Der Zwangsverwalter eines vermieteten Grundstücks kann eine Räumungsklage auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vermieters nicht auf die insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit des Mietvertrags stützen.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Herausgabeanspruch des Insolvenz- und Zwangsverwalters gegen den Mieter?
Zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Mieter besteht seit Dezember 2008 ein Mietvertrag über Büroräume und Lagerflächen. Im Oktober 2009 wurde über das Vermögen des Vermieters das Insolvenzverfahren eröffnet.
Der Insolvenzverwalter hat den Abschluss des Mietvertrags wegen Gläubigerbenachteiligung (§ 129 InsO) angefochten und vom Mieter die Herausgabe der Mietsache verlangt. Der Mieter verweigerte die Herausgabe; der Insolvenzverwalter hat den Herausgabeanspruch nicht gerichtlich geltend gemacht.
Im Dezember 2010 wurde die Zwangsverwaltung des Grundstücks angeordnet.
Der BGH hatte zu prüfen, ob dem Zwangsverwalter ein auf die Insolvenzanfechtung gestützter Herausgabeanspruch zusteht.
Folgen der Anfechtung des Mietvertrags im Insolvenzverfahren bei gleichzeitiger Zwangsverwaltung
Dies ist nicht der Fall: Wird eine auf den Abschluss eines Mietvertrags gerichtete Erklärung wegen Irrtums (§ 119 BGB) oder Täuschung (§ 123 BGB) angefochten, so hat dies zur Folge, dass der Vertragsschluss rückwirkend entfällt. Der Mieter ist in einem solchen Fall rechtsgrundloser Besitzer, sodass er die Mietsache an den Vermieter (oder den Zwangsverwalter) herausgeben muss.
Bei der Insolvenzanfechtung nach § 129 InsO ist dies anders. Dabei handelt es sich nicht um ein Gestaltungsrecht, sondern um einen schuldrechtlichen Anspruch, der außergerichtlich oder gerichtlich geltend zu machen ist. Die Insolvenzanfechtung hat also nicht die Unwirksamkeit der Rechtshandlung zur Folge.
Zwar kann der anfechtende Insolvenzverwalter dem Erfüllungsanspruch des Mieters den Einwand der Anfechtbarkeit entgegensetzen. Im Verhältnis der Parteien untereinander bleibt der Mietvertrag aber bestehen. Der Vermieter muss also weiterhin leisten; nichts anderes gilt für den Zwangsverwalter.
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