Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war die von dem geschiedenen Ehemann begehrte Abänderung eines anlässlich der Ehescheidung im Jahre 1985 geschlossenen Vergleichs über von ihm zu zahlenden nachehelichen Unterhalt. Der BGH hat in seiner Entscheidung eine Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte vorgenommen.

 

Sachverhalt

Die Eheleute hatten im Jahre 1975 geheiratet und waren seit 1985 geschieden. Wegen einer seit dem Schulalter bestehenden Alkohol- und Tablettenabhängigkeit war die Ehefrau im Jahre 1974 aus dem Lehrerreferendariatdienst entlassen worden.

Anlässlich der Scheidung im Jahre 1985 verpflichtete sich der Ehemann zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von monatlich 1.040,00 DM. Der Ehefrau wurde in dieser Vereinbarung die Möglichkeit eines anrechnungsfreien Zuerwerbs bis zu 1.000,00 DM eingeräumt.

Im Jahre 1991 schloss sie ein Studium der Psychologie erfolgreich ab, bezog jedoch in der Folgezeit überwiegend Kranken- und Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe. Seit dem 1.7.2002 bezog sie Erwerbsunfähigkeitsrente, seit 2004 wegen voller Erwerbsunfähigkeit.

Der 1995 geborene gemeinsame Sohn lebte seit der Scheidung beim Vater, die im Jahre geborene Tochter bei der Mutter. In der Zeit von 1992 bis 1997 war sie in einem Internat untergebracht.

Mit seiner im Jahre 1992 (!) erhobenen Abänderungsklage hat der Ehemann den Wegfall seiner Unterhaltspflicht begehrt und die Auffassung vertreten, die Beklagte könne nach Abschluss des Psychologiestudiums ihren Unterhaltsbedarf durch Erwerbstätigkeit selbst bestreiten.

Die Beklagte hat im Wege der Widerklage höheren Unterhalt ab 1.10.1993 verlangt.

Das AG hat der Klage teilweise stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers hat das OLG den Vergleich in unterschiedlichem Umfang abgeändert. Für die Zeit ab 1.1.2008 hat es die Klage abgewiesen und den Vergleich auf die Widerklage dahingehend abgeändert, dass der Kläger ab 1.1.2008 Unterhalt von monatlich 633,00 EUR und ab 1.1.2009 von monatlich 783,00 EUR zu zahlen hatte. Hiergegen richtete sich die für die Zeit ab 1.1.2008 zugelassene Revision des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgte, keinen Unterhalt mehr zahlen zu müssen.

 

Entscheidung

Das Rechtsmittel führte im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung.

Für die Zeit ab 2008 ging der BGH von einem Unterhaltsanspruch wegen Krankheit nach § 1572 BGB und für die Zeit ab 2011 von einem solchen wegen Alters nach § 1571 BGB aus. Auch diese Unterhaltsansprüche unterlägen dem § 1578b BGB und seien befristbar und/oder auf den angemessenen Bedarf herabsetzbar. Auf einen lebenslangen Bestand des Unterhaltsanspruchs habe die Ehefrau nicht vertrauen dürfen, da bereits seit dem Jahre 1986 nach § 1578 BGB a.F. die Möglichkeit der Herabsetzung auf den angemessenen Bedarf bestanden hätte.

Das Vorliegen eines ehebedingten Nachteils im Hinblick auf die Nichteinstellung in den Schuldienst lehnte der BGH - anders als das Berufungsgericht - im Rahmen der Abwägung des § 1578b BGB ab. Die Erkrankung der Ehefrau habe bereits vor der Heirat bestanden und hätte auch ohne die Eheschließung zu einer Nichteinstellung in den Lehrerdienst geführt. Ein ehebedingter Nachteil sei daher nur denkbar, wenn ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt habe und seine Erwerbsunfähigkeitsrente infolge der Ehe oder Kindererziehung geringer sei als sie ohne die Ehe wäre.

Da der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge in erster Linie durch den Versorgungsausgleich zu erfolgen habe, hätte es nach Auffassung des BGH Feststellungen dazu bedurft, ob und ggf. in welcher Höhe ein solcher durchgeführt worden sei. Da es hieran fehle, sei das Urteil schon deshalb aufzuheben.

Im Übrigen rügte der BGH, dass das Berufungsgericht in seiner Gesamtabwägung die Würdigung der wirtschaftlichen Gesamtbelastung des Ehemannes unterlassen habe. Dieser habe Trennungsunterhalt i.H.v. 1.164,00 DM gezahlt. Für die Zeit von 1992 bis 2007 habe er insgesamt mehr als 65.000,00 EUR für den nachehelichen Unterhalt zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus sei er sowohl für die Betreuung als auch für den Barunterhalt des Sohnes verantwortlich gewesen, da er die Beklagte insoweit im Innenverhältnis freigestellt habe.

Die Unterhaltsverpflichtung treffe den Kläger, der mittlerweile selbst Pensionär sei, besonders hart, da ihm nach der Berechnung des Berufungsgerichts weniger Mittel zur Verfügung ständen als seiner geschiedenen Ehefrau.

Die lange Dauer des Rechtsstreits wegen mehrerer Begutachtungen der Beklagten könne nicht zu ihren Gunsten in die Gesamtabwägung einfließen.

Schließlich rügte der BGH, dass das Berufungsgericht einer Herabsetzung des Unterhalts für die Zeit ab 2008 ersichtlich nicht erwogen habe.

 

Hinweis

Wann immer in einem Verfahren die Anwendung des § 1578b BGB ...

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