Leitsatz

Es ist zulässig, für Mehrhausanlagen in der Gemeinschaftsordnung buchungstechnisch getrennte Rückstellungen zu bilden, deren Verwendungszweck jeweils die Instandhaltung der einzelnen Gebäude ist.

 

Normenkette

§ 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG

 

Das Problem

  1. In einer Wohnungseigentumsanlage gibt es mehrere Gebäude: die Häuser 1, 3 und 5, die Hochhäuser 4 und 6 und eine zwischen den beiden Gebäudekomplexen gelegene Parkgarage. Nach der Gemeinschaftsordnung kann die Gemeinschaftsordnung durch eine Mehrheit von 3/4 aller vorhandenen Stimmen geändert werden. Ferner ist die "Eigentümergemeinschaft" zur Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung für das gemeinschaftliche Eigentum verpflichtet.

    Soweit gesetzlich zulässig und wirtschaftlich tatsächlich ausscheidbar, sind Wohngebäude und Parkhaus je als selbstständige Einheit anzusehen und zu behandeln. Bei Beschlüssen, die nur das Parkhaus betreffen, haben nur die Sondereigentümer und Sondernutzungsberechtigten des Parkhauses Stimmrecht. Für Beschlüsse, die "das Wohngebäude" betreffen, haben nur die Sondereigentümer des Wohngebäudes ein Stimmrecht.

  2. Im Jahr 2004 wird mit 80 % der Stimmen beschlossen, die Instandhaltungsrückstellung für die 5 Gebäude zu "trennen". Die angesammelte Instandhaltungsrücklage soll ausschließlich den Wohnungen der Gebäude 4 und 6 zugerechnet werden. Die Eigentümer der Gebäude 1, 3 und 5 "verzichten" auf alle Rechte hinsichtlich der bislang gebildeten Instandhaltungsrückstellung. Die Eigentümer der Wohnungen, die in den Gebäuden 1, 3 und 5 liegen, sollen zukünftig eine "eigene" Instandhaltungsrückstellung ansparen. In der Folgezeit werden 2 Instandhaltungsrückstellungen ausgewiesen. Von 2006 bis 2011 wird für die Einheiten der Gebäude 1, 3 und 5 eine Instandhaltungsrückstellung in Höhe von 88.084 EUR, für die Einheiten der Gebäude 4 und 6 in Höhe von 468.984,84 EUR angesammelt.
  3. Seit dem Jahr 2010 ist B Eigentümer des Sondereigentums in den Häusern 1, 3 und 5. In einer Versammlung im Jahr 2012 vertritt Verwalter V die Auffassung, der Beschluss aus dem Jahr 2004 sei nichtig und die "getrennten Instandhaltungsrückstellungen" müssten daher zusammengeführt werden. Die Wohnungseigentümer beschließen daraufhin mit einfacher Mehrheit – bestandkräftig –, dass "zur Gleichstellung der Anteilsansprüche an einer gemeinschaftlichen Instandhaltungsrückstellung" zum 1.1.2012 von den Eigentümern der Wohnungen der Gebäude 1, 3 und 5 eine Zahlung von insgesamt 49.280,19 EUR und zusätzlich bis zum Inkrafttreten eines gemeinschaftlichen Wirtschaftsplans monatlich ein Betrag von 1.080,75 EUR zu zahlen sei.
  4. Mit der Klage verlangt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von B Zahlung in Höhe von 60.087,69 EUR nebst Zinsen (49.280,19 EUR zuzüglich jeweils 1.080,75 EUR für die Monate Januar bis Oktober 2012). Das Amtsgericht gibt der Klage statt. Das Landgericht ändert das Urteil ab und verurteilt B unter Abweisung der Klage im Übrigen, an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer 10.807,50 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Dagegen wenden sich die Parteien jeweils mit der Revision.
 

Die Entscheidung

  1. Die Revision des B ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs begründet und die der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer damit unbegründet.
  2. Die Wohnungseigentümer hätten zwar ursprünglich vereinbart, für alle Gebäude eine einheitliche Instandhaltungsrückstellung zu bilden. Der Beschluss aus dem Jahr 2004 habe diese Vereinbarung aber geändert und angeordnet, 2 Instandhaltungsrückstellungen zu bilden. Die Kompetenz für diesen Beschluss folge aus der Öffnungsklausel. Der Beschluss sei auch in materieller Hinsicht wirksam. Es sei zulässig, für Mehrhausanlagen buchungstechnisch 2 getrennte Rückstellungen zu bilden, deren Verwendungszweck jeweils die Instandhaltung der einzelnen Gebäude oder – wie hier – Gebäudekomplexe sei (Hinweis unter anderem auf Elzer in Timme, WEG, 2. Aufl. 2014, § 21 Rn. 354).
  3. Der Beschluss aus dem Jahr 2012 sei damit nichtig. Die dem B auferlegten Zahlungen sollen einer einheitlichen Instandhaltungsrückstellung zufließen. Eine solche gebe es aber nicht (mehr). Durch den Beschluss sei die Gemeinschaftsordnung auch nicht (erneut) geändert worden. Der Beschluss erschöpfe sich in der Begründung von Zahlungspflichten. Nichts anderes ergebe sich aus dem Inhalt der Niederschrift der Versammlung. Eine ergänzende Auslegung komme nicht in Betracht. Es könne nicht angenommen werden, dass die Gemeinschaftsordnung ohne die erforderliche Mehrheit geändert werden sollte. Die zu einer gesetzmäßigen Verwaltung verpflichteten Wohnungseigentümer wollten im Zweifel keinen rechtswidrigen Beschluss fassen (Hinweis auf BGH v. 23.9.1999, V ZB 17/99, BGHZ 142 S. 290, 298).
 

Kommentar

Anmerkung
  1. In Mehrhausanlagen wird von den Wohnungseigentümern häufig ein Bedürfnis gesehen, für jedes Haus getrennte Instandhaltungsrückstellungen zu haben. Die Entscheidung ermöglicht es, diese Trennung buchhalterisch anzuordnen.
  2. Der Bundesgerichtshof hat erneut offen gelassen, ob ein Beschluss, der das Meh...

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