Entscheidungsstichwort (Thema)

Kriegsopferversorgung. Auslandsversorgung. wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse. Änderung der Richtlinien Ost Nr 5. Rechtswidrigkeit

 

Orientierungssatz

1. Zur Rechtswidrigkeit der Richtlinien Ost mit der Neuregelung des Nr 5 S 2 (abgedruckt im Rundschreiben des BMA vom 29.11.2000 - Vla 3-53340-4/8), die mit Wirkung vom 1.11.2000 in Kraft getreten sind.

2. Bei der Richtlinie Ost handelt es sich um eine interne Verwaltungsvorschrift ohne Normqualität iS des § 48 SGB 10 (vgl BSG vom 27.11.1991 - 9a RV 13/90).

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte und die Beigeladene haben je zur Hälfte dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte berechtigt ist, dem Kläger Versorgungsleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen einer Anrechnung seiner in seinem Heimatland gewährten Zivilopferrente nicht mehr zu gewähren.

Der ... 1933 geborene Kläger hat als kroatischer Staatsangehöriger seinen Wohnsitz in der Republik Kroatien. Der Beklagte erkannte mit Bescheid vom 19. Juni 1991 beim Kläger Schädigungsfolgen an und bewilligte dem Kläger bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 70 v.H. Beschädigtenversorgung ab 1. Oktober 1989.

Mit Bescheid vom 11. Januar 1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 1993 nahm der Beklagte den Bewilligungsbescheid zurück und führte zur Begründung aus, dass die Bewilligung gemäß § 7 Abs. 2 BVG rechtswidrig sei. Da der Kläger bereits wegen derselben Ursache einen Invalidenrentenanspruch gegen sein Heimatland habe, habe er keinen Anspruch auf Kriegsopferversorgung. Eine Doppelversorgung scheide aus. Anders lautende zwischenstaatliche Vereinbarungen bestünden nicht. Es stehe fest, dass der Kläger schon zum Zeitpunkt der Antragstellung im Oktober 1989 Kriegsopferversorgungsleistungen in seinem Heimatland bezogen habe, dies sei auch durch entsprechende Zahlungsanweisungen belegt. Die Versorgungsleistungen würden in der heutigen Republik Kroatien weitergewährt.

Mit Urteil vom 27. Januar 1995 hob das Sozialgericht Frankfurt am Main (S 11 V 3063/93) den Bescheid vom 11. Januar 1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 1993 auf und führte zur Begründung an, dass der Beklagte von seiner Pflicht zur Ausübung sachgemäßen Ermessens keinen Gebrauch gemacht habe. Die dagegen eingelegte Berufung wies das Hessische Landessozialgericht (HLSG) mit Urteil vom 21. November 1996 (L 5 V 331/95) zurück. Auf die Revision des Beklagten hob das Bundessozialgericht (BSG) das Urteil des HLSG auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das HLSG zurück (L 5 V 1060/98 ZVW). Der Kläger trug vor, dass er unter Berücksichtigung der deutschen Versorgungsrente wirtschaftlich in der Lage sei, einen angemessenen Wohnraum für sich und seine Frau zu schaffen. Die Beschädigtenversorgung werde für die Beschaffung eines Rollstuhls, für Rehabilitationsmaßnahmen und zur Ausbildung des 15-jährigen Sohnes benötigt. Die Ehefrau sei arbeitslos. Die Familieneinkünfte lägen unterhalb des Existenzminimums. Nach weiterer Sachverhaltsaufklärung nahm die Beklagte am 16. Februar 2000 die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. Januar 1995 zurück und zahlte dem Kläger wiederum Beschädigtenversorgung gemäß Bescheid vom 6. April 2000 in Höhe des zuletzt anerkannten Zahlbetrages von monatlich 299,00 DM.

Mit Bescheid vom 5. Februar 2001 teilte der Beklagte dem Kläger mit, aufgrund einer gesetzlichen Änderung zum 1. November 2000 sei die von seinem Heimatland bezogene Zivilopferrente in Höhe von 3.165,84 Kuno auf die deutsche Beschädigtenversorgung anzurechnen. Der Bescheid vom 6. April 2000 werde daher mit Wirkung vom 1. Januar 2001 insoweit geändert. Bei anzurechnenden Leistungen von umgerechnet 823,00 DM stehe dem Kläger keine Beschädigtenversorgung nach dem BVG mehr zu. Es sei eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2001 zurück und führte aus, aufgrund der Änderungen der Nummer 5 der Regelung für die Versorgung von Kriegsopfern in Ost- und Südosteuropa (Richtlinie Ost 1990) seien ab 1. November 2000 bei Zivilkriegsopfern, die abweichend von § 7 Abs. 2 BVG und in Anwendung des § 48 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) Leistungen nach dem BVG bezögen, Leistungen des Heimatstaates aus derselben Ursache anzurechnen.

Am 7. Mai 2001 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Der Kläger hat vorgetragen, dass die Änderung der "Richtlinien Ost" keine Änderung der rechtlichen Verhältnisse darstelle, da es sich um reines "Verwaltungsinnenrecht" handele. Durch solche Regelungen könne kein "neues Recht" geschaffen werden. Aus § 48 Abs. 2 SGB X ergebe sich, da...

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