1 Einführung und Inkrafttreten

Seit dem 29.1.2019 sind die EU-Güterrechtsverordnungen anzuwenden.

Diese regeln, welches nationale Recht für Fragen des ehelichen Güterrechts anwendbar ist.

Bereits im Jahr 2011 hat die Europäische Kommission erste Vorschläge für das Güterrecht eingetragener Partnerschaften und einer Ehegüterrechtsverordnung vorgelegt. Art. 81 Abs. 3 AEUV sieht vor, dass Maßnahmen des internationalen Familienrechts einem Einstimmigkeitsvorbehalt unterliegen. Die Mitgliedsstaaten konnten sich jedoch – nicht zuletzt wegen der Behandlung eingetragener Lebenspartnerschaften – in Bezug auf die Güterrechtsverordnungen auf kein gemeinsames Vorgehen einigen,[1] sodass die Verhandlungen im Dezember 2015 endgültig scheiterten.

In Folge haben 18 Mitgliedsstaaten beschlossen, die Ehegüterrechtsverordnung und die Verordnung über das Güterrecht eingetragener Partnerschaften im Wege einer verstärkten Zusammenarbeit nach Art. 326 ff. AEUV einzuführen.

Am 24.6.2014 hat der Rat der Europäischen Union sodann zwei Güterrechtsverordnungen beschlossen: die Verordnung (EU) 2016/1103 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstandes (EuGüVO)[2] und die Verordnung (EU) 2016/1104 über die güterrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften (EuPartVO).[3] Die Verordnungen traten jeweils am 28.7.2016 in Kraft. Beide Verordnungen enthalten fast inhaltsgleiche Regelungen zur Bestimmung der internationalen Zuständigkeit von Gerichten und des anwendbaren Rechts sowie zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

[1] Vgl. Erwägungsgrund 9 der EUGüVO und 10 der EUPartVO.
[2] ABl. EU 2016, L183/1.
[3] ABl. EU 2016, L 183/30.

2 Aufbau der EuGüVO und EuPartVO

Beide Verordnungen sind jeweils in sechs Kapitel aufgeteilt:

  • Kapitel I: Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen
  • Kapitel II: Gerichtliche Zuständigkeit
  • Kapitel III: Anzuwendendes Recht
  • Kapitel IV: Anerkennung, Vollstreckbarkeit und Vollstreckung von Entscheidungen
  • Kapitel V: Öffentliche Urkunden und gerichtliche Vergleiche
  • Kapitel VI: Allgemeine und Schlussbestimmungen

3 Anwendungsbereich

3.1 Teilnehmende Mitgliedsstaaten

An den beiden Verordnungen nehmen folgende Mitgliedsstaaten teil:

Belgien, Bulgaren, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Slowenien, Spanien und Tschechien. Zypern ist im März 2016 der Staatengruppe beigetreten.[1]

Die beiden Verordnungen werden somit zunächst in 18 von (derzeit) 28 Mitgliedsstaaten Anwendung finden. Die nicht teilnehmenden Mitgliedsstaaten sind im Kontext der Verordnungen wie Drittstaaten zu behandeln.[2]

[1] Vgl. jeweils Erwägungsgrund 11.
[2] DNotI-Report 2016, 109.

3.2 Vorrangige staatsvertragliche Regelungen

Nach Art. 62 Abs. 1 EuGüVO bzw. Art. 62 Abs. 1 EuPartVO bleiben völkerrechtliche Verträge, an denen die teilnehmenden Mitgliedsstaaten zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung beteiligt waren, von der Verordnung unberührt.

Für Deutschland ist allein das deutsch-iranische Niederlassungsabkommen vom 17.2.1929[1] zu beachten, welches im Verhältnis zum Iran den beiden Verordnungen vorgeht. Dieses Abkommen beruft in Art. 8 Abs. 3 zwingend das Heimatrecht zur Anwendung. Das deutsch-iranische Niederlassungsabkommen ist jedoch nur anzuwenden, wenn beide Ehegatten ausschließlich iranische Staatsangehörige sind. Ist einer der Ehepartner auch deutscher Staatsangehöriger,[2] so wird wegen Art. 5 Abs. 1 EGBGB von der effektiven Staatsangehörigkeit ausgegangen. Die Folge ist die Nichtanwendbarkeit des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens.

[1] RGBl 1930 II, 1006.

3.3 Zeitlicher Anwendungsbereich

Die beiden Verordnungen treten gem. Art. 70 Abs. 1 EuGüVO bzw. Art. 70 Abs. 1 EuPartVO am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft.

Anwendbar sind sie jedoch gem. Art. 69 Abs. 1 EuGüVO bzw. Art. 69 Abs. 1 EuPartVO grundsätzlich nur auf solche Verfahren, öffentliche Urkunden und gerichtliche Vergleiche, die am 29.1.2019 oder danach eingeleitet, förmlich errichtet oder eingetragen bzw. gebilligt oder geschlossen worden sind. Bei Verfahren, die vor dem 29.1.2019 in den teilnehmenden Mitgliedsstaaten eingeleitet worden sind und deren Entscheidungen nach dem 29.1.2019 ergehen, werden die ergangenen Entscheidungen nach Maßgabe des Kapitells IV anerkannt und vollstreckt, soweit die angewandten Zuständigkeitsvorschriften mit denen des Kapitels II übereinstimmen, 69 Abs. 2 EuGüVO bzw. Art. 69 Abs. 2 EuPartVO. Bemerkenswert ist, dass sich bei Art. 69 Abs. 2 EuGüVO bzw. Art. 69 Abs. 2 EuPartVO eine Lücke von genau einem Tag ergibt, da keine Aussage drüber getroffen wird, ob eine Entscheidung nach den EuGüVO bzw. EuPartVO anzuerkennen ist, die genau am 29.1.2019 ergeht.[1]

Im Hinblick auf das anzuwendende (materielle) Recht – jeweils Kapitel III der Verordnungen -, gelten die EuGüVO bzw. EuPartVO nur für Ehegatten/Partner, die ihre Ehe nach dem 29.1.2019 eingegangen sind bzw. die Partnerschaft nach dem 29.1...

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