Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Kündigungsbefugnis eines Personalabteilungsleiters

 

Leitsatz (amtlich)

Es geht um die Frage, inwieweit sich ein Arbeitgeber auf die Vorschrift des § 174 S. 2 BGB berufen kann, wenn dem die mangelnde Vollmachtsvorlage unverzüglich rügenden Arbeitnehmer interne Kündigungsbeschränkungen des Unterzeichners des Kündigungsschreibens (= Personalabteilungsleiter) definitiv bekannt sind.

 

Normenkette

BGB § 174 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Teilurteil vom 19.02.1991; Aktenzeichen 12 Ca 99/90)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Frankfurt/Main vom 19. Februar 1991 – Az.: 12 Ca 99/90 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Hinsichtlich der im ersten Rechtszug vorgebrachten tatsächlichen Behauptungen der Parteien sowie hinsichtlich der vom Arbeitsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 543 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Teilurteils vom 19. Febr. 1991 (Bl. 194–199 d.A.) Bezug genommen.

Gegen diese, ihm am 29. Mai 1991 zugestellte Entscheidung des Arbeitsgerichts, auf deren nähere Gründe (Bl. 199–203 d.A.) gleichfalls verwiesen wird, hat der Beklagte mit einem am 26. Juni 1991 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel mit einem weiteren, am 19. Juli 1991 eingegangenen Schriftsatz im einzelnen begründet.

Darin macht der Beklagte – unter weitgehender Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens – insbesondere geltend, die Entscheidung des Arbeitsgerichts sei unrichtig. Zunächst einmal habe der Kläger das Fehlen der Vollmachtsurkunde nicht unverzüglich gerügt, da seine diesbezügliche Zurückweisung erst mit Schreiben vom 08. Okt. 1990 und damit 10 Tage nach Zugang der außerordentlichen Kündigung vom 28. Sept. 1990 erfolgt sei. Der Begriff der „Unverzüglichkeit” müsse nämlich im Hinblick auf die Vorschrift des § 626 Abs. 2 BGB eng ausgelegt werden, für ein Abwarten von 10 Tagen habe zudem kein Grund vorgelegen. Das Arbeitsgericht habe im übrigen die Bedeutung der Vorschrift des § 174 S. 2 BGB verkannt. Der Abteilungsleiter F. sei unstreitig für sämtliche Personalangelegenheiten sowohl in der Zentrale als auch hinsichtlich der Dekanatsstellen zuständig und insofern auch zum Kündigungsausspruch bevollmächtigt. Die vom Arbeitsgericht zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bringe klar zum Ausdruck, daß ein zu kündigender Arbeitnehmer i. S. des § 174 S. 2 BGB „in Kenntnis gesetzt” sei, wenn sein Erklärungsgegner die Stellung eines Personalabteilungsleiters inne-habe; etwas andere komme nur in Betracht, wenn es in Wirklichkeit an der Bevollmächtigung fehle, was indes der Kläger selbst nicht behaupte.

Wie der Beklagte weiter darlegt, konnte auch für den Kläger keinerlei Ungewißheit über die tatsächliche Bevollmächtigung des Abteilungsleiters F. bestehen, nachdem dieser die vorausgegangene ordentliche Kündigung vom 26. März 1990 – ohne anschließende Beanstandung seitens des Klägers – gleichermaßen allein unterzeichnet habe. Letzteres gelte um so mehr, als der Kläger über die – durch seinen Rechtsanwalt eigens veranlaßte – persönliche Einschaltung der Organe des Beklagten, darunter insbesondere des Vorstands – und Hauptausschußvorsitzenden N., unterrichtet gewesen sei.

Unabhängig davon, so meint der Beklagte, habe das Arbeitsgericht die lediglich interne Bedeutung seiner „Geschäftsordnung für die Geschäftsstelle …” verkannt. Nach der jahrelangen ständigen Übung sei Herr F. als Leiter der Personalabteilung bevollmächtigt gewesen, sämtliche Kündigungen auszusprechen; die Regelung des § 5 der Geschäftsordnung habe nur intern eine gewisse Absprache vor Kündigungsausspruch sicherstellen sollen. Wolle man dieser Regelung Außenwirkung beimessen, so hätte der Abteilungsleiter F. in der Vergangenheit keine einzige Kündigung unterzeichnen dürfen, was er aber – aufgrund seiner unbestrittenen Zeichnungsbefugnis nach außen – ständig getan habe. Unter solchen Umständen erachte der Beklagte die Vorgehensweise des Klägers insgesamt als einen rechtsmißbräuchlichen Versuch, der durch sein untragbares Verhalten ausgelösten Kündigung zu entgehen.

Der Beklagte beantragt daher,

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Frankfurt/Main vom 19. Febr. 1991 abzuändern und nach den Schluß antragen des Beklagten und Berufungsklägers erster Instanz zu erkennen.

Der Kläger beantragt demgegenüber,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung als zutreffend und tritt – gleichfalls unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen – allen Einwänden des Beklagten in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht entgegen. Die Behauptung des Beklagten, der Abteilungsleiter F. sei zum Kündigungsausspruch konkret bevollmächtigt gewesen, werde vorsorglich mit Nichtwissen bestritten, sie sei also keineswegs unstreitig. Der vorliegende Streitfall weiche im übrigen von dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Ja...

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