Leitsatz

Ein Wohnungseigentümer kann die Zahlung von Hausgeld verweigern, wenn das Hausgeldkonto ein offenes Treuhandkonto des Verwalters ist.

 

Normenkette

§§ 26 Abs. 1, 28 Abs. 5 WEG

 

Das Problem

  1. Ein Grundstück ist mit einem Vorder- und einem Hinterhaus bebaut. Eigentümer E begründet 1993 Wohnungseigentum. Die Wohnungseigentumsrechte bleiben zunächst alle in E's Hand. Eine Auflassungsvormerkung zugunsten eines Erwerbers wird erst am 26.3.2010 eingetragen.
  2. Die Wohnungseigentumsanlage wird seit 1993 von verschiedenen Verwaltern verwaltet. In einer Änderung der Teilungserklärung wird im Oktober 2009 die I GmbH vom 1.1.2010 bis 31.12.2014 als Verwalterin eingesetzt. Nach der Teilungserklärung ist der jeweilige Verwalter berechtigt, rückständige Hausgeldzahlungen außergerichtlich und gerichtlich geltend zu machen.
  3. Nach einem bestandskräftigen Beschluss hat Wohnungseigentümer B in den Monaten Januar bis März 2013 jeweils 177,29 EUR Hausgeld zu zahlen. Weil B nicht zahlt und auch auf Mahnungen nicht reagiert, beauftragt die I GmbH Rechtsanwalt A mit der Forderungsdurchsetzung. Dieser fordert B unter dem 29.1.2013 zur Zahlung von 177,29 EUR auf und stellt hierfür 46,41 EUR in Rechnung. Als B nicht reagiert, verklagt A namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer B auf Zahlung von 531,87 EUR nebst Zinsen sowie auf Freihaltung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten.
  4. B meint, die I GmbH sei keine Verwalterin. Ferner rügt er, dass die I GmbH ein offenes Treuhandkonto führe.
 

Die Entscheidung

  1. Mit Erfolg! E sei allerdings berechtigt gewesen, den Verwalter in der Teilungserklärung zu bestellen (Hinweis auf AG Hamburg v. 31.3.2014, 102d C 31/13, ZWE 2014 S. 374 mit Anmerkung Ott). Ob es sich bei der Bestellung um eine Erstverwalterbestellung handle, könne offen bleiben. Auch wenn man von einer Erstverwalterbestellung und damit einem auf 3 Jahre begrenzten Bestellungszeitraum ausgehe, war dieser in dem wegen §§ 86, 246 Abs. 1 Halbsatz 1 ZPO maßgeblichen Zeitpunkt der Bevollmächtigung jedenfalls nicht abgelaufen. Einer Vertretung stehe es nicht entgegen, dass B und auch die übrigen Eigentümer des Vorderhauses die gegen B gerichtete Klage nicht wollten. Gläubiger des Hausgeldanspruchs sei die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, auf deren Willen es mithin ankäme. Die Willensbildung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erfolge durch Beschluss in der Versammlung. Es sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass ein der Klage gegenläufiger Beschluss getroffen worden wäre.
  2. B sei jedoch berechtigt gewesen, den Zahlungsaufforderungen keine Folge zu leisten. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer habe weder vorgerichtlich noch gerichtlich die Zahlung auf ein eigenes Konto verlangt. Wegen der Pflicht zur Vermögenssonderung und infolge der Anerkennung der "Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft" seien Wohnungseigentümer aber jedenfalls dann nicht (mehr) verpflichtet, eine Zahlung auf ein nicht unmittelbar der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zustehendes Konto zu erbringen, wenn – wofür keine Anhaltspunkte bestünden – die Zahlungsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch das Ausbleiben der Zahlungen nicht gefährdet ist (Hinweis auf LG Hamburg v. 28.11.2013, 318 T 30/13, ZWE 2014 S. 413).
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Wie unter dieser Rubrik in den letzten Monaten immer wieder berichtet und von mir dargestellt wurde, sollte heutzutage kein Verwalter mehr für das Verwaltungsvermögen ein offenes Treuhandkonto einrichten (AG Siegburg v. 18.12.2013, 150 C 40/13). Selbst der Beschluss, dem Verwalter das Führen eines Treuhandkontos zu gestatten, ist nicht ordnungsmäßig (siehe dazu LG Frankfurt a.M. v. 11.12.2013, 2-13 S 6/11, ZWE 2014 S. 183 mit Anmerkung Schultz). Ein Eigenkonto ist nach § 27 Abs. 5 Satz 1 WEG – auch als unechtes oder echtes Treuhandkonto – mithin stets unzulässig (Elzer, ZWE 2011, S. 207; Hügel, ZMR 2008, S. 1, 6).
  2. Das AG zieht aus dieser Rechtslage – wohl erstmals – die Konsequenz, dass ein Wohnungseigentümer die Zahlung des Hausgelds verweigern kann, solange nicht namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein Konto eröffnet wird. Ob dieses richtig ist, ist mir zweifelhaft und wohl falsch (siehe auch Drasdo, NJW-Spezial 2015, S. 34): Die Rechte sind nicht "gegenseitig", da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Gläubigerin ist. Die Entscheidung sollte indessen jedem Verwalter eine Warnung sein, seine Praxis zu überprüfen und sich entsprechend einzurichten.

Was ist für den Verwalter wichtig?

Der Verwalter hat ein Ermessen, bei welchem Institut (Bank, Sparkasse) er namens und in Vollmacht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer er zu welchen Konditionen ein Konto eröffnet. Die Wohnungseigentümer sind allerdings berechtigt, dieses Ermessen zu binden. Der vorsichtige Verwalter stellt den Wohnungseigentümern vor, bei welchem Institut er das Konto eröffnen will und was für und gegen ein Konto gerade dort spricht. Dieses Vorgehen macht die Beweggründe des Verwalters transparent. Der Verwalter...

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