Leitsatz

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist nicht die Berechtigte der Grunddienstbarkeit. Eine Grunddienstbarkeit steht nach § 1018 BGB dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks zu, bei Aufteilung dieses Grundstücks in Miteigentumsanteile nach § 8 WEG den Miteigentümern in Gemeinschaft.

 

Normenkette

WEG § 10 Abs. 6

 

Das Problem

  1. Auf dem Grundstück B findet sich eine Heizungsanlage, die sich im Eigentum der Wohnungseigentümer dieses Grundstückes befindet. Dem Grundstück B benachbart befindet sich ein Grundstück K, das auch in Wohnungseigentum aufgeteilt ist. Die Wohnungseigentümer des Grundstücks K beziehen ihre Heizwärme von der Heizungsanlage auf dem Grundstück B. Gemäß der Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentumsanlage auf dem Grundstück K soll der Energieverbrauch der dortigen Wohnungseigentümer durch einen Zwischenzähler ermittelt werden. Im Grundbuch ist eine Grunddienstbarkeit folgenden Inhalts eingetragen:

    Der jeweilige Eigentümer des herrschenden Grundstücks K ist berechtigt, die auf dem dienenden Grundstück befindliche Heizungsanlage für die Wärmeversorgung einschließlich der Zu- und Ableitungsrohre zu halten, zu unterhalten und mitzubenutzen, wobei die Unterhaltungskosten und Instandhaltungskosten den jeweiligen Eigentümern der herrschenden Grundstücke zu 1/3 und der dienenden Grundstücke zu 2/3 zufallen, während die Energiekosten nach dem gemessenen Energieverbrauch aufgeteilt werden.

  2. Jedenfalls seit dem Jahr 1999 gibt es auf dem Grundstück K keinen Zwischenzähler mehr. Die von den Wohnungseigentümern des Grundstücks K und des Grundstücks B zu tragenden Energiekosten werden seitdem nach einem Abrechnungsmodus von 40 % zulasten der Wohnungseigentümer des Grundstücks K und 60 % zulasten der Wohnungseigentümer des Grundstücks B verteilt.
  3. Ende 2015 lassen die Wohnungseigentümer des Grundstücks K einen neuen Zwischenzähler installieren. Seitdem wird wieder nach Verbrauch abgerechnet. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K behauptet, die Installation des Zwischenzählers vorgenommen zu haben, da sie erst im Jahr 2015 Kenntnis von der Abrechnungspraxis seit dem Jahr 1999 erhalten habe. Die Wohnungseigentümer des Grundstücks K hätten nur die vom Verwalter gefertigten Abrechnungen erhalten, nicht jedoch die dieser zugrunde liegenden Abrechnungen des Wärmedienstleisters, aus denen sich der "Abrechnungsmodus" ergeben habe.
  4. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K verklagt nunmehr die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer B, an sie – ausgehend von den von K behaupteten Flächen – 24.488,59 EUR nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer B erhebt die Einrede der Verjährung. Ferner wendet sie ein, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K habe durch die jeweiligen Abrechnungen Kenntnis von der Abrechnungspraxis gehabt. Soweit ihr Verwalter auf die Einrede der Verjährung verzichtet habe, sei er dazu ohne Beschluss nicht befugt gewesen. Ferner gibt B zu bedenken, dass die Rechte und Pflichten aus der Grunddienstbarkeit den einzelnen Wohnungseigentümern zustünden. Sie erklärt sich zu den von K ermittelten beheizbaren Flächen mit Nichtwissen. Ferner ist sie der Ansicht, in der jahrelangen Abrechnung nach einem Schlüssel von 40/60 liege eine konkludente Vereinbarung.
 

Die Entscheidung

Das Landgericht (LG) weist die Klage als unbegründet ab. K stehe der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ein Anspruch ergebe sich weder aus § 1027, § 280, § 823 BGB noch aus § 812 BGB.

  1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K sei bereits nicht die Berechtigte der Grunddienstbarkeit. Eine Grunddienstbarkeit stehe nach § 1018 BGB dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks zu, bei Aufteilung dieses Grundstücks in Miteigentumsanteile nach § 8 WEG den Miteigentümern in Gemeinschaft (Hinweis auf BayObLG v. 10.5.1990, BReg. 2 Z 33/90, NJW-RR 1990 S. 1043). Für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen werde – anders als für Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche – zwar eine "geborene Ausübungsbefugnis des Verbandes" gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG angenommen. Allerdings begründe diese lediglich die Prozessführungsbefugnis zur Geltendmachung der bei den einzelnen Wohnungseigentümern eingetretenen Schäden und nicht ein eigenes Forderungsrecht des Verbandes. Eine Abgrenzung der den jeweiligen Wohnungseigentümern entstandenen Schäden enthalte die Klage aber nicht.
  2. Darüber hinaus bestünden Zweifel an der Möglichkeit, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer B zu verklagen. Insoweit sei entschieden, dass jedenfalls die Primärpflicht – nämlich: die Zurverfügungstellung von Heizenergie aus einer Reallast – nicht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, sondern die einzelnen Wohnungseigentümer treffe (Hinweis auf OLG Karlsruhe v. 2.11.2017, 13 U 75/17). Dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Abweichung hiervon für eine Verletzung der sich aus dem der Reallast zugrunde liegenden Vertrag ergebenden Pflich...

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