Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckung der Verpflichtung zur Erteilung eines Arbeitszeugnisses in einem gerichtlichen Vergleich

 

Leitsatz (amtlich)

Wird in einem gerichtlichen Vergleich die Beurteilung “gut„ betreffend Führungs- und Leistungsbeurteilung im Arbeitszeugnis aufgenommen, fehlt es an sich an der für eine Zwangsvollstreckung notwendigen Bestimmtheit der von der Beklagten vorzunehmenden Handlung. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Vergleich festlegt, dass das Zeugnis nach Maßgabe eines Entwurfs des Arbeitnehmers zu erstellen ist und eine Abweichung nur aus wichtigem Grund möglich ist. In einem solchen Fall haben die Parteien die Formulierungshoheit des Arbeitgebers maßgeblich eingeschränkt und diese dem Arbeitnehmer übertragen. Es liegt damit an ihm, zu entscheiden, welche positiven oder negativen Leistungen er stärker hervorheben will.

 

Normenkette

ZPO § 888

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 04.09.2018; Aktenzeichen 22 Ca 13/18)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 4. September 2018 - 22 Ca 13/18 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten nach dem Abschluss eines Vergleichs über die Erteilung und den Inhalt eines Zeugnisses.

Die Schuldnerin (im Folgenden: Beklagte) und der Gläubiger (im Folgenden: Kläger) haben am 10. April 2018 in dem Gütetermin in dem Rechtsstreit 22 Ca 13/18 auszugsweise den folgenden gerichtlichen Vergleich geschlossen:

"…

3. Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein wohlwollend formuliertes, qualifiziertes Endzeugnis unter dem Ausstellungsdatum 28. Februar 2018 zu erteilen. Die abschließende Leistungs- und Führungsbeurteilung entspricht der Note "gut". Der Kläger ist hierzu berechtigt, einen schriftlichen Entwurf bei der Beklagten einzureichen, von dem die Beklagte nur aus wichtigem Grund abweichen darf.

…"

Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2018 hat der Kläger die Festsetzung von Zwangsmitteln gegen die Beklagte beantragt und dies damit begründet, dass diese ihrer Verpflichtung aus Ziff. 3 des gerichtlichen Vergleichs nicht nachgekommen sei. Seinem Antrag hat er den auf Bl. 54 d. A. befindlichen Zeugnisentwurf beigefügt, der dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Schriftsatz vom 9. Mai 2018 übersandt worden ist.

Mit Schriftsatz vom 16. Juli 2018 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mitgeteilt, dass die Beklagte dem Kläger am 22. Juni 2018 per Einschreiben das nachfolgende Zeugnis, das in mehrfacher Hinsicht von dem Entwurf des Klägers abweicht und wegen dessen Einzelheiten im Übrigen auf Bl. 59 d. A. verwiesen wird, übersandt hat:

"…

Einschreiben per Posteinwurf

Herr A

xxxx

xxxx

Arbeitszeugnis

Herr A verfügt über ein ausreichendes Fachwissen, das er mit Erfolg in der Praxis einsetzte.

Zusammenfassend erledigte Herr A die ihm übertragenen Aufgaben somit zu unserer Zufriedenheit.

… Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war in Ordnung.

Das Arbeitsverhältnis endet einvernehmlich mit dem heutigen Datum. Wir bedauern dies, einen guten Mitarbeiter verlieren, …

Frankfurt a. M., 28.02.2018

i.A. Unterschrift

…"

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe mit dem Zeugnis vom 28. Februar 2018 den Vergleich nicht erfüllt, da es "i.A." unterzeichnet worden sei und der geschuldeten Beurteilung nicht im Ansatz entspreche.

Mit Beschluss vom 4. September 2018 (Bl. 64 f. d. A.) hat das Arbeitsgericht gegen die Beklagte wegen der Nichterfüllung ihrer Verpflichtung aus Ziff. 3 des Vergleichs, nämlich dem Kläger ein wohlwollend formuliertes, qualifiziertes Endzeugnis zu erteilen, ein Zwangsgeld in Höhe von € 500,00, ersatzweise einen Tag Zwangshaft für je € 100,00 festgesetzt. Es hat dies u.a. damit begründet, dass das erteilte Zeugnis nicht dem Entwurf und der Note "gut" entspräche.

Gegen diesen ihrem Prozessbevollmächtigten am 17. September 2018 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit am 26. September 2018 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass das auf Bl. 69 d. A. befindliche Zeugnis im Nachgang tatsächlich wie gefordert erteilt worden sei. Dem Kläger sei das Zeugnis am 7. August 2018 per Einschreiben mit Rückschein zugegangen.

Der Kläger hat bestritten, das Zeugnis in dieser Form erhalten zu haben. Ihm sei das auf Bl. 84 d. A. befindliche Zeugnis erteilt worden, dass seine Anschrift im Adressfeld enthalten und mit "Einschreiben per Posteinwurf" überschrieben worden sei. Das Zeugnis lasse auch nicht den Aussteller erkennen, weil es "i.A." unterzeichnet sei.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 5. November 2018 nicht abgeholfen. Es hat angenommen, die sofortige Beschwerde sei verfristet. Das erteilte Zeugnis entspräche nicht den formalen Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Zeugnis.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakten verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 793, 567 Abs. 1 ZP...

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