Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsauslegung. Bezugnahme auf Tarifvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Die arbeitsvertragliche Vereinbarung „in Anlehnung an” einen bestimmten Tarifvertrag ist in Zusammenhang des Arbeitsvertrages regelmäßig nicht dahingehend auszulegen, dass der Tarifvertrag oder ein Teil desselben in der jeweiligen Fassung (sog. Widerspiegelungsklausel) in Bezug genommen ist.

 

Normenkette

BGB §§ 157, 133

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Urteil vom 18.04.2000; Aktenzeichen 4 Ca 511/99)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.11.2002; Aktenzeichen 4 AZR 351/01)

 

Tenor

Der Beklagten wird gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts in Darmstadt vom 18. April 2000 – 4 Ca 511/98 –, soweit die Hauptsache nicht erledigt ist, teilweise abgeändert:

Die Klage wird in Höhe von DM 1.997,99 (i. W. Eintausendneunhundertsiebenundneunzig 99/100 Deutsche Mark) brutto abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 24 von Hundert, der Beklagten zu 76 von Hundert auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung von weiterer Vergütung wegen der Erhöhung der Vergütungssätze des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) und eines entsprechend erhöhten 13. Monatsgehalts für 1998.

Der am 03.02.1953 geborene Kläger ist Diplom-Sozialpädagoge. Auf Grund des Arbeitsvertrags vom 23.02.1981 (AV, Bl. 17–84 d. A.) und der Zusatzvereinbarungen vom 28.02.1982 (Bl. 26 d. A.) und vom 06.11.1986 (Bl. 25 d. A.) steht er als solcher seit dem 01.03.1981 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten in der von ihr unterhaltenen psychosomatischen „F.” in W.

Die Beklagte ist nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes. Der Arbeitsvertrag lautet, soweit hiervon Interesse, wie folgt:

„…

§ 2 Vergütung

  1. Das Gehalt wird in Anlehnung an den BAT (für Gemeinden) Vergütungsgruppe IV a frei vereinbart und beträgt DM 2.911,76 monatlich brutto.
  2. Über das gezahlte Gehalt wird Stillschweigen gegenüber Mitarbeitern ausdrücklich vereinbart.
  3. Nach Beendigung der Probezeit beginnt der Anspruch auf ein jährlich am 31.12. fällig werdendes 13. Monatsgehalt, das unter Ausschluss der Probezeit, anteilmäßig nach Dauer der Betriebszugehörigkeit als Urlaubsgeld auf der Grundlage des normalen Juni-Gehaltes für das erste Halbjahr und als Weihnachtsgeld auf der Grundlage des normalen November-Gehaltes für das zweite Halbjahr berechnet und mit diesen Gehältern vorschüssig ausgezahlt wird. …

§ 4 Kündigung

5. Alle beiderseitig vereinbarten Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und auch solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Fälligkeitspartei schriftlich erhoben werden. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sich nicht innerhalb von vier Wochen nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtliche Geltendmachung erfolgt.

§ 11 Sonstige Vereinbarungen

1. Änderungen dieses Arbeitsvertrages und zusätzliche Vereinbarungen bedürfen zu ihrer rechtlichen Wirksamkeit der Schriftform.

…”

Der Zusatzvertrag vom 28.02.1986 hat folgenden Wortlaut:

„§ 2, Abs. 3 erhält folgende Fassung:

Zu den Fälligkeitsterminen 30.06. und 31.12. eines jeden Jahres erhält der (die) Arbeitnehmer (In) jeweils 50 % des im Juni bzw. November des betreffenden Jahres geltenden Grundgehaltes als zusätzliche Gehaltszu lage, wobei die Zulage per 31.12. bereits mit dem November-Gehalt zunächst vorschüssig ausgezahlt wird. Voraussetzung für die Zahlung ist, dass das Arbeitsverhältnis am jeweiligen Fälligkeitstermin besteht und ungekündigt ist. …”

Die Beklagte hat seit Bestehen des Arbeitsverhältnisses das Gehalt des Klägers entsprechend den Gehaltserhöhungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages angepasst. Der Kläger erhielt im Monat Juni 1997 eine Vergütung in Höhe von DM 6.279,48 brutto. Nachdem der Kläger gegen eine von der Beklagten ihm wie weiteren Mitarbeitern gegenüber unter dem 25.06.1997 mit dem Ziel, die Ver gütungshöhe und weitere Bestimmungen des Arbeitsvertrages zu ändern, ausgesprochene Änderungskündigung Änderungsschutzklage erhoben hatte, stellte das Arbeitsgericht Darmstadt mit einem am 04.05.1998 verkündeten Urteil – 10 Ca 169/97 – fest, dass die Änderungskündigung unwirksam ist. Dieses Urteil ist rechtskräftig, nachdem die Beklagte die dagegen eingelegte Berufung zurückgenommen hat. Der Kläger schrieb der Beklagten am 01.07.1998 wegen des hälftigen „13. Monatsgehalts” 1998 und zusätzlich wegen der Tariferhöhung im Öffentlichen Dienst für 1998 (Bl. 3 d. A.).

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, er habe – jeweils rechnerisch unstreitig – auf Grund der Erhöhungen der Vergütungstarife nach dem Bundes-Angestellten-Tarifvertrag ab dem 01.01.1998 um 1,5 % für die Zeit vom 01.01.1998 bis 30.09.1999 einen Anspruch auf ei...

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