Rz. 96

In erster Linie wird hier die steuerrechtliche Behandlung gemeinnütziger Stiftungen dargestellt. Nichtsdestotrotz soll auch ein kurzer Überblick über die Besteuerung privatnütziger Stiftungen,[107] insbesondere der Familienstiftungen, gegeben werden. Die Familienstiftung ist die wichtigste Erscheinungsform der nicht gemeinnützigen Stiftung.

 

Rz. 97

Die Familienstiftung ist keine besondere Rechtsform der Stiftung, sondern eine Anwendungsform. Allerdings gibt es eine Vielzahl von Rechtsvorschriften (im Zivil- und Steuerrecht), die sich besonders mit Einzelaspekten der Stiftung zum Wohle einer Familie befasst. Die Familienstiftungen führen – anders als im anglo-amerikanischen Ausland – in Deutschland eher ein Schattendasein. Es ist davon auszugehen, dass weniger als 5 % der rechtsfähigen Stiftungen Familienstiftungen sind.[108] Hierzu zählen einige namhafte Stiftungen wie diejenigen der Familien Würth, Deichmann, Eckes, Fielmann, Schwartz oder Schickedanz.[109] Die Familienstiftung ist Stiftung für eine Familie. Ob sie auch "von" einer Familie errichtet oder kontrolliert oder besonders beeinflusst wird, ist für den Begriff der Familienstiftung nicht entscheidend.

 

Rz. 98

Die Beaufsichtigung von Familienstiftungen durch die Stiftungsbehörden stellt sich in den verschiedenen Bundesländern, in deren Zuständigkeit die verwaltungsmäßige Anwendung des Stiftungsprivatrechts nach wie vor fällt, trotz der bundeseinheitlichen Regelungen weiterhin äußerst unterschiedlich dar.[110]

 

Rz. 99

Überkommene Vorbehalte gegenüber der Bindung von Familienvermögen hatten auch zu einer teils nachteiligen, teils konfiskatorischen steuerlichen Behandlung der Familienstiftung (bei Auslandssachverhalten unter Einbeziehung von Trust-Strukturen) geführt. Heute stellt sich die Besteuerung von inländischen Familienstiftungen durch die weitgehenden Verschonungsmöglichkeiten des Erbschaftsteuergesetzes als günstiger dar als in den letzten Jahrzehnten. Die Familienstiftungen unterliegen in ihrer laufenden Besteuerung dem vollen Körperschaftsteuersatz von 15 %.[111] Unentgeltliche Übertragungen von Vermögen auf Familienstiftungen sind voll schenkungs- und erbschaftsteuerpflichtig.[112] Gravierend kann sich die sogenannte "Erbersatzsteuer" auswirken, die alle 30 Jahre einen Übergang des Stiftungsvermögens auf die nächste Generation fingiert und das gesamte Vermögen der Familienstiftung auf dieser Grundlage der Erbschaftsteuer unterwirft (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG).[113] Für "alte", bereits vor 1954 existierende Familienstiftungen steht am 1.1.2014 der zweite Erbersatzsteuertermin an (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG).

 

Rz. 100

Steuerrechtlich ergeben sich Besonderheiten daraus, dass wegen des Familienbezugs ein "Durchgriff" durch die ansonsten steuerlich verselbstständigte Stiftung auf die begünstigten Familienmitglieder erfolgt. Bei Errichtung und Aufhebung der Stiftung führt dies zu einer Steuererleichterung, da die Steuerklassen nach Maßgabe des Verwandtschaftsverhältnisses bestimmt werden. Bei der laufenden Besteuerung wirkt sich der Durchgriff auf die Familie dagegen in Form der Erbersatzsteuer nachteilig aus. Bei ausländischen Familienstiftungen erfolgt zum Zwecke der Einkommensbesteuerung eine Zurechnung der Einkünfte an den Begünstigten (vgl. § 15 AStG).[114] Der deutschen Erbersatzsteuer unterliegen ausländische Familienstiftungen hingegen nicht einmal mit ihrem Inlandsvermögen.[115]

Gleichwohl kann die rechtsfähige Familienstiftung ein interessantes Instrument der Nachfolgeplanung sein. So können die Familienmitglieder die Stiftung anders als z. B. bei der Familiengesellschaft nicht kündigen, keine Anteile auf Dritte übertragen und keine Stimm-, Kontroll- oder auch nur Informationsrechte nach gesellschaftsrechtlichen Vorschriften ausüben. Fehlt es allerdings an der Kontrolle durch die Begünstigten, müssen andere Wege zur Kontrolle der Stiftungstreuhänder gefunden werden.[116]

Darüber hinaus bewirkt die Stiftung einen absoluten Schutz gegen das Auseinanderfallen des Vermögens, z. B. im Erbwege. Da es bei einem Generationswechsel unter den Begünstigten keinen Erbfall für das Stiftungsvermögen bzw. die rechnerische Beteiligung an diesem gibt, gehen auch erbrechtliche Ansprüche ins Leere. Insbesondere gibt es keine Ansprüche, die zur Liquidation und Zersplitterung von Vermögen führen können. Eventuelle Pflichtteilsansprüche bemessen sich nicht nach dem Vermögen der Familienstiftung, sondern lediglich nach dem Nachlass eines Erblassers außerhalb der Stiftung, ggf. aber unter der Zurechnung von Werten, die in den letzten zehn Jahren vor dem Tod auf Stiftungen übertragen wurden (Pflichtteilsergänzungsansprüche, § 2325 BGB).[117]

 

Rz. 101

Während die Familienstiftung in der Praxis weniger steuerlich, als vielmehr zivilrechtlich oder wirtschaftlich motiviert war,[118] hat das zum 1.1.2009 in Kraft getretene Erbschaftsteuerreformgesetz die Familienstiftung als Nachfolgeinstrument auch steuerlich wieder interessant gemacht. Durch Gestaltungsmöglich...

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