Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertretung des Arbeitgebers im Rahmen des BetrVG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wer als Arbeitgeber im Sinne der betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften dem Betriebsrat jeweils gegenüber treten kann, läßt sich nicht allgemein beantworten, sondern ergibt sich aus der Funktion und dem Stellenwert des jeweiligen Beteiligungsrechts.

2. Im Rahmen des § 90 BetrVG muß die erforderliche Information und Beratung nicht nur durch einen fachkompetenten Vertreter des Arbeitgebers erfolgen, dieser muß außerdem an der Leitung des Betriebs maßgeblich in der Weise beteiligt sein, daß die in der Beratung vorgetragenen Erwägungen und Bedenken in den Entscheidungsprozeß unmittelbar eingebracht werden können.

3. In einer größeren GmbH ist dies bei einem Mitarbeiter, der sich in der organisatorischen Leitungsebene unterhalb der Geschäftsführerebene befindet, der Fall, auch wenn er kein leitender Angestellter im betriebsverfassungsrechtlichem Sinne ist.

 

Normenkette

BetrVG § 90

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Aktenzeichen 3 BV 25/89)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Offenbach – 3 BV 25/89 – teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, daß die Antragsgegnerin nicht berechtigt ist, sich in Angelegenheiten des § 90 BetrVG durch den Arbeitnehmer vertreten zu lassen, was die Information und Beratung im Rahmen des § 90 BetrVG angeht.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten darum, ob bestimmte Personen Verhandlungspartner des Betriebsrats im Rahmen des § 90 BetrVG sein können.

Der antragstellende Betriebsrat ist bei der Antragsgegnerin (im folgenden: der Arbeitgeber), der deutschen Niederlassung eines schwedischen Automobilkonzerns, gebildet. Die Betriebsstätte liegt in Dietzenbach.

Der Arbeitgeber hat sich in der Vergangenheit im Rahmen seiner Unterrichtungs- und Beratungspflichten im Sinne des § 90 BetrVG in Fragen der Einführung mit Änderung von EDV-Anlagen durch Herrn … und in Fragen der „internal Services”, also der Organisation und Verwaltung des gesamten betrieblichen Ablaufs im Innendienst, durch Herrn … vertreten lassen. Die beiden Herren werden übereinstimmend von den Beteiligten nicht als leitende Angestellte angesehen. Aus dem von dem Arbeitgeber überreichten Organigramm (Bl. 71, 72 d.A.) ergibt sich, daß direkt unter dem für den Bereich „Economy” zuständigen Geschäftsführer Herr … für den Bereich „internal services” und Herr … für den Bereich „Data Processing” angesiedelt sind. Bei Herrn … handelt es sich um einen leitenden Angestellten im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Im Bereich EDV ist Herr Herrn … untergeordnet. Er befindet sieh damit auf gleicher Ebene wie zwei weitere Mitarbeiter, die, wie Herr … … für Bereiche „Systemanalytiker” zuständig sind eine weitere Stelle ist für „System – Programm.” eingerichtet, eine für die Gruppenleitung (der Operators) sowie für ein weiteres Referat.

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich seinen Antrag nur auf Herrn … beschränkt. Der Betriebsrat bat beantragt,

  1. festzustellen, daß die Antragsgegnerin nicht berechtigt ist, sich in Angelegenheiten des § 90 BetrVG durch den Arbeitnehmer … vertreten zu lassen, was die Information und Beratung gemäß der zitierten Vorschrift angeht;
  2. die Antragsgegnerin zu verpflichten, es zu unterlassen, ohne vorherige Information und Beratung mit dem Betriebsrat EDV-Terminalinstallationen im Lkw-Kundendienst und im Einkauf vorzunehmen, unter Androhung eines Zwangsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung, dessen Höhe in das Ermessen des erkennenden Gerichtes gestellt wird.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Der Arbeitgeber hat sich auf die Rechtsauffassung des Landesarbeitsgericht Frankfurt wie im Beschluß vom 14.10.1986 (5 TaBV 149/85) bezogen.

Das Arbeitsgericht hat mit seinem am 1.11.1989 verkündeten Beschluß die Anträge zurückgewiesen. Eine Vertretung durch den Arbeitgeber oder leitende Angestellte sei grundsätzlich nicht erforderlich. Der Arbeitgeber könne sich durch jeden betriebsangehörigen Arbeitnehmer mit entsprechender Vollmacht vertreten lassen, sofern diese Personen entweder allgemein an der Leitung des Betriebs verantwortlich beteiligt seien oder mit dem konkreten Verhandlungsgegenstand besonders betraut. Lediglich nicht kompetente oder mit der Sache nicht vertraute Verhandlungspartner kämen nicht in Frage, da andernfalls die Beteilungsrechte zur Farce würden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschlußbegründung wird auf die Gründe (Bl. 21–25 d.A.) Bezug genommen.

Gegen diesen ihm am 11.1.1990 zugestellten Beschluß hat der Betriebsrat am 9.2.1990 Beschwerde eingelegt und diese am 8.3.1990 begründet. Der Betriebsrat verfolgt den erstinstanzlich zu 2) gestellten Antrag nicht weiter. Den zu 1) gestellten Antrag erweitert er um die Feststellung, daß auch Herr … nicht als Vertreter des Arbeitgebers im Rahmen des § 90 BetrVG in Frage komme. Das Betriebsverfassungsgesetz kenne zwe...

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