Leitsatz (amtlich)

Einzelfall einer unwirksamen fristlosen Kündigung

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.09.1994; Aktenzeichen 4 Ca 9348/93)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird des Urteil des Arbeitsgerichts Frenkfurt vom 27.09.1994 (Az.: 4 Ca 9348/93) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt.

Es wird festgestellt, daß des Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die fristlosen Kündigungen vom 08.11.1993 und 07.12.1993 aufgelöst wurde. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfarhens und die Kosten des Revisionsverfahrens 2 AZR 308/96 zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist neben ihrem Schwager, dem Geschäftsführer der Beklagten, und ihrer Schwiegermutter Gesellschafterin der Beklagten. Sie besitzt 35 % der Geschäftsanteile, während der Geschäftsführer der Beklagten 30 % der Anteile hält. Daneben ist er Treuhänder der Anteile seiner Mutter.

Die Klägerin war seit 01.04.1966 bei der Beklagten, die neben der Klägerin acht Arbeitnehmer auf fünfeinhalb Vollzeitstellen beschäftigt, als Angestellte tätig. Unter dem 28.08.1992 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, aufgrund dessen die Klägerin ab 01.09.1992 als Prokuristin ganztags zu einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von 5.000,– DM beschäftigt wurde. In diesem Arbeitsvertrag haben die Parteien u. a. folgendes vereinbart:

„§1

Abs. 3

Der Dienstvertrag kann von der Gesellschaft nur außerordentlich gekündigt werden. Als wichtiger Grund gilt das Ausscheiden von Frau C. K. als Gesellschafterin der GmbH.

§2

Abs. 1

Aufgabe der Prokuristin ist die Leitung der Unternehmensbereiche Herstellung, Buchhaltung, Finanzen und der Verlagsbereiche Literaturwissenschaften und Antroposophie.

Abs. 2

Die Prokuristin kann darüber hinaus für das Unternehmen tätig werden, soweit sie dies nach ihrem Ermessen für erforderlich und mit den Belangen der Gesellschaft verträglich hält.

Abs. 3

Die Vornahme von Investitionen (sowohl im Anlageals auch im Umlaufvermögensbereich) in Einzelvolumen über 20.000,– DM muß mit dem Geschäftsführer abgesprochen werden.–

Im übrigen wird auf den Inhalt des Arbeitsvertrages Bezug genommen. Der Arbeitsvertrag wurde von den Gesellschaftern durch Gesellschafterbeschluß vom 25.08.1992 gebilligt.

Im Gesellschaftsvertrag ist in §9 unter der Überschrift „Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis– u. a. folgendes geregelt:

„Abs. 2

Die Geschäftsführer bedürfen zur Vornahme der nachfolgenden Geschäfte und Handlungen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung:

d) Abschluß von Anstellungsverträgen, in denen eine Gewinnbeteiligung oder Altersversorgung zugesagt werden soll oder die ein Bruttogehalt von mehr als 60.000,– DM zusagen

g) Vornahme aller Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb der Gesellschaft nicht gewöhnlich mit sich bringt

h) Erteilung von Prokuren–

In Absprache mit der Klägerin und auf Wunsch der Klägerin stellte die Beklagte ab 01.04.1993 für den Bereich der Herstellung die ausgebildete Herstellerin mit langjähriger Berufserfahrung, Frau D. ein.

Mit Schreiben vom 20.05.1993, in welchem der Geschäftsführer der Beklagten auf ein Gespräch über den gestörten Betriebsfrieden Bezug nahm, erklärte er gegenüber der Klägerin u. a.:

„Es ist ausschließlich meine Kompetenz, die Aufgabenverteilung im Verlag zu regeln. Leider ist es nicht das erste Mal, daß Du gegen Anweisungen von mir vorgehst. Dieses Verhalten kann ich nicht hinnehmen.–

In einem weiteren Schreiben vom 28.05.1993 rügte der Geschäftsführer der Beklagten das Verhalten der Klägerin. Mit Schreiben vom 28.08.1993 erklärte der Geschäftsführer der Beklagten gegenüber der Klägerin u. a.:

„Bitte zwinge mich nicht durch weitere Grenzüberschreitungen wie die der letzten zwölf Monate, Deine Kompetenzen so zu regeln, daß erst gar keine Zonen mehr bestehen, in denen Probleme auftauchen können. Auch wenn Dir die Deutlichkeit dieser Zeilen zunächst sehr hart vorkommt: Es muß jetzt die Basis bereinigt werden. Nur so kann eine nach allen Erfahrungen des letzten Jahres sich ergebende Eskalation verhindert werden.–

Mit Schreiben vom 08.11.1993 kündigte die Beklagte das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis fristlos.

Mit Schreiben vom 18.11.1993, auf dessen Inhalt auf Bl. 33 d. A. Bezug genommen wird, kündigte die Herstellerin D. das mit dem Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.12.1993.

Mit der am 12.11.1993 bei Gericht eingegangenen Klage wehrt sich die Klägerin gegen die fristlose Kündigung vom 08.11.1993. Gleichzeitig beantragte sie, festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis ungekündigt über den 08.11.1993 hinaus fortbesteht.

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren zwischen den Parteien beim Arbeitsgericht Frankfurt (Az.: 4 Ga 209/93) gab die Klägerin als Anlage zur Antragsschrift, welche der Beklagten am 23.11.1993 zugestellt wurde, eine eidesstattliche Versicherung mit u. a. folgendem Inhalt ab:

„Ich versichere insbesonde folgendes:

  1. Mir ist von dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin bislang keine Ab...

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