Zusammenfassung

 
Überblick

Der folgende Beitrag zeigt die rechtlichen Möglichkeiten zu Einführung sowie zur Abschaffung (also zum Erhalt der Flexibilität) von Home- und Mobile-Offices auf.

1 Kein Anspruch des Arbeitnehmers

Ein gesetzlicher Anspruch auf Arbeit im Home- oder Mobile-Office besteht nach geltendem Recht nicht. Nach § 106 Satz 1 GewO steht es dem Arbeitgeber zu, den Ort der Arbeitsleistung zu bestimmen. Dabei handelt es sich um ein Gestaltungsrecht des Arbeitgebers, nicht jedoch um eine gesetzliche Pflicht, dem Arbeitnehmer ein Home- oder Mobile-Office zuzuweisen.[1]

Ein gesetzlicher Homeffice Anspruch ist in der Ende 2021 endenden Legislaturperiode auch nicht mehr zu erwarten. Stattdessen hat der Gesetzgeber im Zuge des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes im Juni 2021 einen neuen Mitbestimmungstatbestand in § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG hinsichtlich der Ausgestaltung mobiler Arbeit geschaffen. Demzufolge hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei dem "Wie" der mobilen Arbeit – aber nicht hinsichtlich des "Ob". Entgegen des ursprünglichen Vorstoßes des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zu einem Mobile-Arbeit-Gesetz erhält der Betriebsrat also kein Initiativrecht zur Einführung mobiler Arbeit.

[1] Vgl. z. B. für den Fall des Homeoffice, LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 18.12.2014, 5 Sa 378/14 oder LAG Köln, Urteil v. 6.7.2015, 5 SaGa 6/15.

2 Keine einseitige Anordnung durch den Arbeitgeber

Umgekehrt stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer einseitig anweisen kann, die Arbeit im Home- oder Mobile-Office zu erbringen.

Für das Homeoffice hat dies die Rechtsprechung bereits verneint, da dem der nach dem Grundgesetz garantierte Schutz der Privatwohnung[1] entgegenstehe.[2]

Beim mobilen Arbeiten wird hingegen zu differenzieren sein: Während die Ausübung des Direktionsrechts für gelegentliche mobile Arbeit – insbesondere im Rahmen einer Dienstreise – möglich ist, dürften Anweisungen zu regelmäßigem oder dauerhaftem mobilen Arbeiten (also quasi der Verweis aus dem Betrieb) unzulässig sein.

3 Rechtsgrundlagen für die Einführung von Home- und Mobile-Offices

Mithin ist der Arbeitgeber frei, ob er seinen Arbeitnehmern die Möglichkeit zur Arbeit aus dem Home- oder Mobile-Office anbieten möchte. Nach den Erfahrungen in der Corona-Pandemie steht es jedoch zu erwarten, dass Home- und Mobile-Offices auch nach Ende der Pandemie verbreitet bleiben werden (zumindest in Form von 2- oder 3-Tage-Regelungen).

3.1 Mögliche Rechtsgrundlagen

Weiter besteht die Frage, auf welche rechtliche Weise die Möglichkeit zu Home- und Mobile-Offices eingeräumt wird. Insoweit sind Regelungen auf einzelvertraglicher und kollektivrechtlicher Basis möglich, u. a.:

  1. Regelung im Arbeitsvertrag
  2. Nebenabrede zum Arbeitsvertrag
  3. Firmenrichtlinie/Policy
  4. Betriebsvereinbarung
  5. Gesamtzusage

3.2 Inhalt der Regelung zur Einführung von Home- und Mobile-Offices

Wichtig ist dabei jeweils, dass klare Regelungen zum Anspruch an sich und zu den einzelnen Modalitäten geschaffen werden, u. a. zu den Fragen:

  1. Wer ist berechtigt (alle Arbeitnehmer, Arbeitnehmer bestimmter Abteilungen, Mindestbeschäftigungszeit)?
  2. In welchem Umfang besteht die Berechtigung (nur tageweise oder gesamte Zeit)?
  3. Unter welchen Voraussetzungen können die Berechtigungen ganz oder teilweise widerrufen werden?
 
Achtung

Klare Regelungen treffen und dokumentieren!

Fahrlässig wäre es jedenfalls, die Regelungen nur kraft der "Macht des Faktischen", d. h. ohne Dokumentation, einzuführen. Denn hierdurch besteht die Gefahr, dass im Einzelfall stillschweigende/konkludente Vertragsabsprachen getroffen werden und/oder die Arbeitnehmer Ansprüche aus einer betrieblichen Übung oder dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsrundsatz erhalten. Dies könnte die Flexibilität aus Arbeitgebersicht deutlich einengen und es praktisch sehr schwierig machen, Ansprüche später wieder einzuschränken bzw. ganz zu beseitigen.

3.3 Vorteile einer Betriebsvereinbarung

Eine Betriebsvereinbarung hat 2 entscheidende rechtliche Vorteile: Zum einen können später Änderungen vorgenommen werden (auch zulasten der Arbeitnehmer), ohne dass es der Zustimmung der Arbeitnehmer bedarf. Denn Betriebsvereinbarungen wirken unmittelbar und zwingend.[1] Zum anderen unterliegen Betriebsvereinbarungen – im Gegensatz zu einer individualvertraglichen Vereinbarung bzw. etwaiger Policies oder Gesamtzusagen – keiner AGB-Kontrolle i. S. d. §§ 305 ff. BGB.[2] Dies sind auch Gründe dafür, weshalb in der Praxis immer häufiger Betriebsvereinbarungen zum Thema Home- und Mobile-Offices vorgefunden werden können – sehr häufig auch eingebettet in eine "Betriebsvereinbarung Flexible Work". Einer Normierung des Mitbestimmungstatbestandes zur Ausgestaltung der mobilen Arbeit[3] hätte es daher eigentlich nicht bedurft.

4 Erhalt der rechtlichen Flexibilität: Abschaffung von Home- und Mobile-Offices

Unterstellt, Home- und Mobile-Offices sollen angeboten werden, stellt sich die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass der Arbeitgeber sich seine Flexibilität erhält und das Recht auf Home- und Mobile-Office auch einseitig wieder abschaffen, v.a. die Berechtigung widerrufen, kann.

Grundsätzlich ist der Widerruf möglich.

Aber: Der Arbeitgeber muss sic...

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