Entscheidungsstichwort (Thema)

Grenzen der Forschungsfreiheit. Außerordentliche Kündigung gegenüber einem außerplanmäßigen Professor

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem wissenschaftlichen Mitarbeiter und außerplanmäßigen Professor an einer Universität ist die Forschungsfreiheit auf dem Umfang der erteilten Lehrbefugnis (hier: Schwerpunkt Ethologie) begrenzt und umfaßt nicht „Spontan”-Forschungsvorhaben aus dem Bereich „Vergleichende Anatomie”.

 

Normenkette

GG Art. 5; BGB § 626; BAT §§ 54-55

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Urteil vom 19.09.1996; Aktenzeichen 4 Ca 390/96)

 

Tenor

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 19.09.1996 – 4 Ca 390/96 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwerrt wird für den Berufungsrechtszug neu auf DM 35.200,–

festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der vom beklagten Land mit Schreiben vom 05.07.1996, dem Kläger zugegangen am 08.07.1996, ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung.

Der 1948 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltspflichtige Kläger ist seit dem 01.02.1974 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Gesamthochschule … (im weiteren: Gh angestellt, zuvor hatte er in G. bereits mit Affen und Halbaffen züchtend und forschend gearbeitet. Als Mitglied der Arbeitsgruppe von Prof. M. übernahm er den Aufbau einer Primatenstation an der Gh Er warb ab 1978 selbständig Drittmittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ein. Diese wurden teils für die Beschäftigung wissenschaftlicher Hilfskräfte, teils für Futter- und Anschaffungskosten von Affen und Halbaffen, teils für Forschungs- und Kongreßreisen gewährt (Sonderband III d. A.).

Mit Wirkung ab dem 01.12.1981 ist der Kläger in Vergütungsgruppe I b des BAT, der ergänzend einzelvertraglich in bezug genommen ist, eingruppiert (Bl. 44 d. A.) (zuletzt: ca. 8.800,00 DM brutto/monatlich).

Ausweislich der Aufgabenbeschreibung zum Höhergruppierungsantrag vom 12.11.1980 Ist ihm u. a. die „stellvertretende Leitung aller versuche an lebenden Tieren” und die „selbständige Durchführung, Planung und Leitung aller primatenethologischen versuchsvorhaben” sowie die Vorbereitung eigenverantwortlicher Lehrveranstaltungen („Einführung in die Ethologie”, „Einführung in die Primatologie”) und die Mitarbeit In sonstigen Lehrveranstaltungen („Zoologisches Großpraktikum”, „Exkursionen”) übertragen (Bl. 43,43 R d. A.).

Die Affenhaltung des Klägers an der Gh führte bereits 1981 zu einem Erlaß des Hessischen Kultusministers (vom 28.10.1981), in dem dieser darauf hinwies, er habe der Haltung von lediglich 64 Affen im AVZ der Gh zugestimmt. Der Präsident der Gh wurde gebeten, wegen des zwischenzeitlichen Anstiegs der Affenzahl auf 300 eine Reduzierung nach Arten und umfang zu veranlassen (Bl. 65 d. Beiakte 13 SaGa 1943/95). Der Ständige Ausschuß III der Gh beschloß am 20.01.1982 für das Haushaltsjahr 1982 Haushaltsmittel für die Tierhaltung im AVZ („Futterkosten etc.”) „für maximal 177 Affen” 31.900,00 DM zuzuweisen. Ferner teilte der damalige Präsident der Gh. den damaligen Personalratsvorsitzenden mit Schreiben vom 19.11.1981 mit. Ihm sei bekannt, daß an der Gh. 176 Affen gehalten werden. Diese seien „Hochschuleigentum” (Bl. 57 d. Beiakte 13 SaGa 1943/95).

Genehmigungsgrundlage für den (geplanten) Tierhausbau seien 181 Affen. Für die „derzeitige Haltung” sei vom Ständigen Ausschuß III (Haushaltsausschuß) „lediglich eine Anzahl von 176 Affen zugestanden worden” (Bl. 57 d. Beiakte 13 SaGa 1943/95).

Aufgrund eines Bauantrages aus dem Jahre 1981 wurde 1984 ein Tierhaus-Neubau der Gh fertiggestellt, der vom Kläger geplant und für die Haltung von 181 Affen – neben anderen, kleineren Tieren – ausgelegt ist (Bl. 59 – 61 d. Beiakte 13 SaGa 1943/95).

Am 07.04.1982 beschloß die Fachbereichskonferenz des Fachbereichs (FB) 19 zum Tagesordnungspunkt „Bau und Belegung des Tierhauses”, daß auch nach dem Bezug des Tierhauses der damalige Tierbestand nicht erweitert werden dürfe. Grundlage der Belegung sei eine Liste, die dem Dekan zu übergeben sei. Daraufhin übergab der Arbeitsgruppenleiter Prof. Dr. M. am 14.04.1982 eine detaillierte Auflistung zum Stand der Primatenhaltung, die 176 Tiere umfaßte (Bl. 66 d. Beiakte 13 SaGa 1943/95).

Am 29.06.1983 habilitierte sich der Kläger an der Gh für das Fach Zoologie Schwerpunkt Ethologie. Am 05.07.1990 ernannte ihn das beklagte Land zum außerplanmäßigen Professor (Sonderband III).

Der primatenbestand im Tierhaus belief am 31.12.1989 auf 387 Tiere und am 31.12.1990 auf 360 Tiere; die Zahl der Arten wuchs bis 1990 von für die Belegung des Tierhauses vorgesehenen 6 auf 17 (Bl. 66 d. Beiakte 13 SaGa 1943/95).

Der damalige Dekan des FB 19 hielt In einem vermerk vom 28.01.1992 über eine Besprechung u. a. mit dem Kläger und Prof. M. fest, der Kläger habe wegen der sorge um ein unkontrolliertes Wachstum der Affenpopulation erklärt, der „Gesamtbestand seit 1984 bis heute (1991)” liege „nahezu konstant...

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