Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung übertariflicher Lohnzulagen auf Tariflohnerhöhungen. „Tariflohnerhöhung” in Form eines Verkürzungsausgleichs bei Verweigerung der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit

 

Leitsatz (amtlich)

Haben die Arbeitsvertragsparteien eine übertarifliche Lohnzulage vereinbart, um das als zu gering empfundene tarifliche Lohnniveau zu verbessern, so ist die Verrechnung mit einer Erhöhung des Tariflohnes unzulässig, die sich nur daraus ergibt, daß ein Lohnausgleich für eine tarifliche Arbeitszeitverkürzung gewährt werden soll (Abweichung vom BAG AP Nr. 58 zu § 4 TVG Tarif vertrage: Metallindustrie).

Anderenfalls würde nämlich eine zur effektiven Verdienstanhebung vereinbarte Leistung mit einer solchen zur Verdienstsicherung verrechnet und der Folge einer effektiven Verdienstabsenkung.

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 11.07.1996; Aktenzeichen 13 Ca 6421/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 03.06.1998; Aktenzeichen 5 AZR 616/97)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 11.07.1996 – 13 Ca 6421/95 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Für die Beklagte wird die Revision zugelassen.

 

Tatbestand

Die Partelen streiten um die Höhe von Lohnansprüchen des Klägers nach einer tarifvertraglichen Arbeitszeitverkürzung.

Der Kläger ist seit 17.04.1961 bei der Beklagten als Drucker beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft Tarifbindung beider Parteien die für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie einschlägigen Tarifverträge Anwendung. Der Kläger ist in die Lohngruppe VII des Lohnrahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie (LRTV) eingruppiert und hatte einen tarifvertraglichen Anspruch auf einen Wochenlohn von 982,37 DM brutto. Die Beklagte zahlte an den Kläger bis zu diesem Zeitpunkt einen der tarifvertraglichen Vergütung entsprechenden Stundenlohn von 26,55 DM zuzüglich einer übertariflichen Zulage von 4,98 DM brutto. Die Lohnabrechnungen für Januar bis März 1995 (Bl. 31 bis 33 d. A.) weisen demzufolge für die „Stunden/Einheit” einen „Lohnsatz” von 31,53 DM aus. Zum 01.04.1995 verkürzte sich die tarifvertraglich vereinbarte Arbeitszelt pro Woche von 37 auf 35 Stunden. Der tarifvertraglich getlende Wochenlohn änderte sich dadurch nicht, wohl aber der im einschlägigen Lohnabkommen für die Druckindustrie 1994/1995 zur Errechnung der Zuschläge zusätzlich in Klammern ausgewiesene Stundenlohn von bisher 26,55 DM auf nun 28,07 DM für die Lohngruppe VII LRTV (Ziffer 3. des genannten Lohnabkommens, Bl. 48 d. A.). Diese Stundenlohndifferenz von 1,52 DM rechnete die Beklagte ab 01.04.1995 auf die dem Kläger bis dahin gezahlte übertarifliche Zulage von 4,98 DM an und zahlte weiterhin unverändert einen Stundenlohnsatz von insgesamt 31,53 DM an den Kläger aus. Auf die Lohnabrechnungen für April bis Juni 1995 wird ergänzend Bezug genommen (Bl. 34 bis 37 d. A.). Dem sich aus der wöchentlichen Arbeitszeitverkürzung bei Fortzahlung deselben Gesamtstundenlohnes, den die Beklagte in der Vergangenheit sporadisch durch Lohnmitteilungen aufgeschlüsselt hatte (Bl. 105 f. d. A.), ergebenden Differenzbetrag für die Zeit vom 01.04.1995 bis 31.05.1996 macht der Kläger mit der anhängigen Klage geltend.

Er hat die Rechtsauffassung vertreten, die Anrechnung der im Lohnabkommen für die Druckindustrie 1994/95 per 01.04.1995 ausgewiesenen Stundenlohnerhöhung um 1.52 DM auf seine übertarifliche Zulage von 4,98 DM sei unzulässig. Unstreitig habe sich nämlich der Tariflohn als Wochenlohn zu diesem Zeitpunkt nicht verändert. Weiterhin hat er seine Ungleichbehandlung als gewerblicher Arbeitnehmer im Verhältnis zu den Angestellten gerügt, die von der Beklagten unstreitig weiterhin auch nach der Arbeitszeitverkürzung das gleiche Monatsgehalt bestehend aus tariflichem Grundgehalt und übertariflicher Zulage ausgezahlt bekommen. Zudem – so hat der Kläger gemeint – habe die Beklagte die Mitbestimmungsrechte des bei ihr gebildeten Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG bei der vorgenommenen Anrechnung übergangen. Schließlich hat der Kläger die Rechtsauffassung vertreten, er habe darauf vertrauen dürfen, daß die Beklagte – wie unstreitig in der Vergangenheit – auch zum 01.04.1995 die tariflich geregelte Stundenlohnerhöhung an ihn weiter gebe. Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 1.114,75 brutto nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit (d. h. seit dem 19. Oktober 1995) zu zahlen;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 702.24 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenen Nettobetrag ab 01. November 1995 zu zahlen;
  3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 457,52 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag ab dem 01. Januar 1996 zu zahlen;
  4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 468,16 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag ab 01. März 1996 zu zahlen;
  5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 869,15 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nett...

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