Nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG ist der Verwalter berechtigt und verpflichtet, alle Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen. Die Grenzen dessen, was der Verwalter insoweit eigenständig veranlassen kann und wann er einen Beschluss der Wohnungseigentümer herbeiführen muss, richten sich maßgeblich nach der Größe der jeweils verwalteten Gemeinschaft und ihrem Finanzvolumen. Der Verwalter überschreitet jedenfalls seine Handlungsbefugnis im Innenverhältnis zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, wenn er Maßnahmen trifft, die nicht mehr von untergeordneter Bedeutung sind und zu erheblichen Verpflichtungen führen.

Geschäftsführung ohne Auftrag

 
Praxis-Beispiel

Dacherhaltung

Ohne einen entsprechenden Ermächtigungsbeschluss herbeizuführen, veranlasst der Verwalter in einer aus 5 Wohnungseinheiten und Eigentümern bestehenden Wohnanlage Erhaltungsmaßnahmen im Bereich des Gebäudedachs in einer Größenordnung von 10.000 EUR. Angesichts der Größe der Gemeinschaft und der Tatsache, dass jeder Wohnungseigentümer der Teilhaftung des § 9a Abs. 4 WEG in einer Höhe von 2.000 EUR unterliegt, kann von einer Maßnahme untergeordneter Bedeutung nicht mehr die Rede sein.

Wird der Verwalter in diesem Fall von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf Kostenerstattung in Anspruch genommen, gelten für ihn die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag und er ist zur Kostenerstattung nicht verpflichtet, wenn die Voraussetzungen der §§ 677, 683, 670 BGB vorliegen. Das Gericht prüft in diesem Fall, ob die Erhaltungsmaßnahme erforderlich war und die hierfür aufgewendeten Kosten angemessen und ortsüblich waren. Ist dies zu bejahen, haftet der Verwalter nicht auf Rückerstattung der Kosten.

Bereicherungsanspruch

Vorgenanntes gilt auch – wenn auch auf anderer Rechtsgrundlage –, wenn sich der Verwalter eigenmächtig über den Willen der Wohnungseigentümer hinwegsetzt.

 
Praxis-Beispiel

Die neue Eingangstür und Briefkastenanlage

Die Wohnungseigentümer beschlossen mit einem Gesamtvolumen von rund 40.000 EUR ein bestimmtes Traditionsunternehmen mit der Erneuerung der Eingangstüren und der Briefkastenanlagen zu beauftragen. Entgegen dieses Beschlusses beauftragte der Verwalter eine als UG firmierende andere Firma, die ein günstigeres Angebot abgegeben hatte und die Arbeiten für 36.000 EUR ausführte. Über das Vermögen der UG wurde später das Insolvenzverfahren eröffnet und die UG alsbald im Handelsregister gelöscht. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer klagt auf Kostenerstattung.

Zunächst können hier nicht die Grundsätze der (berechtigten) Geschäftsführung ohne Auftrag angewendet werden, denn die Geschäftsführung hat gerade dem in der Beschlussfassung zum Ausdruck gekommenen tatsächlichen Willen der Wohnungseigentümer widersprochen. Allerdings kommt gemäß §§ 684 Satz 1, 812 BGB ein Bereicherungsanspruch infrage, weil die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer den Aufwand für die grundsätzlich gewünschte Erneuerung der Eingangstüren und die Errichtung der Briefkastenanlagen erspart hat.[1] Zur Ermittlung der Höhe des Erstattungsanspruchs ist zunächst der objektive Wert der erbrachten Leistung festzustellen unter Berücksichtigung etwaiger Unvollständigkeiten und Mängel im Gewerk.

Liegt die Eigenmächtigkeit des Verwalters darin, dass er sich über die Entscheidung der Wohnungseigentümer hinweggesetzt hat, eine bestimmte Firma zu beauftragen, kann dies eine Verringerung des Ersatzanspruchs rechtfertigen. Das kommt insbesondere in Betracht, wenn die künftige Durchsetzung etwaiger Gewährleistungsansprüche gegen die von dem Verwalter beauftragte Firma weniger erfolgversprechend erscheint oder wenn es den Wohnungseigentümern darauf angekommen ist, eine bestehende Geschäftsbeziehung zu der von ihnen gewählten Firma zu festigen, um sich dadurch in der Zukunft die schnellere Ausführung von Arbeiten, die Durchführung von Kleinreparaturen und Wartungen oder ähnliche Vorteile zu sichern. Die sich hieraus ergebenden wirtschaftlichen Nachteile aus der Beauftragung eines anderen Unternehmens lassen sich durch einen Abschlag vom Erstattungsanspruch des Verwalters berücksichtigen, der abhängig von den Umständen des Einzelfalls bis zu 20 % betragen kann.[2]

Wie an anderer Stelle ausgeführt, hätte ein entsprechend eigenmächtig handelnder Wohnungseigentümer keinen Ersatzanspruch gegen die Gemeinschaft.[3] Die Rechtslage ist hier aber eine andere. Nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG entscheiden die Wohnungseigentümer durch Beschluss über bestimmte Erhaltungsmaßnahmen. Im Gegensatz hierzu verleiht § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG dem Verwalter einen eigenständigen Handlungsspielraum betreffend sämtlicher Verwaltungsmaßnahmen, weshalb nicht per se von (unberechtigter) Eigenmacht ausgegangen werden kann. Es sind vielmehr die Maßgaben des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen.[4]

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