Leitsatz

Hintergrund

In der GmbH & Co. KG kann der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH mit der KG vertraglich verbunden sein, und zwar durch den Gesellschaftsvertrag wenn er zugleich Kommanditist ist oder durch einen Geschäftsführeranstellungs- / Dienstvertrag zwischen ihm und der KG. Zwingend ist dies jedoch nicht. Es kann sich vielmehr auch um einen Fremdgeschäftsführer handeln, der einen Geschäftsführeranstellungs- / Dienstvertrag mit der Komplementär-GmbH abgeschlossen hat oder sogar ohne einen solchen Vertrag nur als organschaftlich bestellter Vertreter tätig wird (z.B. wenn es sich bei der GmbH & Co. KG um eine Konzerngesellschaft handelt und der Geschäftsführer über einen Anstellungsvertrag bei einer anderen Konzerngesellschaft vergütet wird).

Verletzt der Geschäftsführer seine Pflichten als Geschäftsführer (z.B. durch Abschluss von nachteiligen Verträgen), so haftet er nach allgemeinen Grundsätzen wegen Verletzung des Geschäftsführeranstellungs- / Dienstvertrags seinem diesbzgl. Vertragspartner - dies kann entweder die Komplementär-GmbH oder die KG sein, wenn es einen solchen Vertrag überhaupt gibt. Gegenüber der GmbH haftet der Geschäftsführer zudem nach der gesetzlichen Regelung des § 43 GmbHG.

Die Haftung gegenüber der GmbH geht jedoch häufig ins Leere, denn dieser wird aus der Pflichtverletzung nur selten ein Schaden entstehen. Ein Schaden (z.B. aus nachteiligen Verträgen) tritt vielmehr bei der KG ein, der sich mangels Beteiligung der Komplementär-GmbH am Kommanditkapital der KG auch nicht mittelbar durch einen Wertverlust der Beteiligung im Vermögen der Komplementär-GmbH bemerkbar macht. Auf die Komplementär-GmbH schlägt ein Schaden vielmehr nur dann durch, wenn der Schaden so groß sein sollte, dass die KG diesen mit eigenen Mitteln nicht mehr decken kann, sprich überschuldet ist. Denn dann haftet die Komplementär-GmbH gem. § 128 HGB für diesen Fehlbetrag, ohne Regress bei der KG nehmen zu können.

Das Urteil des Kammergerichts

Das Kammergericht kam in Fortführung der BGH-Rechtsprechung zu einer Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH gegenüber der KG, obwohl dieser weder an der KG beteiligt war, noch über einen Geschäftsführeranstellungs- / Dienstvertrag verfügte.

Der BGH hatte in 2002 (BGH, Urteil v. 25.2.2002; II ZR 236/00) bereits entschieden, dass der KG ein direkter Schadensersatzanspruch gegen den seine Pflichten verletzenden Geschäftsführer zusteht, denn der Geschäftsführeranstellungs- / Dienstvertrag mit der Komplementär-GmbH entfalte Schutzwirkung auch zugunsten der KG.

Das Kammergericht geht nun einen Schritt weiter und dehnt den Schutzbereich des gesetzlichen Organverhältnisses als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH und den Anwendungsbereich der diesbzgl. Haftungsnorm (§ 43 GmbHG) auf die KG aus. Die Organstellung als Geschäftsführer der GmbH hat damit drittschützende Wirkung gegenüber der KG, die hieraus entsprechende Rechte und z.B. einen Schadensersatzanspruch ableiten kann.

 

Hinweis

Der BGH kam in seinem Urteil aus 2002 aus anderen Gründen nicht zu einer Haftung des Geschäftsführers und hatte offen gelassen, ob sich auch der Schutzbereich des gesetzlichen Organverhältnisses als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH auf die KG erstreckt. Es ist aber nicht zu erwarten, dass der BGH dieser Weiterführung seiner Rechtsprechung durch das Kammergericht (das die Revision ausdrücklich zugelassen hat) entgegentritt.

Geschäftsführern von GmbH & Co. KGs drohen damit neue Haftungsgefahren. Relevanz haben dürfte dies insbesondere im Anlagebereich des sog. Grauen Kapitalmarkts, bei dem häufig auf die Rechtsform der GmbH & Co. KG zurückgegriffen wird. Aber auch im Mittelstand ist die GmbH & Co. KG weit verbreitet, da die einzige Personengesellschaftsform mit beschränkter Haftung. Nutzen werden diese neue Möglichkeit der Inanspruchnahme der Geschäftsführer nicht nur Insolvenzverwalter, sondern auch die KG-Gesellschafter bei einer streitigen Auseinandersetzung mit dem (dann sicherlich ehemaligen) Geschäftsführer.

Insgesamt zeigt sich, dass die Rechtsform der GmbH & Co. KG eine nicht unerhebliche Komplexität aufweist. Dies ist z.T. aber auch ein Ausfluss der vielfältigen Gestaltungs- und Einsatzmöglichkeiten der GmbH & Co. KG, wegen derer diese Rechtsform geschätzt wird, die andererseits aber auch einen gewissen Beratungsbedarf bedingen.

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Urteil vom 24.02.2011, 19 U 83/10

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