstatbestände gleich geregelt, §§ 161 Abs. 2, 117, 127 HGB. Ein Unterschied besteht lediglich dann, wenn die KG nur einen persönlich haftenden Gesellschafter hat. Dem kann nicht die Vertretungsbefugnis, wohl aber die Geschäftsführungsbefugnis entzogen werden.[4] Anders als die Vertretungsbefugnis (§ 170 HGB)[5] ist die Geschäftsführungsbefugnis nicht zwingend an die persönlich haftenden Gesellschafter gebunden. Sie kann durch Gesellschaftsvertrag unter Ausschluss des persönlich haftenden Gesellschafters einem oder mehreren Kommanditisten übertragen werden, §§ 161 Abs. 2, 114 Abs. 2, 163 HGB.[6] Ist die Komplementär-GmbH einzige persönlich haftende Gesellschafterin und wird ihr die Geschäftsführungsbefugnis entzogen, wird die GmbH & Co. KG also nicht geschäftsführungslos. Sofern der Gesellschaftsvertrag für diesen Fall keine Ersatzlösung vorsieht, fällt die Geschäftsführungsbefugnis ohne weiteres den Kommanditisten in ihrer Gesamtheit zu.[7]

 

Rz. 222

Wenn die Kommanditisten auch Gesellschafter der Komplementär-GmbH sind, können sie auch den Geschäftsführer der GmbH abberufen (§§ 38, 46 Nr. 5 GmbHG), ohne dass sie der GmbH die Geschäftsführungsbefugnis entziehen müssen. Ist diese Maßnahme weniger einschneidend und für die Beteiligten eine zumutbare Lösung, sind die Kommanditisten sogar gehalten, diese Maßnahme nach dem Grundsatz des mildesten Mittels zu wählen.[8]

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