Rz. 204

Die Mitverwaltungsrechte der Kommanditisten können auch über die gesetzliche Regelung hinaus eingeschränkt werden. Eine solche zulässige Einschränkung liegt z. B. vor, wenn der Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass die Komplementär-GmbH zur Vornahme ungewöhnlicher Geschäfte nicht der Zustimmung der Kommanditisten bedarf oder dass für einen Zustimmungsbeschluss gemäß §§ 116 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB die einfache Mehrheit genügt.

 

Rz. 205

Eine Grenze für gesellschaftsvertragliche Mehrheitsklauseln ergibt sich aus dem Bestimmtheitsgebot. Dieser Grundsatz besagt, dass die Mehrheitsklausel den Gegenstand möglicher Mehrheitsbeschlüsse hinreichend bestimmt festlegen muss. Überwiegend wurdeder Bestimmtheitsgrundsatz dahingehend verstanden, dass die Gegenstände möglicher Mehrheitsentscheidung bereits im Gesellschaftsvertrag in Katalogform erkennbar sein müssen.[1] Der BGH hat den Bestimmtheitsgrundsatz jedoch mittlerweile stark relativiert.[2] In der sog. Otto-Entscheidung stellte der BGH klar, dass der Bestimmtheitsgrundsatz nicht so zu verstehen sei, dass eine Mehrheitsklausel stets die betroffenen Beschlussgegenstände minutiös auflisten müsse. Der Bestimmtheitsgrundsatz verlange lediglich eine Verankerung der Mehrheitsmacht im Gesellschaftsvertrag. So soll es genügen, wenn sich auch nur durch Auslegung des Gesellschaftsvertrages ergibt, dass der in Frage stehende Beschluss der Mehrheitsentscheidung unterworfen sein soll.[3] Die Grundlagen der Gesellschaft berührende oder in Rechtspositionen der Gesellschafter (d. h. in den Kernbereich) eingreifende Maßnahmen sind dagegen nur mit – zumindest antizipiert im Gesellschaftsvertrag erteilter – Zustimmung eines jeden Gesellschafters zulässig. So ist etwa eine nachträgliche Lastenvermehrung (vgl. § 707 BGB Verpflichtung zu Nachschüssen) nach wie vor an eine eindeutige entsprechende Legitimationsgrundlage im Gesellschaftsvertrag geknüpft. Dagegen hat der BGH in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung[4] in der sog. Otto-Entscheidung festgestellt, dass die Bilanzfeststellung grundsätzlich kein kernbereichsrelevantes Grundlagengeschäft sei und daher eine pauschale Mehrheitsklausel ausreiche.[5]

Allerdings sind Mehrheitsentscheidungen, die in die Rechtsstellung eines überstimmten Gesellschafters eingreifen, auch bei ausreichend bestimmter Zulassung nicht unbegrenzt zulässig. Wenn nämlich auf einer ersten Stufe festgestellt ist, dass die Gesellschafter zwar formell zur Mehrheitsentscheidung legitimiert sind und die hierzu ermächtigende Klausel im Gesellschaftsvertrag also bestimmt genug ist, ist auf zweiter Stufe weiter zu prüfen, ob der Beschluss auch inhaltlich wirksam ist.[6] Schlechthin unverzichtbare Mitgliedschaftsrechte (sog. "Kernbereich" der Mitgliedschaft, wie etwa das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund) können nicht entzogen werden.

Aber auch wenn es sich um einen Eingriff in verzichtbare Rechte der Gesellschafter handelt, kommt es darauf an, ob die Gesellschaftermehrheit die inhaltlichen Grenzen der ihr erteilten Ermächtigung beachtet und sie sich nicht etwa treupflichtwidrig über beachtenswerte Belange der Minderheit hinweggesetzt hat.[7]

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