Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckung des Anspruchs auf Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine an die Herausgabe-Vollstreckung angelehnte gerichtliche Gestattung der Einschaltung eines Gerichtsvollziehers zwecks „Entfernung” von Abmahnungen aus (öffentlich-rechtlich zu führenden) Personalakten durch Wegnahme von Unterlagen („Ersatzvornahme”) ist unzulässig.

2. Die Vollstreckung eines titulierten Anspruchs auf Entfernung von Abmahnungsunterlagen richtet sich bei allein vom Schuldner befugt zu führenden Personalakten ausschließlich nach den Grundsätzen über die Vollstreckung bei unvertretbaren Handlungen (§ 888 ZPO).

3. Derartige Vollstreckungsmaßnahmen nach § 888 ZPO sind nur so lange zulässig, als der zu vollstreckende Anspruch noch nicht erfüllt ist. Die Einwände, die Leistung sei dem Schuldner unmöglich oder der Schuldner habe erfüllt, sind mithin auch im Vollstreckungsverfahren beachtlich.

4. Zu den Fragen, ob Abmahnungen als „Beiakte” Bestandteile der Personalakte sind und ob sich der Entfernungsanspruch auch auf eine Entfernung aus „Sachakten” des Schuldners (z.B. Dokumentation von Prozeßvorgängen) bezieht.

 

Normenkette

ZPO §§ 888, 883, 794

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 19.02.1993; Aktenzeichen 7 Ca 361/91)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 19.2.1993 aufgehoben.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens aus einem Streitwert in Höhe von 3.000,– DM.

 

Tatbestand

I.

Im gerichtlichen Vergleich vom 04. März 1992 – berichtigt mit Beschluß vom 16. März 1992 (Bl. 57 R, 58 d.A.) – verpflichtete sich die Beklagte, zwei klageweise angegriffene, gegenüber der Kläger mit Schreiben vom 13.09.1990 und 25.07.1991 ausgesprochenen Abmahnungen „aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen”.

Mit Schriftsatz vom 01. Dez. 1992 (Bl. 65, 66 d.A.) beantragte die Klägerin wegen Nichtentfernens der Abmahnungen ein Zwangsgeld gegen die Beklagte zu verhängen, „hilfsweise” sie zu ermächtigen, die der Beklagten obliegende Entfernung der Abmahnungen „aus den Personalakten” durch einen Gerichtsvollzieher vornehmen zu lassen und zu diesem Zweck das Betreten ihrer Amtsräume durch den Gerichtsvollzieher zu dulden (Bl. 65 d.A.). Sie behauptete hierzu, eine Einsichtnahme habe gezeigt, daß eine „Entfernung aus den Personalakten” nicht erfolgt sei.

In ihrer Stellungnahme hierzu vom 05. Jan. 1993 widersprach dem die Beklagte und behauptete, es liege ein „Mißverständnis” vor, weil der gesamte Abmahnungsvorgang „aus der Personalakte” entnommen sei und lediglich „zur Personalakteneinsicht durch die Klägerin von der zuständigen Sachbearbeiterin nochmals aus den Sachakten (Vorgang Rechtsstreit) beigezogen worden” sei (Bl. 67 d.A.). Ergänzend bezog sie sich insoweit auf eine Erklärung der zuständigen Sachbearbeiterin im der … Beklagten Frau …, vom 05. Jan. 1993 (Bl. 68 d.A.), wonach der Abmahnungsvorgang „am 06. Juni 1992 aus der Personalakte entfernt” worden sei.

Demgegenüber machte die Klägerin mit Schriftsatz vom 19. Jan. 1993 geltend, bei Einsichtnahme der Klägerin „in die Personalakten” seien die Abmahnungen noch „in den Personalakten vorhanden gewesen”(Bl. 69 d.A.).

Mit Beschluß vom 19. Febr. 1993 ermächtigte das Erstgericht die Klägerin und Gläubigerin, die der Beklagten obliegende „Entfernung der Abmahnungen vom 13. Sept. 1990 und 25. Juli 1990 (richtig wohl: „1991”) aus der Personalakte durch einen von der Gläubigerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher vornehmen zu lassen” Es gab der Beklagten ferner auf, zu diesem Zweck das Betreten ihrer Räume durch den Gerichtsvollzieher zu gestatten (Bl. 69 R d.A.).

Dieser Beschluß ist der Beklagten am 26. Febr. 1993 zugestellt (Bl. 70 d.A.).

Gegen diesen richtet sich die am 12. März 1993 beim Arbeitsgericht eingelegte sofortige Beschwerde, mit der die Beklagte auf ihr Vorbringen aus der Stellungnahme vom 05. Jan. 1993 nebst dort angebotenen Zeugenbeweis Bezug nimmt (Bl. 73 d.A.).

Die Klägerin beantragt Zurückweisung der sofortigen Beschwerde und wiederholt ihr Bestreiten, daß die Abmahnungen bereits Mitte 1992 „aus den Personalakten” entfernt worden seien (Bl. 85 d.A.).

Ergänzend behauptet sie unter Vorlage einer Dienstanweisung der Beklagten vom 31. Juli 1992 (S. 7 = Bl. 95 d.A.), die Beklagte nehme Abmahnungen grundsätzlich in eine „zur Personalakte zählende Beiakte (Sachakte)” (Bl. 87 d.A.); diese Sachakte (Beiakte) werde im … geführt. Diese „Bei- oder Sachakte” sei „Teil der Personalakte” und somit die Abmahnungen auch aus dieser zu entfernen.

Der von der Klägerin beauftragte Obergerichtsvollzieher … suchte am 23. März 1993 die Räume des … der Beklagten (…) auf und stellte fest, dort befänden sich die Personalakten nicht. Er begab sich sodann in die Räume des … (…) und fand dort „die beiden Abmahnungen nicht mehr in der Personalakte vor”. Er stellte fest, sie befänden sich jetzt „bei den Sachakten” beim … (Bl. 99 d.A.).

Die Beklagte hat die Personalakte...

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