Rz. 199

Der Schuldner der Ausgleichsforderung hat gemäß § 1382 BGB die Möglichkeit, die Stundung der Ausgleichsforderung zu erreichen, indem er die Einrede der Stundung erhebt. Materiellrechtlich wirkt sich die Stundung nicht aus, sodass Höhe und Bestand der Ausgleichsforderung durch die Stundung unberührt bleiben.

 

Rz. 200

Das Familiengericht kann den geschuldeten Zugewinnausgleichsbetrag auf Antrag stunden, wenn die sofortige Zahlung auch unter Berücksichtigung der Interessen des Gläubigers zur Unzeit erfolgen würde (§ 1382 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ausdrücklich erwähnt ist im Gesetz (§ 1382 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass eine Zahlung dann zur Unzeit erfolgt, wenn sie die Wohnverhältnisse oder sonstigen Lebensverhältnisse gemeinschaftlicher Kinder nachhaltig verschlechtert. Gemeint sind dabei nicht nur minderjährige, sondern auch volljährige Kinder.[1]

 

Rz. 201

Bei der Frage, ob eine sofortige Zahlung "zur Unzeit" erfolgen würde, ist eine umfassende Interessensabwägung der Beteiligten durchzuführen; also der Belange des Schuldners, des Gläubigers und ggf. der Kinder gegeneinander abzuwägen.

Belange des Schuldners können dann zu einer Stundung führen, wenn dieser Vermögenswerte wegen des Zeitdrucks oder wegen schlechter Marktlage weit unter Preis veräußern müsste, um die Forderung begleichen zu können. Dabei muss die begründete Erwartung bestehen, dass der Zahlungsaufschub zu einer Verbesserung der Lage führen würde. Eine Zahlung "zur Unzeit" kann nicht bereits dann angenommen werden, wenn der Schuldner die Forderung nicht aus liquiden Mitteln – wie vorhandenem Barvermögen oder dem regelmäßigen Einkommen – begleichen kann, sondern gezwungen ist, Vermögenssubstanz zu verwerten oder zu belasten.

Umgekehrt können Belange des Gläubigers einer Stundung entgegenstehen, etwa wenn dieser sofort auf das Geld angewiesen ist, weil er mit Blick auf die Zugewinnausgleichszahlung auf nachehelichen Unterhalt verzichtet hat.

 

Rz. 202

Eine gestundete Forderung hat der Schuldner gemäß § 1382 Abs. 2 BGB zu verzinsen, wobei über die Höhe und Fälligkeit der Zinsen das Familiengericht nach billigem Ermessen entscheidet. Es besteht weder eine Bindung des Gerichts an Zinsvorschriften wie § 246 BGB oder § 288 Abs. 1 BGB noch an die Vorgaben zur Sicherheitsleistung in § 232 BGB. In Zeiten von Wirtschaftskrisen und besonders niedrigen Zinsen sollte nach diesseitiger Auffassung eine nach der Marktlage realistische Verzinsung durch das Familiengericht gewählt werden.

 

Rz. 203

Der Gläubiger seinerseits kann gemäß § 1382 Abs. 3 BGB beantragen, dass das Gericht eine Sicherheitsleistung für die gestundete Ausgleichsforderung anordnet. Dann ist die Sicherheitsleistung Wirksamkeitsvoraussetzung für die Stundung.[2]

 

Rz. 204

Zu unterscheiden ist verfahrensrechtlich, ob die Stundungseinrede im Rahmen einer streitigen oder einer unstreitigen Ausgleichsforderung erhoben wird.

Bei unstreitigen Ausgleichsforderungen kann der Schuldner die Stundung in einem selbständigen Verfahren geltend machen. Ist die Forderung hingegen streitig und Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens, kann der Stundungsantrag ausschließlich in diesem Verfahren gestellt werden, was sich aus § 1382 Abs. 5 BGB ergibt.

Nach Abschluss eines streitigen Verfahrens über die Ausgleichsforderung könnte ein Stundungsantrag gemäß § 1382 Abs. 1 BGB nur noch dann gestellt werden, falls sich die Verhältnisse seit der letzten mündlichen Verhandlung wesentlich verändert haben.[3]

Es bietet sich dann an, den Stundungsantrag als Hilfsantrag zu stellen.

 

Empfehlung:

Der Hilfsantrag könnte lauten:

Hilfsweise wird gemäß § 1382 Abs. 5 BGB beantragt,

die Zugewinnausgleichsforderung bis zum…zu stunden.

Begründung:

(...)

 

Rz. 205

Der Antrag auf Stundung einer Zugewinnausgleichsforderung ist nicht nach dem Wert der Forderung, sondern nur nach dem Interesse des Antragstellers zu bemessen, die Kosten der Finanzierung der Forderung zu ersparen.[4]

 

Rz. 206

Nach § 1382 Abs. 6 BGB besteht die Möglichkeit, eine rechtskräftige Entscheidung über die Stundung durch das Familiengericht auf Antrag aufheben oder abändern zu lassen, wenn sich die Verhältnisse nachträglich wesentlich geändert haben. Dieser Abänderungsantrag kann sich nur auf die Stundung und nicht auf die Ausgleichsforderung beziehen. Er ist nur begründet, wenn die Umstände, auf welche die Abänderung der Entscheidung gestützt wird, bei der Ursprungsentscheidung noch nicht berücksichtigt werden konnten.

[1] Siede, in Grüneberg, BGB, 83. Aufl., § 1382 Rn. 3.
[2] Koch, in Münchener Kommentar, § 1382 Rn. 23.
[4] OLG Köln, Beschluss v. 11.6.2003, 27 UF 44/02.

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