Haben Wohnungseigentümer eigenmächtig Erhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchgeführt, steht ihnen kein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu. Das gilt auch dann, wenn die von dem Wohnungseigentümer durchgeführte Maßnahme ohnehin hätte vorgenommen werden müssen.[1] Für den Gegenanspruch des eigenmächtig Handelnden gilt, dass der Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag und des Bereicherungsrechts ausgeschlossen ist, wenn gesetzliche Sonderregelungen bestehen, die dem Verpflichteten vorrangig die Möglichkeit geben, den Erfolg selbst herbeizuführen. Eine solche Sonderregelung enthält § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG für Maßnahmen der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums. Sie weist die Entscheidung über solche Maßnahmen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer zu. Damit ist es dem einzelnen Wohnungseigentümer – mit Ausnahme des eng begrenzten Notgeschäftsführungsrechts nach § 18 Abs. 3 WEG – nicht gestattet, Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum durchzuführen. In Bezug auf das Gemeinschaftseigentum fehlt insoweit die Einwirkungskompetenz. Diese Sonderregelung kann nicht über die Anwendung der allgemeinen Vorschriften des BGB ausgehebelt werden und begründet daher eine Sperrwirkung.[2]

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Wohnungseigentümer eine Erhaltungsmaßnahme am Gemeinschaftseigentum in der irrigen Annahme durchführt hat, er habe diese als Sondereigentümer auf eigene Kosten vorzunehmen.[3]

 
Praxis-Beispiel

Nichtiger Belastungsbeschluss

Die Wohnungseigentümer hatten vor vielen Jahren einen Beschluss gefasst, wonach der jeweilige Wohnungseigentümer die im Bereich seiner Sondereigentumseinheit vorhandenen Außenfenster auf eigene Kosten zu erhalten habe. Einige Wohnungseigentümer hatten dementsprechend auch die Fenster auf ihre Kosten instandgesetzt bzw. ausgetauscht. Nachdem ein Rechtsanwalt die Wohnungseigentümer darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass der Beschluss nichtig ist, machen sie nunmehr Ersatzansprüche gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend.

Der BGH[4] begründet seine Auffassung damit, ein Ausgleich liefe den schutzwürdigen Interessen der anderen Wohnungseigentümer zuwider. Zwar müssten Wohnungseigentümer stets damit rechnen, dass es durch Mängel des Gemeinschaftseigentums zu unvorhersehbaren Ausgaben kommt, sie müssten ihre private Finanzplanung aber nicht darauf einrichten, dass sie im Nachhinein für abgeschlossene Maßnahmen aus der Vergangenheit, auf die sie keinen Einfluss nehmen konnten, herangezogen werden. Weiter könnten Schwierigkeiten auch bei einem zwischenzeitlichen Verkauf von Wohnungen entstehen. Könnten Wohnungseigentümer nachträglich Ausgleich für von ihnen durchgeführte Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum verlangen, wäre für Käufer und Verkäufer nicht sicher bestimmbar, welche finanziellen Verpflichtungen aus einer bereits abgeschlossenen Maßnahme noch offen und ggf. von dem Käufer zu übernehmen sind. Maßgeblich sei weiter, dass es in tatsächlicher Hinsicht häufig schwierig sei, irrtümliches Handeln von eigenmächtigem Vorgehen abzugrenzen. Regelmäßig werde kaum feststellbar sein, ob der Wohnungseigentümer tatsächlich irrtümlich davon ausgegangen war, ein eigenes Geschäft zu führen.

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