Rz. 169

Für eine (steuerliche) Mitunternehmerschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG genügt es nicht nur, dass die Gesellschafter ein Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten können. Die Annahme einer Mitunternehmerschaft, d.  h. eines Gewerbebetriebes, setzt darüber hinaus eine Betätigung voraus, die mit Gewinnabsicht (Gewinnerzielungsabsicht) unternommen wird, ansonsten liegt eine steuerlich unbeachtliche "Liebhaberei" vor.

Nach der Rechtsprechung des BFH[1] ist Gewinnerzielungsabsicht das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Form eines Totalgewinns.

Bei einer Personengesellschaft, also auch einer GmbH & Co. KG, muss die Gewinnerzielungsabsicht auf eine Mehrung des Betriebsvermögens der Gesellschaft (einschließlich der Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter) gerichtet sein. Ein Tätigwerden der Gesellschaft lediglich in der Absicht, ihren Gesellschaftern eine Minderung der Steuern vom Einkommen dergestalt zu vermitteln, dass durch Zuweisung von Verlustanteilen andere, an sich tariflich zu versteuernde Einkünfte nicht versteuert werden, reicht nicht aus. Ob eine Absicht zu Gewinnerzielung vorliegt, ist wie jede innere Tatsache anhand äußerer Merkmale zu beurteilen. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden, wenn einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis liefern können, der von der Gesellschaft entkräftet werden kann. Alle Umstände des Einzelfalls sind zu berücksichtigen. Wenn dauernde Verluste auf das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht hindeuten, kann dies allein nicht maßgebend sein. Bei längeren Verlustperioden muss aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich sein, dass die Gesellschafter die Verlust bringende Tätigkeit nur aus im Bereich ihrer Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausüben.

Bei jedem neu gegründeten Unternehmen spricht grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass es in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird. Dieser Anscheinsbeweis ist entkräftet, wenn die ernsthafte Möglichkeit dargelegt wird, dass im konkreten Einzelfall nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Gründe für die Gründung und Fortführung des Unternehmens bestimmend sind. Ein persönlicher Grund in diesem Sinne ist das Streben nach Minderung der Einkommensteuerschuld.

Die persönlichen Gründe sind regelmäßig bei einer GmbH & Co. KG gegeben, deren Initiatoren selbst oder durch Dritte – meist durch Prospekte – interessierte Kapitalanleger mit dem Versprechen von Einkommensteuerminderung durch Verlustzuweisungen werben. In diesem Zusammenhang wird den Interessenten meist eine Ergebnisvorschau vorgelegt, nach der die Kapitaleinlage ganz oder teilweise durch Steuerersparnisse finanziert werden kann. Dadurch wird erkennbar, dass das Streben nach Totalgewinn von persönlichen Gründen, nämlich nach der Erzielung von Einkommensteuerersparnissen, verdrängt wird. Bei Verlustzuweisungsgesellschaften ist also zu vermuten,[2] dass sie zunächst keine Gewinnerzielungsabsicht haben, sondern lediglich die Möglichkeit einer späteren Gewinnerzielung in Kauf nehmen. Deshalb kann bei ihnen in der Regel eine Gewinnerzielungsabsicht erst von dem Zeitpunkt an angenommen werden, wenn sich die in Kauf genommene Möglichkeit der Erzielung eines Totalgewinns in einer solchen Weise konkretisiert hat, dass nach dem Urteil eines ordentlichen Kaufmanns mit großer Wahrscheinlichkeit ein solcher Totalgewinn erzielt werden kann.

Selbstverständlich kann diese Vermutung dadurch widerlegt werden, dass überzeugend dargelegt wird, es habe bereits bei der Gründung der Verlustzuweisungsgesellschaft nach dem Urteil eines ordentlichen Kaufmanns die große Wahrscheinlichkeit der Erzielung eines Totalgewinns bestanden.

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