Rz. 182

Zivilrechtlich können die Gesellschafter einer Personengesellschaft über die Aufteilung des Gesellschaftsgewinns noch anlässlich der Bilanzfeststellung befinden.[1] Sie können dabei auch vom bisherigen Gewinnverteilungsschlüssel abweichen. Hierin liegt eine Änderung des Gesellschaftsvertrages und der Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter, für die das Gewinnbezugsrecht besondere Bedeutung hat. Eine solche Vertragsänderung kann wie andere rechtserhebliche Vorgänge grundsätzlich nur für die Zukunft wirken. Die Gesellschafter sind jedoch nicht gehindert, einander so zu stellen, als hätten sie die Änderung bereits zu einem früheren Zeitpunkt vereinbart. Danach bemessen sich als dann die auf der Vereinbarung beruhenden und mit dieser entstandenen Rechte und Pflichten der Beteiligten. Nur in diesem Sinne kann die Änderung eines Gesellschaftsvertrages rückwirkende Kraft entfalten. Eine solche obligatorische Rückwirkung kann bei der Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses gewollt sein; sie kann auch bei der Änderung des Gewinnverteilungsschlüssels vereinbart werden.

Steuerrechtlich kann eine solche Vereinbarung jedoch keine Neuverteilung des in der Vergangenheit für die Gesellschaft entstandenen Gewinns bewirken. Da grundsätzlich ein in der Gesellschaft entstandener Gewinn auf die Gesellschafter nach Maßgabe ihrer Gewinnbeteiligung aufzuteilen ist, wirkt eine Änderung in der Gewinnverteilung auch hier nur für die Zukunft. Ihre schuldrechtliche Rückbeziehung auf einen früheren Zeitpunkt erlangt erst mit dem Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung steuerliche Bedeutung. Sie hat nicht zur Folge, dass der Gesellschaftsgewinn bereits für die Vergangenheit nach dieser Vereinbarung aufzuteilen und den Gesellschaftern zuzurechnen ist. Fazit: Die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Personengesellschaft können nach Ablauf des Wirtschaftsjahres nicht rückwirkend durch eine Neuverteilung des Gewinns geändert werden. Ein geänderter Gewinnverteilungsbeschluss, auch wenn er in Widerspruch zu früheren Gewinnverteilungsbeschlüssen stehen sollte, ist jedoch unschädlich, wenn durch den neu gefassten Beschluss nur Mehrgewinne verteilt werden, über deren Verwendung die Gesellschafter zuvor nie beschlossen hatten.[2]

Für die rückwirkende Geltung einer geänderten Gewinnverteilung lässt sich auch nicht anführen, dass der Gesellschaftsgewinn erst mit der Aufstellung der Bilanz festliege und seine Höhe von Werturteilen und Gestaltungsmöglichkeiten abhänge, die erst in diesem Zeitpunkt wirksam würden. Diese Überlegungen betreffen die Ermittlung des Gesellschaftsgewinns, nicht seine Verteilung unter den Gesellschaftern, auf die es im Streitfall ankommt. Zudem ist die Höhe des Gewinns in erster Linie von den Geschäftsvorgängen des abgelaufenen Wirtschaftsjahres abhängig, die nicht rückwirkend herbeigeführt, ungeschehen gemacht oder in ihrem Inhalt verändert werden können. Der Jahresgewinn der Gesellschaft ergibt sich aus der Geschäftsentwicklung des Wirtschaftsjahres. An dieser Entwicklung nehmen die Gesellschafter entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel teil. Auch wenn ein Gesellschafter ausscheidet, bestimmt sich sein Gewinnanteil nach dem Gewinnverteilungsschlüssel und der Dauer seiner Gesellschaftszugehörigkeit.

Stimmt daher die an einer GmbH & Co. KG beteiligte Komplementär-GmbH einer rückwirkenden Neuverteilung des Gewinns zu, die ihre Gewinnbeteiligung zugunsten ihres gleichfalls an der Personengesellschaft als Kommanditisten beteiligten Gesellschafters einschränkt, so kann hierin eine verdeckte Gewinnausschüttung liegen. Da die Beteiligung an der GmbH zum Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten gehört, müssen die daraus erlangten Vorteile in der einheitlichen Gewinnfeststellung der KG berücksichtigt werden. Das kann jedoch erst geschehen, wenn der Gesellschafter den Vorteil erlangt hat. Das bedeutet, dass bei rückwirkender Neuverteilung des Gewinns der Kommanditist erst mit Abschluss der Vereinbarung einen als verdeckte Gewinnausschüttung zu berücksichtigenden Vorteil erlangt.

[1] Die nachfolgenden Ausführungen finden sich in der Begründung zum BFH, Urteil v. 12.6.1980, IV R 40/77, BStBl 1980 II S. 723.

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