Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwirkung. erstmalige Forderung auf Abänderung eines Zeugnisses 2 Jahre und acht Monate nach dessen Erteilung. Arbeitszeugnis. Verwirkung des Berichtigungsanspruchs

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wer die Berichtigung oder Ergänzung eines bereits ausgestellten Zeugnisses verlangt, fordert damit erneut Erfüllung seines Aspruchs aus § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO, d.h., ihm ein nach Form und Inhalt den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Zeugnis zu erteilen.

2. Dieser Anspruch ist verwirkt, wenn der Arbeitnehmer für die Dauer von zwei Jahren und acht Monaten untätig bleibt.

 

Normenkette

GewO § 109 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 22.03.2012; Aktenzeichen 20 Ca 7088/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22. März 2012 - 20 Ca 7088/11 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Berichtigung seines Zeugnisses.

Der 19XX geborene Kläger war vom 01. Juni 1997 bis zum 31. August 2008 Arbeitnehmer der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin. Das Arbeitsverhältnis endete durch eine Eigenkündigung.

Die Beklagte erteilte dem Kläger am 31. August 2008 ein qualifiziertes Zeugnis, welches dieser am selben Tag oder kurz danach erhielt. Zur Wiedergabe des Inhalts des Zeugnisses wird auf die Anlage K 2 zur Klageschrift verwiesen (Bl. 9 d.A.).

Der damalige Vorgesetzte des Klägers hatte den Kläger am 21. August 2008 per E-Mail aufgefordert, eine Tätigkeitsbeschreibung für das verlangte Zeugnis selbst zu verfassen und dazu formelle Vorgaben gemacht. Der Kläger erledigte dies am 28. August 2008 ebenfalls per E-Mail (vgl. Anlage K 3 zur Klageschrift, Bl. 10-13 d.A.).

Mit Schreiben vom 06. Mai 2011 verlangte der Kläger von der Beklagten die Berichtigung des Zeugnisses. Am 29. September 2011 erhob er Klage auf Zeugnisberichtigung gegen die Beklagte vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden, welches den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Arbeitsgericht Frankfurt am Main verwiesen hat.

Zur weiteren Darstellung des streitigen und unstreitigen Vorbringens der Parteien sowie die von ihnen gestellten Anträge wird vollständig auf das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22. Mai 2012 verwiesen (Bl. 72-80 d.A.).

Das Arbeitsgericht hat den Zeugnisberichtigungsanspruch ohne inhaltliche Überprüfung des Änderungsbegehrens wegen Verwirkung gem. § 242 BGB abgelehnt. Der Kläger habe mit dem Verlangen der Zeugnisberichtigung zwei Jahre und acht Monate gewartet. Damit habe er das Zeitmoment erfüllt. Auch das für eine Verwirkung zu fordernde Umstandsmoment sei zu bejahen, denn der Kläger sei unter solchen Umständen untätig geblieben, die bei der Beklagten den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht geltend machen werde. Dies folge daraus, dass die Beklagte von der Tätigkeitsbeschreibung des Klägers, welche dieser mit E-Mail vom 28. August 2008 einreichte, abgewichen sei. Die Beklagte habe deshalb davon ausgehen dürfen, dass der Kläger Änderungswünsche zeitnah anbringen würde. Zur vollständigen Wiedergabe der Entscheidungsgründe ebenfalls auf das Urteil Bezug genommen (Bl. 72-80 d.A.).

Der Kläger hat gegen dieses ihm am 25. April 2012 zugestellte Urteil mit am 16. Mai 2012 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangener Berufungsschrift Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung des Klägers ging am 25. Juli 2012 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht ein, nachdem er zuvor rechtzeitig Fristverlängerung beantragt hatte.

Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen die Bewertung, dass Zeit- und Umstandsmoment erfüllt seien. Ein bloßer Zeitablauf genüge nicht, er habe auf die dreijährige Verjährungsfrist vertrauen können. Untätigkeit führe nicht zum Erlöschen eines Anspruchs. Gegen das Umstandsmoment spreche, dass die Beklagte vorprozessual zugesagt habe, eine Änderung des Zeugnisses in Nuancen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zu prüfen. Der Kläger behauptet, die Beklagte könne ihn auch noch beurteilen, sein früherer Vorgesetzter A sei noch im Unternehmen, man könne sich an ihn erinnern, wie auch der Vortrag der Beklagten zeige.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22. März 2012 - 20 Ca 7088/11 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, das ihm mit Datum vom 31 August 2008 erteilte Zeugnis wie folgt zu ändern:

Zeugnis

Herr B, geboren am XX.XX.19XX in C, trat am 1. Juni 1997 als Bezirksleiter in die Vertriebsorganisation der D ein, ein Unternehmen der E, ein. Dieses Zeugnis beschreibt den Tätigkeitsverlauf ab dem 1. Dezember 2000. Für den vorangegangenen Zeitraum verweisen wir auf das Zwischenzeugnis vom 30. November 2000.

Ab dem 1. Dezember 2000 bis zum 30. Juni 2003 war Herr B als Bezirksleiter bei der E beschäftigt. Der Aufgabenbereich von Herrn B umfasste den Verkauf des kompletten Produktsortiments D und F an die Großvertriebsformen des Handels im Kundenkreis Fachmärkte (G und H), Verbrauchermärkte/C+C (I, J C+C, K) und W...

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