Leitsatz (amtlich)

Auf ein Arbeitsverhältnis, das ausschließlich im Ausland vollzogen wird, finden die Bestimmungen des Betriebsverfassungsrechts und die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des Schwerbehindertengesetzes keine Anwendung. Das gilt auch dann, wenn beide Vertragsparteien Deutsche sind und für das Arbeitsverhältnis Deutsches Recht vereinbart haben.

Dies bedeutet, daß für die Wirksamkeit einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung weder die Anhörung eines Betriebsrates nach § 102 Abs. 1 BetrVG noch, falls der Arbeitnehmer Schwerbehinderter ist, die Zustimmung der Hauptfürsorge stelle nach § 12 SchwbG notwendig ist.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 1-2, § 4 S. 1, § 7; BetrVG § 102 Abs. 1; SchwbG § 12

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.07.1985; Aktenzeichen 2 Ca 16/85)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. Juli 1985 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main – 2 Ca 16/85 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Bauindustrie. Sie unterhält in S. A. mehrere Baustellen, darunter auch in R., auf denen sie sowohl einheimische als auch deutsche Arbeitnehmer einsetzt.

Der am 28. August 1943 geborene Kläger ist Schwerbehinderter (Kopie des Ausweises Bl. 20 f d.A.).

Am 30. Januar 1980 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag für einen Einsatz bei dem Auslands-Bauvorhaben C. R. H. und Wohn und Versorgungsanlage (C.), R., S. A. „, nach dessen Inhalt der Kläger für die Beklagte als Medizintechniker tätig werden sollte. Der schriftliche Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Bestimmungen:

1. Dienststellung, Tätigkeit

(1) Der Mitarbeiter tritt für das auf der Titelseite dieses Vertrages bezeichnete Bauvorhaben …. und in der auf Seite 2 festgelegten Dienststellung unter nachstehenden Bedingungen in ein Auslandsdienstverhältnis zur Firma.

2. Vertragsbeginn und Dauer

(1) Der Vertrag beginnt mit dem Tag der Ausreise aus dem Heimatland… und dauert bis zu seiner ordnungsgemäßen Beendigung gemäß den unter Ziffer 10 für die Lösung des Dienstverhältnisses getroffenen Festlegungen.

3. Arbeitszeit und Bezüge

3.1 (1) …

(2) Innerhalb eines Kalenderjahres werden von der Bauleitung unter Mitberücksichtigung der Landesgesetze 12 Tage festgelegt, die als Feiertage gelten.

3.2 (1) Für seine Auslandstätigkeit während der Dauer dieses Vertrages erhält der Mitarbeiter folgende Bezüge;

3.2.1 eine Grundvergütung

zahlbar in Deutschland am Monatsende

3.2.2 eine Auslandsauslösung

zahlbar im Einsatzland am Monatsende

3.2.3 freie Unterkunft

nach Wahl der Firma im Camp oder im ortsüblichen Wohngebiet…

3.2.5 Befreiung

von den im Einsatzland zu entrichtenden Einkommens steuern durch Übernahme zu Lasten der Firma.

3.2.6 Befreiung

von den im Einsatzland zu entrichtenden Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung durch Übernahme zu Lasten der Firma.

6. Urlaub

(5) Ledige Mitarbeiter und verheiratete, deren Familienangehörige nicht auf der Baustelle anwesend sind, erhalten einen jährlichen Heimaturlaub. Urlaubszeitpunkt und -dauer sind mit dem Bauleiter abzusprechen und werden von diesem festgelegt. Als Zuschuß zu den entstanden Reisekosten legt die Firma dem Mitarbeiter einen Betrag in Höhe von 100 % der Flugkarte in der Touristenklasse nach dem Abflugsort in der Heimat und zurück vor, der nach Rückkehr auf die Baustelle und nach ordnungsgemäßer Erfüllung des Arbeitsvertrages nicht mehr zurückzuzahlen ist.

10. Lösung des Dienstverhältnisses

(1) Dieses Vertragsverhältnis zwischen Firma und Mitarbeiter endet nicht durch Zeitablauf, sondern durch schriftliche Kündigung.

(2) Die ordentliche Kündigung kann beiderseits bis zum 15. jeden Monats zum Ende des darauffolgenden Monats ausgesprochen werden. …

13. Schlußbestimmungen

13.3 Maßgebliches Recht. Gerichtsstand

(1) Auf diesen Vertrag wird deutsches Recht vereinbart, wobei jedoch die deutschen Tarifverträge nicht als deutsches echt in diesem Sinne gelten.

(2) Als Gerichtsstand wird, sofern eine derartige Vereinbarung nach den gesetzlichen Bestimmungen zulässig ist, F. a. M. vereinbart.

Wegen des weiteren Inhalts des schriftlichen Arbeitsvertrages wird auf die Fotokopie Bl. 5 – 18 d.A. Bezug genommen.

Am 1. März 1980 reiste der Kläger aus der B. D. nach S. A. und nahm dort seine Arbeit für die Beklagte auf.

Anfang November 1984 hielt sich der Kläger in der B. D. auf. Mit einem Schreiben vom 9. November 1984, das dem Kläger am 13. November 1984 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. Dezember 1984. In dem Schreiben heißt es (vgl. Fotokopie Bl. 19 d.A.):

Sehr geehrter Herr J.,

im Auftrag der Betriebsleitung C. 2 kündigen wir hiermit den mit Ihnen am 30.01.80 abgeschlossenen Auslandsdienstvertrag gemäß Ziffer 10, Absatz 2 fristgerecht zum 31. Dezember 1984.

Eine Rückkehr zur Betriebsstelle C. 2 ist nicht erforderlich.

Sollten Sie im Besitz eines Rückflugtickets sein, so bitten wir um Rückgabe. Eventuell noch besteh...

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