[11] … II. 1. Ein Anspruch der Kl. auf Rückzahlung eines Teils des Honorars aus abgetretenem Recht des Geschädigten kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht abgelehnt werden.

[12] a) Das Berufungsgericht ist allerdings ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass kein Rückzahlungsanspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB besteht, da der zwischen dem Geschädigten und dem Bekl. geschlossene Werkvertrag nicht nichtig und die Zahlung von der getroffenen Honorarvereinbarung gedeckt ist.

[13] aa) Der Vertrag ist nicht wegen Wuchers gem. § 138 Abs. 2 BGB nichtig. Die Vorschrift setzt neben einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung (objektives Tatbestandsmerkmal) die Ausnutzung einer – auf einer Zwangslage, der Unerfahrenheit, dem Mangel im Urteilsvermögen oder einer erheblichen Willensschwäche beruhenden – besonderen Schwächesituation beim Bewucherten durch den Wucherer voraus (subjektives Tatbestandsmerkmal). Eine Ausbeutungsabsicht des Wucherers ist hierfür nicht erforderlich, wohl aber ist es notwendig, dess dieser Kenntnis von dem auffälligen Missverhältnis und der Ausbeutungssituation hat und sich diese Situation vorsätzlich zunutze macht (vgl. BGH vom 25.2.2011 – VZR 208/09 – NJW-RR 2011, 880 Tz 9 f. m.w.N.) Diese Voraussetzungen sind bereits deshalb nicht erfüllt, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Bekl. bei Abschluss des Vertrags das Vorliegen einer besonderen Schwächesituation des Geschädigten aufgrund einer der in § 138 Abs. 2 BGB genannten Umstände vorsätzlich ausgenutzt hat. Dies wird von der Revision auch nicht geltend gemacht.

[14] bb) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch eine Nichtigkeit des Vertrags wegen Sittenwidrigkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB verneint.

[15] (1) Ein gegenseitiger Vertrag ist als wucherähnliches Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht und außerdem mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und der objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt. Dies ist insb. der Fall; wenn eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten hervorgetreten ist. Ist das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob, kann dies den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zulassen (vgl. BGH vom 10.11.2016 – IX ZR 119/14 – ZIP 2016, 2479 Tz 18; vom 15.1.2016 – V ZR 278/14 – VersR 2016, 739 = BauR 2016, 1040 Tz 6; vom 7.9.2018 – VII ZR 68/10 – BGHZ 196, 299 Tz 21; jeweils m.w.N.). Das Berufungsgericht hat zugunsten der Kl. deren auf dem erstinstanzlich eingeholten Gerichtsgutachten beruhenden Vortrag unterstellt, dass das vereinbarte Honorar des Bekl. in Höhe von 1.044,11 EUR das ortsübliche Honorar für eine vergleichbare Leistung um ca. 400 EUR und damit um ca. 60 % übersteigt. Auf dieser Tatsachengrundlage, die auch der Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, ist die Verneinung eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts nicht zu beanstanden. Dabei kann offenbleiben, ob ein besonders grobes Missverhältnis bei Verträgen über die Begutachtung von Kfz-Schäden regelmäßig erst dann vorliegt, wenn der Wert der Leistung und der Wert der Gegenleistung um mindestens 90 % voneinander abweichen (so für Grundstückskaufverträge BGH vom 15.1.2016 – V ZR 278/14 – a.a.O.). Dann bei einem Honorar, das ca. 60 % über dem ortsüblichen Honorar für eine vergleichbare Leistung liegt, kann ein besonders grobes Missverhältnis, das einen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bekl. zuließe, jedenfalls noch nicht angenommen werden.

[16] (2) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich die Nichtigkeit des Vertrags gem. § 138 Abs. 1 BGB auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines sittenwidrigen Verhaltens zulasten der nicht am Vertragsschluss beteiligten Kl. Die Sittenwidrigkeit kann nicht damit begründet werden, dass der Bekl. unter Ausnutzung der Rechtsprechung des BGH zur subjektbezogenen Schadensbetrachtung im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB (vgl. hierzu zuletzt BGH vom 28.2.2017 – VI ZR 76/16 – VersR 2017, 636 Tz 12; vom 19.7.2016 – VI ZR 491/15 – VersR 2016, 1387 = NJW 2016, 3363 Tz 16 m.w.N.) mit dem Geschädigten ein das ortsübliche Honorar deutlich übersteigendes Honorar zulasten der letztlich erstattungspflichtigen Kl. als Haftpflichtversicherer des Schädigers vereinbart hat. Das folgt bereits daraus, dass die Vorschrift des § 138. Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Interessen der Allgemeinheit oder Dritter grundsätzlich nur anwendbar ist, wenn beide Vertragsparteien sittenwidrig handeln (BGH vom 10.1.2007 – XII ZR 72/04 – VersR 2007, 1427 = NJW 2007, 1447 Tz 13; vom 27.1.1966 – VII ZR 16/64 – WM 1966, 495, 496 unter l 1 m.w.N.), also die Tatsachen kennen oder sich zumindest ihrer Kenntnis grob fahrlässig verschließen, die die Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts begründen. Dafür bestehen nach den Feststellung...

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