Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage. Antragsfrist

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Frist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG beginnt zu laufen, sobald auf Grund konkreter Anhaltspunkte bei zumutbarer und gehöriger Sorgfalt erkennbar ist, dass die Klagefrist (möglicherweise) nicht eingehalten ist.

2. Im Rahmen des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist auf den Kenntnisstand des Prozessbevollmächtigten des Klägers abzustellen, d.h. auf dessen Kennen oder Kennenmüssen. Das Hindernis ist damit bereits dann behoben, wenn dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit der Ladung zum Gütetermin eine gerichtliche Mitteilung hinsichtlich des Datums des (verspäteten) Klageeingangs zugeht

3. § 233 ZPO ist auf § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG auch nicht entsprechend anwendbar.

4. Zur Überprüfungs- und Hinweispflicht des Gerichts bei verspätetem Klageeingang.

 

Normenkette

KSchG § 5 Abs. 3 S. 1; ZPO § 233

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Beschluss vom 28.09.2004; Aktenzeichen 9 Ca 155/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 28. September 2004 – 9 Ca 155/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen, mit der Maßgabe, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig verworfen wird.

Der Kläger hat die Beschwerdegebühr in Höhe von 40,00 Euro zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Im Hauptverfahren streiten die Verfahrensbeteiligten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung von Seiten der Beklagten vom 12. März 2004, die der Kläger am 12. März 2004 erhalten hat.

Die Kündigungsschutzklage vom 31. März 2004 (der zugehörige Briefumschlag ist mit dem Datum des 31. März 2004 frei gestempelt gewesen) ist ausweislich des Eingangsstempels (Blatt 1 d.A.) am 05. April 2004 beim Arbeitsgericht eingegangen.

Am 06. September 2004 hat die Kammervorsitzende Herrn Rechtsanwalt L. angerufen und diesen auf „die Verfristung nach Aktenlage” hingewiesen (Vermerk Blatt 85 Rückseite d.A.).

Darauf hat der Klägervertreter im Kammertermin vom 08. September 2004 erklärt, er habe am 28. April die Ladung des Gerichts erhalten, in der das Eingangsdatum der Klage mit „05. April 2004” angegeben gewesen sei (Protokoll Blatt 91/92 d.A.).

In der Kammerverhandlung vom 08. September 2004 hat der Klägervertreter zudem den Schriftsatz vom 07. September 2004 überreicht, in dem primär Wiedereinsetzung in den früheren Stand und hilfsweise nachträgliche Zulassung der Klage gemäß § 5 KSchG beantragt ist.

Für den erstinstanzlichen Vortrag zur Begründung dieser Anträge und die Mittel der Glaubhaftmachung wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 07. September 2004 mit der eidesstattlichen Versicherung von Frau H. vom 07. September 2004 (Blatt 106 bis 111 d.A.) sowie den Schriftsatz vom 14. September 2004 mit der eidesstattlichen Versicherung der Frau H. vom 08. September 2004 (Blatt 112 bis 120 d.A.) und den Schriftsatz vom 20. September 2004 mit Anlage (Blatt 123 bis 125 d.A.).

Für die Darstellung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf I. der Gründe des angefochtenen Beschlusses (Blatt 137 bis 139 d.A.) verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss der Kammer vom 28. September 2004 (Blatt 136 bis 141 d.A.) den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage als unzulässig verworfen und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Klägervertreter hätte bereits am 28. April 2004 mit Eingang der Ladung und dem darin enthaltenen Hinweis auf das Datum des Klageeingangs erkennen können und müssen, dass die Klagefrist des § 4 KSchG nicht gewahrt war. Die Antragsfrist von zwei Wochen sei keine Notfrist, so dass es gegen deren Versäumung keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gebe.

Der Beschluss ist den Klägervertretern am 05. Oktober 2004 zugestellt worden. Die dagegen gerichtet sofortige Beschwerde des Klägers ist am 11. Oktober 2004 beim Arbeitsgericht eingegangen.

Der Kläger ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe über seine Anträge unzutreffend entschieden. Für die Einzelheiten der Begründung wird verwiesen auf den Schriftsatz vom 15. November 2004 (Blatt 147 bis 154 d.A.). Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 28. September 2004 aufzuheben und die Kündigungsschutzklage des Klägers nachträglich zuzulassen,

hilfsweise,

dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 18. November 2004 (Leseabschrift Blatt 157 d.A.) der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Beklagte tritt der sofortigen Beschwerde entgegen (vgl. dazu den Schriftsatz vom 16. Dezember 2004, Blatt 165 bis 167 d.A.). Eine Reaktion der Klägervertreter darauf gibt es trotz eines diesbezüglichen Fristverlängerungsantrags (Blatt 168 d.A.) und gewährter Fristverlängerung (Blatt 172 d.A.) nicht mehr.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Entscheidung über die statthafte (§ 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG) und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlu...

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