Leitsatz

  1. Individualanspruch auf Herausgabe im Gemeinschaftseigentum stehender Kellerräume
  2. Gegenanspruch auf Kellerneuverteilung nicht begründet, wenn nach Gemeinschaftsordnung jede Gebrauchsregelung einer Vereinbarung bedarf und diese (wie vorliegend) nicht zustande kommen kann
  3. Auflösung eines bisher bestehenden Mietverhältnisses bei Eigentumserwerb des Mieters (mit gleichzeitiger Unterwerfung unter die Vereinbarungen nach Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung)
 

Normenkette

(§§ 10 Abs. 1, 15 Abs. 1, 3 WEG; § 571 BGB (a.F., nunmehr § 566 BGB n.F.))

 

Kommentar

1. Der Anspruch auf Gebrauchsregelung und Herausgabe von im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Kellerräumen an die Gemeinschaft (z. H. des Verwalters) kann als Individualanspruch von jedem einzelnen Wohnungseigentümer ohne Ermächtigung der Gemeinschaft gerichtlich geltend gemacht werden. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen musste hier eine Gemeinschaft auch nicht zunächst über die Neuverteilung von Kellern entscheiden.

2. Einem solchen Herausgabeanspruch kann jedenfalls dann nicht der Anspruch auf Kellerneuverteilung entgegengehalten werden, wenn nach Gemeinschaftsordnung (wie hier ausdrücklich geregelt) jede Gebrauchsregelung einer Vereinbarung bedarf und ohne Zustimmung des Antragstellers, aber auch gegen seinen Willen keine Vereinbarung zustande kommen kann. Allein durch Mehrheitsbeschluss oder auch durch mehrheitliche Billigung kann kein ausschließliches Nutzungsrecht eines Eigentümers an im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Räumen begründet werden (vgl. auch BGH v. 20.9.2000, NJW 2000, 3500). Auch ein Sondernutzungsrecht kann nur durch Vereinbarung, nicht aber durch Beschluss entstehen. Ist zwischen Vereinbarungen und Mehrheitsbeschlüssen zu unterscheiden, kommt der hier getroffenen ausdrücklichen Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung, dass "Raumeigentümer den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums durch Vereinbarung im Einzelnen regeln können" nach objektiven Auslegungsgrundsätzen ebenfalls zu beachtende Vereinbarungswirkung zu. Die Möglichkeit einer solchen Vereinbarung ergibt sich auch aus § 15 Abs. 1 WEG. Scheitert eine solche Vereinbarung, muss es bei gemeinschaftlichem Gebrauch ursprünglich als Gemeinschaftseigentum vorgesehener Räume verbleiben. Die bisherige Kellerzuordnung zu Sondereigentum ist zunächst als gültige Kellerverteilung anzusehen. Insoweit ist also hier kraft Vereinbarung die Kompetenz der Gemeinschaft – i.Ü. auch die des Wohnungseigentumsgerichts zur Schaffung einer Ersatzlösung – rechtswirksam eingeschränkt. Im vorliegenden Fall ist aufgrund des Widerspruchs des Antragstellers auch nicht mit einer solchen Neuvereinbarung zu rechnen. Auch ein bestandskräftiger Mehrheitsbeschluss kann hier kein neues oder weiterbestehendes Sondernutzungsrecht zu Gunsten des Antragsgegners an den bisher genutzten Kellerräumen (des Gemeinschaftseigentums) begründen. Somit musste ein Antragsteller auch nicht auf eine vorherige Regelung durch Mehrheitsbeschluss verwiesen werden, da ausnahmsweise Neuvereinbarung für eine Kellerneuverteilung ausdrücklich mitvereinbart war.

Der Herausgabeanspruch konnte im vorliegenden Fall nicht als verwirkt angesehen werden – die entsprechende Rechtsprechung zur Verwirkung möglicher Beseitigungs- und Wiederherstellungsansprüche ist auf solche Herausgabeansprüche nicht anzuwenden, da mit jeder Fortsetzung einer nicht gerechtfertigten Nutzung ein Unterlassungsanspruch immer wieder von neuem entsteht.

Würde man hier einen Herausgabeanspruch als verwirkt ansehen, käme es praktisch zur Anerkennung eines Sondernutzungsrechts durch längeren tatsächlichen Gebrauch entgegen einer Vereinbarung in der Teilungserklärung; ein solches Ergebnis steht in Widerspruch zur Entscheidung des BGH vom 20.9.2000.

3. Erwirbt nach Umwandlung ein bisheriger Mieter Wohnungseigentum an seiner Wohnung, führt dies zur Auflösung des früheren Mietverhältnisses (Erlöschen durch Konfusion); die von ihm erworbene Wohnung steht nunmehr unter den Vereinbarungsregelungen der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung, sodass er auch aus dem Mietverhältnis nicht länger die Befugnis zur hier früher bestehenden Kellernutzung ableiten kann. Mit Eigentumserwerb rückt er selbst in die Vermieterstellung ein; niemand kann jedoch zugleich Vermieter und Mieter sein (vgl. hierzu auch BGH, NJW 1999, 2177 = ZMR 1999, 546 zur Problematik des § 571 BGB a.F., jetzt § 566 BGB). Nach dieser Entscheidung wurde der Erwerber einer vermieteten Wohnung als der alleinige Vermieter angesehen, wenn die Wohnung nach Überlassung an den Mieter in Wohnungseigentum umgewandelt worden ist und zusammen mit der Wohnung ein Kellerraum vermietet war, der nach Teilungserklärung im Gemeinschaftseigentum aller Wohnungseigentümer steht.

4. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Gerichtskostenquotelung und Geschäftswert III. Instanz von 5.000 DM.

 

Link zur Entscheidung

( KG Berlin, Beschluss vom 26.11.2001, 24 W 6774/00)

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