1.1 Befriedigung aus dem Grundpfandrecht

1.1.1 Zwei Vollstreckungswege

Wahlrecht des Gläubigers

Wird der Hypotheken- oder Grundschuldgläubiger weder vom persönlichen Schuldner noch vom Eigentümer des belasteten Grundstücks befriedigt, hat er 2 Möglichkeiten. Er kann entweder seine Rechte gegen Zahlung an Dritte abtreten oder aber die Zwangsvollstreckung betreiben. Bei der Zwangsvollstreckung hat er wiederum 2 Möglichkeiten. Er kann zum einen aus der Forderung gegen den Schuldner und zum anderen aus dem Grundpfandrecht gegen den Eigentümer vorgehen. Der Gläubiger kann wählen, welchen Anspruch er geltend machen will. Sind Schuldner und Eigentümer personengleich, kann er auch beide Ansprüche miteinander verbinden.

Welcher Weg ist günstiger?

Welchen Weg der Gläubiger wählen sollte, kann letztlich nur anhand des konkreten Einzelfalls entschieden werden. Die Vollstreckung aus der persönlichen Forderung bietet den Vorteil, dass das gesamte Vermögen des Schuldners haftet. Dagegen erfasst die Zwangsvollstreckung aufgrund des dinglichen Titels nur das Grundstück und die mithaftenden Gegenstände.[1] Andererseits wird das Vorgehen aus dem Grundpfandrecht regelmäßig dadurch erleichtert, dass der Gläubiger bereits einen Vollstreckungstitel in Gestalt einer vollstreckbaren Urkunde nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO in Händen hat und nicht erst den Klageweg beschreiten muss.

[1] Vgl. dazu Abschn. 1.2.

1.1.2 Verwertung des Grundpfandrechts

Vorrangige Befriedigung

Stellt das belastete Grundstück im Wesentlichen das gesamte Vermögen des Schuldners dar, sollte die Vollstreckung in jedem Fall aus dem Grundpfandrecht betrieben werden. Nach § 10 ZVG werden solche dinglichen Rechte gegenüber persönlichen Forderungen vorrangig befriedigt, wobei unter mehreren dinglichen Rechten der Rang entscheidet. Gem. § 1147 BGB erfolgt die Befriedigung aus dem Grundpfandrecht im Wege der Zwangsvollstreckung. Will also der Gläubiger die Hypothek oder Grundschuld verwerten, kann er nach Fälligkeit die Zwangsversteigerung und/oder die Zwangsverwaltung beantragen.

Der bei der Verwertung der Grundschuld erzielte Erlös ist auf die gesicherte Forderung anzurechnen, nicht jedoch auf verjährte Zinsen.[1] Ein die gesicherten Forderungen übersteigender Verwertungserlös ist an den Sicherungsgeber zurückzugewähren.

 
Achtung

Sicherung mehrerer Darlehen

Vorsicht ist aus Schuldnersicht geboten, wenn eine einzige Grundschuld mehrere Darlehen unterschiedlicher Schuldner absichert: Der Gläubiger kann die Grundschuld in vollem Umfang zur Befriedigung wegen eines der gesicherten Darlehen verwerten, wenn die Voraussetzungen für die Verwertung gerade bei diesem Darlehen eingetreten sind.[2]

1.1.3 Rechtsnachfolgeklausel

Vollstreckung gegen Erwerber

Hat sich der Grundstückseigentümer bezüglich eines Grundpfandrechts der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen,[1] kann der Berechtigte der Unterwerfungserklärung grundsätzlich auch gegen einen Rechtsnachfolger des Eigentümers vollstrecken. Doch hierfür müssen besondere Voraussetzungen erfüllt sein, wie der BGH[2] entschieden hat.

Neue Klausel nebst Zustellung

Nach § 750 Abs. 1 ZPO darf die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde[3] nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in der Urkunde oder in der ihr beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet seien. Dies gilt auch im Fall der Rechtsnachfolge. Die Grundschuldbestellungsurkunde erlaubt zwar die Vollstreckung in das Grundstück der jetzigen Grundstückseigentümer, weil die Grundschuld, die der Voreigentümer des Grundstücks bestellt habe, nach § 800 ZPO vollstreckbar ist. Die Grundschuldbestellungsurkunde muss aber nach §§ 727, 795 ZPO mit einer Rechtsnachfolgeklausel gegen den jetzigen Grundstückseigentümer versehen werden. Diese Klausel ist ihm vor der Vollstreckung zusammen mit der notariellen Urkunde zuzustellen.[4]

[2] BGH, Beschluss v. 12.4.2018, V ZB 212/17, BeckRS 2018, 12870, dazu Toussaint, FD-ZVR 2018, 407180.
[4] BGH, a. a. O.

1.1.4 Einschränkung bei Eigentümergrundschuld

Vollstreckungsverbot

Der Eigentümer als Gläubiger der Eigentümergrundschuld darf nicht die Zwangsvollstreckung zum Zwecke seiner Befriedigung betreiben.[1] Damit soll verhindert werden, dass der Eigentümer das Grundstück selbst zur Versteigerung bringt und zum Schaden der nachrangigen Gläubiger günstig ersteigert. Diese Regelung gilt bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Eigentümers nicht für den Insolvenzverwalter; er kann die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld und insbesondere die Zwangsversteigerung betreiben.[2]

1.1.5 Rechtsbehelfe des Schuldners

Gegenklage

Will der Schuldner aufgrund der schuldrechtlichen Sicherungsabrede der Vollstreckung aus der Sicherungsgrundschuld widersprechen, kann er diese Einwendungen nur im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend machen.[1]

Klauselerinnerung

Der Schuldner kann sich auch gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel wenden: Im Erinnerungsverfahren nach § 732 ZPO ist über seine entsprechenden E...

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