Entscheidungsstichwort (Thema)

Bonusanspruch eines Bankangestellten. Betriebsvereinbarung. Stichtag. Darlegungslast

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Bonus kann in einer Betriebsvereinbarung nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt abhängig gemacht werden, wenn die vorgesehene Bonuszahlung 25% des Jahreseinkommens des Arbeitnehmers übersteigt.

 

Orientierungssatz

1. Eine Stichtagsregelung in einer Betriebsvereinbarung, nach der eine Bonuszahlung von einem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt abhängig gemacht wird, erweist sich jedenfalls dann als unwirksam, wenn die vorgesehene Bonuszahlung 25% des Jahreseinkommens des betreffenden Arbeitnehmers übersteigt (Übernahme vom Hessischen Landesarbeitsgericht, Urteil vom 20.08.2009 - 14/18 Sa 612/09 -, so auch Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 12.10.2009 - 7 Sa 172/09 -). Betriebsvereinbarung. Stichtag. Darlegungslast.

2. Hängt die Höhe des zu zahlenden Bonus von einer Fülle verschiedenster Parameter ab, muss der Arbeitnehmer das Vorliegen der Voraussetzungen im Einzelnen darlegen.

3. Der Arbeitnehmer kann sich im Falle einer krisenhaften Geschäftsentwicklung des Wirtschaftssektors des Arbeitgebers (hier einer Bank) seiner Darlegungslast nicht dadurch entziehen, dass er sich auf eine Regelung beruft, nach der der Bonusbetrag bei normaler Geschäftsentwicklung grundsätzlich steigen solle - siehe dazu Urteil des BAG vom 05.07.2011 - 1 AZR 94/10.

 

Normenkette

BGB § 611 Abs. 1; BetrVG § 77 Abs. 1 S. 1, § 75 Abs. 2 S. 1; GG Art. 12 Abs. 1 Sätze 1-2, Art. 3 Abs. 1; BGB § 620 Abs. 2; ZPO § 138 Abs. 1; BetrVG § 75 Abs. 1, § 77 Abs. 4 S. 1; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.03.2009; Aktenzeichen 7 Ca 4442/08)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 1 AZR 94/10)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25. März 2009 – 7 Ca 4442/08 – teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.166,66 EUR (in Worten: Viertausendeinhundertsechsundsechzig und 66/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Februar 2009 zu zahlen.

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 94,6 %, die Beklagte zu 5,4 % zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Bonusanspruch des Klägers für das Jahr 2008.

Dem vom 01. Dezember 2006 bis zum 31. Mai 2007 bestehenden Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 03. Mai 2006 (Bl. 4 – 6 d. A.) zu Grunde, in dem sich als § 4 folgende Regelung befand:

„Für seine Tätigkeit erhält Herr ein Grundgehalt von

EURO 85.000,– brutto p. a.

(in Worten: EURO fünfundachtzigtausend brutto p. a.)

sowie EURO 39,88 monatlich als Vermögenswirksame Leistung. Die Auszahlung des Grundgehaltes erfolgt in zwölf gleichen Monatsraten.

Darüber hinaus erhält Herr A auf der Grundlage der jeweils gültigen Betriebsvereinbarung zum Bonussystem für außertarifliche Mitarbeiter als freiwillige variable Vergütung einen auf das Geschäftsjahr bezogenen Total Incentive Award, der pro rata temporis der Beschäftigung im Geschäftsjahr jeweils im Frühjahr des Folgejahres gewährt wird. Die Höhe des Total Incentive Award orientiert sich am geschäftlichen Ergebnis der Bank und des Einsatzbereiches sowie an der Leistung und der Verantwortung von Herrn A. Die Gewährung des Total Incentive Award steht unter der Bedingung des Bestehens eines ungekündigten Anstellungsverhältnisses am Auszahlungstag. Ein Teil des Total Incentive Award kann in equity oder in equity-based Vergütungselementen gewährt werden.”

Seit dem 18. März 2003 besteht bei der Beklagten die „Betriebsvereinbarung über die Ausgestaltung des Bonussystems für außertarifliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter” (im Folgenden: „Betriebsvereinbarung”), wegen deren Inhalt auf Bl. 17 – 26 d. A. verwiesen wird. Darin ist u. a. geregelt:

„3. Bonusauszahlung

Die Bonusauszahlung steht grundsätzlich unter der Bedingung des Bestehens eines ungekündigten Anstellungsverhältnisses am Auszahlungstag.

Ausgenommen von diesem Grundsatz sind solche Fälle, in denen das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen beendet wird bzw. der tatsächliche Grund des Ausscheidens auf betriebsbedingten Gründen beruht, der Mitarbeiter aber eine Eigenkündigung vorzieht.”

Unstreitig erhielt der Kläger zuletzt ein Grundgehalt von 100.000,00 EUR pro Jahr sowie am 15. Februar 2008 als Bonus für das Jahr 2007 einen Betrag in Höhe von 185.000,00 EUR ausgezahlt.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger eine anteilige Bonuszahlung entsprechend dem Jahr 2007 auch für das Jahr 2008, die die Beklagte unter Hinweis auf die Stichtagsregelung in der Betriebsvereinbarung vom 18. März 2003 sowie die Eigenkündigung des Klägers zum 31. Mai 2008 ablehnt.

Wegen des zu Grunde liegenden Sachverhalts im Übrigen, des Vorbringens der Parteien und ihrer Anträge erster Instanz wird auf den Tatbest...

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