Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Sieht eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel vor, dass ein - konkret und singulär benannter - Tarifvertrag "in der zuletzt gültigen Fassung" Anwendung findet, so sagt dieser Wortlaut eindeutig, dass nur der Tarifvertrag gelten soll, der zur Zeit des Vertragsschlusses in Kraft war.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 06.03.2013; Aktenzeichen 2 Ca 420/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 08.07.2015; Aktenzeichen 4 AZR 51/14)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 06. März 2013 - 2 Ca 420/12 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen,

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte die tariflichen Lohnerhöhungen des Gehaltstarifvertrages des hessischen Einzelhandels an die Klägerin weitergeben muss.

Die Beklagte, wie auch ihre Rechtsvorgängerin, waren und sind nicht Mitglied des entsprechenden tarifschließenden Arbeitgeberverbandes. Die fraglichen Tarifverträge sind auch nicht allgemeinverbindlich.

Die Klägerin schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten am 10. Juni 2002 einen Arbeitsvertrag, wonach sie ab dem 01. Juli 2002 als Buchhändlerin bei der Beklagten in W... mit einer Arbeitszeit von 37,5 Stunden beschäftigt war. Der Arbeitsvertrag hatte auszugsweise folgenden Wortlaut:

§ 1 Probezeit und Anstellung

Der Arbeitnehmer wird mit Wirkung vom 01.07.2002

als

Buchhändlerin/Filiale W...

Tarifgruppe 11/1 eingestellt.

...

§ 3 Gehaltszahlung

Tarifgehalt €1.610,00 EUR

(in Worten: Eintausendsechshundertzehn Euro)

Die Bezüge werden nachträglich am Ende des betriebsüblichen Gehaltszahlungszeitraums gezahlt. Die Zahlung erfolgt bargeldlos. Der Gegenwert aus unbezahlten Warenbezügen des Arbeitnehmers gilt als Vorschuss. Übertarifliche Bezüge sind bei Tariferhöhungen, bei Aufrücken in ein anderes Berufs- oder Tätigkeitsjahr oder bei Einstufung in eine höhere Beschäftigungsgruppe anrechenbar. Sie können im Übrigen unter Einhaltung der in § 10 vereinbarten Frist gekündigt werden.

...

§ 7 Urlaub

Der Urlaub richtet sich nach den tarifvertraglichen Bestimmungen. Er beträgt demnach zu Zeit 32 Arbeitstage im Jahn.

...

§ 13 Tarifverträge

Soweit sich aus diesem Vertrag nichts anderes ergibt, findet der Mantel- und Gehaltstarif des Einzelhandels Hessen in der zuletzt gültigen Fassung sowie die Betriebsordnung Anwendung.

...

Am 10-/21. Dezember 2009 schlossen die Rechtsvorgängerin der Beklagten und die Klägerin einen Nachtrag zum Arbeitsvertrag ab. Dieser sah eine Reduzierung der Arbeitszeit auf 18 Stunden vor. Ferner hat der Nachtrag folgende Regelungen:

3. Vergütung

Das monatliche Bruttoentgelt, bezogen auf 37,5 Stunden/Woche beträgt 1.974,00 Euro. Daraus errechnet sich bei einer Teilzeitbeschäftigung von 18,00 Std./Woche ein monatliches Bruttoentgelt von 947,52 Euro.

Das Arbeitsentgelt wird am letzten Banköffnungstag eines Monats fällig.

Hat die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter zu viel Entgelt von dem Arbeitgeber erhalten, ist sie/er zur Rückzahlung verpflichtet. Sie/er kann sich auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen, wenn die rechtsgrundlose Überzahlung so offensichtlich war; dass die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer dies hätte erkennen können, oder die Überzahlung auf Umständen beruht, die die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer zu vertreten hat.

6. Gültigkeit

Diese Vereinbarung tritt ab 26.12.2009 in Kraft und endet am 26.12.2010.

Alle anderen Bestimmungen des Arbeitsvertrages gelten unverändert fort.

Am 23. Dezember 2010 schlossen die Rechtsvorgängerin der Beklagten und die Klägerin einen weiteren Nachtrag zum Arbeitsvertrag. Dieser enthält auszugsweise folgende Regelung:

...

3. Vergütung

Das monatliche Bruttoentgelt, bezogen auf 37,5 Stunden/Woche bis zum 31.03.2011 EUR 1.974,00. Daraus errechnet sich bei einer Teilzeitbeschäftigung von 18,00 Std./Woche ein monatliches Bruttoentgelt von 947,52 Euro.

Das monatliche Bruttoentgelt, bezogen auf 37,5 Std./Woche beträgt ab dem 01.04.2011 EUR 2.012,50. Daraus errechnet sich bei einer Teilzeitbeschäftigung von 18,00 Std./Woche ein monatliches Bruttoentgelt von 966,00 Euro.

Das Arbeitsentgelt wird am letzten Banköffnungstag eines Monats fällig.

Hat die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter zu viel Entgelt von dem Arbeitgeber erhalten, ist sie/er zur Rückzahlung verpflichtet. Sie/er kann sich auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen, wenn die rechtsgrundlose Überzahlung so offensichtlich war, dass die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer dies hätte erkennen können, oder die Überzahlung auf Umständen beruht, die die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer zu vertreten hat.

6. Gültigkeit

Die Betriebsvereinbarungen können bei der Filialleitung eingesehen werden.

Diese Vereinbarung tritt rückwirkend ab 27.12.2010 in Kraft und endet am 26.12.2011.

Alle anderen Bestimmungen des Arbeitsvertrages gelten unverändert fort.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten ist aufgrund Verschmelzungsvertrag vom 21...

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