[13] "… 1. Das BG hat zu Unrecht angenommen, dass bereits das in der Haftpflichtversicherung grds. geltende Trennungsprinzip einem Erfolg der Klagen gegen den VR von vornherein entgegengestanden habe."

[14] a) Dieses Trennungsprinzip besagt, dass grds. im Haftpflichtprozess zu entscheiden ist, ob und in welcher Höhe der VN dem Dritten gegenüber haftet, und im Deckungsprozess geklärt wird, ob der VR dafür eintrittspflichtig ist (Senat VersR 2011, 1003 Rn 16 m.w.N.; st. Rspr.).

[15] Das ist im Streitfall nicht deshalb anders, weil über den Nachlass des haftpflichtigen Notars das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet worden ist. Ein Direktanspruch des Geschädigten, wie er heute in § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VVG geregelt ist, besteht nicht, weil die Pflichtverletzung des Notars im Jahre 2001 geschah, der Versicherungsfall also vor dem Stichtag des Art. 1 Abs. 2 EGVVG eintrat und deshalb das VVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung (im Folgenden VVG a.F.) anzuwenden ist. Den Kl. stand daher lediglich das Absonderungsrecht des § 157 VVG a.F. zu (vgl. auch § 110 VVG 2008).

[16] Zwar kann dieses Recht auf abgesonderte Befriedigung ebenfalls dazu führen, dass der Geschädigte den Haftpflichtversicherer des Schädigers auch ohne Pfändung und Überweisung des Deckungsanspruchs unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen kann. Dies gilt aber nur, wie der Senat mehrfach entschieden hat, unter der weiteren Voraussetzung, dass der Haftpflichtanspruch des Geschädigten gem. § 154 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. festgestellt worden ist, weil dieser durch § 157 VVG a.F. keine weitergehende Rechtsstellung als der VN erlangt (Senat VersR 2004, 634 unter II 2 juris Rn 11; 1993, 1222 unter 1b juris Rn 7; 1991, 414 unter 2 juris Rn 16). An einer solchen Feststellung fehlte es hier. Insbesondere hatte die Insolvenzverwalterin den Anspruch nicht anerkannt.

[17] b) Verkannt hat das BG aber, dass eine Ausnahme vom Grundsatz der Notwendigkeit vorheriger Feststellung des Haftpflichtanspruchs im Falle einer wirksamen Abtretung des Deckungsanspruchs an den Geschädigten gilt, so dass sich Haftungs- und Deckungsanspruch in einer Hand vereinigen, wie der Senat ebenfalls bereits in zwei Fällen entschieden hat (Senat VersR 1980, 522 unter I juris Rn 10 und VersR 1975, 655 unter 1b juris Rn 13 f.).

[18] Diese Ausnahme gilt nicht nur für die dort entschiedenen Sachverhalte einer Abtretung nach § 38 Abs. 3 KVO oder bei Transportverträgen, die dem Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) unterliegen. Vielmehr hat der Senat in der jüngeren der beiden Entscheidungen ganz allgemein ausgesprochen, dass die Gründe, die gegen die Behandlung der Haftpflichtfrage und der Deckungsfrage in einem einheitlichen Prozess sprechen, dann nicht durchgreifen, wenn der Schädiger seine Deckungsansprüche wirksam an den Geschädigten abgetreten hat. … Auch im vorherigen Urteil hat er bereits allgemein ausgeführt, dass das Trennungsprinzip in Fällen entwickelt worden ist, in denen Haftpflichtanspruch und Deckungsanspruch nicht in einer Hand vereinigt waren … , dass der Haftpflichtgläubiger aber nach einer wirksamen Abtretung den VR auch dann auf Zahlung in Anspruch nehmen könne, wenn die Haftpflichtfrage im Haftpflichtverhältnis noch nicht geklärt sei (ebenso OLG Stuttgart VersR 2000, 881 juris Rn 27; a.A. KG VersR 2007, 349 unter 1b juris Rn 20). Der unmittelbare Zahlungsanspruch in diesem Fall folge auch aus dem Umstand, dass Haftpflichtanspruch und Deckungsanspruch nunmehr in einer Hand vereinigt seien; es sei nicht einzusehen, warum der Haftpflichtgläubiger, dem nach der Abtretung beide Ansprüche zustehen, in einem Deckungsprozess die Haftpflichtfrage nicht zur Vorfrage machen dürfe (Senat VersR 1975, 655).

[19] Anderes ergibt sich nicht aus dem Senatsurteil vom 15.11.2000 (VersR 2001, 90). Diese Entscheidung befasst sich nur mit dem dort hilfsweise verfolgten Deckungsanspruch, nachdem die Revision wegen des abgewiesenen Zahlungsanspruchs nicht angenommen worden war. Die Feststellung einer wirksamen Abtretung des Deckungsanspruchs liegt diesem Urteil nicht zugrunde.

[20] Auch die herrschende Meinung in der Literatur ist bereits für das VVG a.F. davon ausgegangen, dass der Geschädigte, dem der Deckungsanspruch wirksam abgetreten ist, direkte Zahlungsklage gegen den VR erheben kann (Voit/Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 156 Rn 11; Baumann, VersR 2010, 984, 985 f.; Hösker, VersR 2013, 952, 954; v. Rintelen, in: Späte/Schimikowski, Haftpflichtversicherung, 2. Aufl., 1 AHB Rn 359).

[21] c) Danach stand das Trennungsprinzip einem Klageerfolg nicht entgegen, sofern die Abtretung des Deckungsanspruchs auch ohne Zustimmung des VR wirksam war bzw. der VR sich auf seine fehlende Zustimmung wegen Treuwidrigkeit nicht berufen durfte. In diesem Fall wäre eine Klärung der Haftpflichtfrage bei richtiger Rechtsanwendung durch die Gerichte gewährleistet gewesen und die erhobenen Klagen wären nicht von vornherein wirtschaftlich sinnlos gewesen, s...

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