Zusammenfassung

 
Überblick

Das Coronavirus stellt derzeit viele Arbeitgeber vor Herausforderungen. Für diejenigen Arbeitnehmer in Betrieben, die nicht direkt von Corona-Infektionen betroffen sind, müssen Schutzmaßnahmen ergriffen werden, um weitere Ansteckungen zu verhindern und eine Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Hier bietet sich – soweit arbeitsorganisatorisch möglich – der verstärkte Einsatz der Arbeitnehmer in Arbeitsformen in der häuslichen Umgebung an.

In Betracht kommen dabei verschiedene Ausgestaltungen: die mobile Arbeit, Homeoffice oder Heimarbeit. Häufig wird die Arbeit zu Hause am Computer durchgeführt, sodass auch die Vorgaben für Bildschirmarbeitsplätze zu beachten sind.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Für das Homeoffice im Angestelltenverhältnis gelten das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und die dazu erlassenen Arbeitsschutzverordnungen. Regelungen zum Homeoffice finden sich zum Teil in Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen. Zum Anspruch auf Einrichtung eines Homeoffice siehe BAG, Urteil v. 2.3.2006, 2 AZR 64/05; zu Heimarbeit und Homeoffice siehe BAG, Urteil v. 14.6.2016, 9 AZR 305/15; zum Aufwendungsersatzanspruch und zur Kostentragung siehe BAG, Urteil v. 14.10.2003, 9 AZR 657/02; BAG, Urteil v. 12.4.2011, 9 AZR 14/10; BAG, Urteil v. 12.3.2013, 9 AZR 455/11. § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG gewährt dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht.

1 Rechtsgrundlagen

1.1 Beginn von Homeoffice/mobiler Arbeit

Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf mobiles Arbeiten oder auf Homeoffice und umgekehrt keine Pflicht zur Arbeit von zu Hause aus. Mitarbeiter können also grundsätzlich nur im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber von zu Hause aus arbeiten.

Rechtsgrundlagen für mobiles Arbeiten sind daher generell

  • eine Regelung im Individualarbeitsvertrag,
  • eine gesonderte einvernehmliche Regelung mit dem betroffenen Arbeitnehmer,
  • eine mit dem Betriebsrat getroffene Betriebsvereinbarung
  • oder eine in einem Tarifvertrag enthaltene Regelung.
 
Hinweis

Homeoffice und Änderungskündigung

Der Arbeitnehmer kann sich im Rahmen einer Änderungskündigung nicht darauf berufen, das Angebot eines Homeoffice-Arbeitsplatzes sei eine mildere Maßnahme als die Änderungskündigung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es Teil der unternehmerischen Entscheidung ist, bestimmte Arbeitsplätze in der Zentrale des Arbeitgebers zu konzentrieren und für diese Arbeitsplätze keinen Homeoffice-Arbeitsplatz anzubieten.[1] Die unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers hatte sich im entschiedenen Fall im Interessenausgleich manifestiert. Der Arbeitgeber hatte die Entscheidung getroffen, nur bestimmte Mitarbeiter von Teleoffice-Arbeitsplätzen aus arbeiten zu lassen und alle anderen Mitarbeiter mit Tätigkeiten vor Ort in der Zentrale zu beschäftigen. Dies billigte das Gericht und führte aus, ein Arbeitsplatz im Homeoffice sei unter Berücksichtigung der unternehmerischen Entscheidung kein milderes Mittel. Der Arbeitnehmer konnte daher keine Beschäftigung im Homeoffice verlangen.

Soweit keine vertragliche Vereinbarung besteht, stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber durch die Ausübung seines Weisungsrechts den Arbeitnehmer durch einseitige Weisung zur mobilen Arbeit bzw. zum Homeoffice verpflichten kann. Zwar kann der Arbeitgeber aufgrund seines einseitigen Weisungsrechts Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen. Dieses führt jedoch nicht soweit, den Mitarbeiter zum Homeoffice gegen seinen Willen zu zwingen.[2]

 
Hinweis

Corona-Besonderheiten

Wegen des besonderen grundrechtlichen Schutzes der Wohnung und damit der Privatsphäre des Mitarbeiters ist die einseitige Anordnung des Arbeitgebers zur Durchführung von Homeoffice-Arbeiten auch in Zeiten der grassierenden Corona-Krankheitswelle grundsätzlich nicht möglich. Sofern es noch keine (Rahmen-)Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt, liegt es im beiderseitigen Interesse, die praktischen Möglichkeiten der Arbeit von zu Hause aus zu überprüfen und entsprechende Vereinbarungen zu treffen.

Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf die Erbringung der Arbeitsleistung im Homeoffice bzw. auf mobile Arbeit kann auch vor dem Hintergrund der Corona-Krise nur in einzelnen und besonders begründeten Ausnahmefällen überlegt werden. Z. B. könnte die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bei der Ausübung des Direktionsrechts nach § 106 GewO bei schweren Vorerkrankungen des Arbeitnehmers und dem Hinzukommen weiterer Risikofaktoren (Betrieb liegt im Risikogebiet, besonders gefährdete Arbeit wegen unvermeidbarem direktem Kontakt mit anderen Menschen etc.) derart überwiegen, dass einzig die Entscheidung für das Homeoffice bzw. die mobile Arbeit für einen befristeten Zeitraum billigem Ermessen entspricht. Diese Auffassung würde gestützt durch die Verpflichtung des Arbeitgebers, eine Gefährdung der Arbeitnehmer durch geeignete Maßnahmen abzuwenden.[3] Umgekehrt könnten dieselben Argumente für ein Recht des Arbeitgebers auf einseitige Anordnung von befristeter Tätigkeit im ...

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