Leitsatz

Grundbuchrechtlicher Nachweis der Verwalterzustimmung zur Veräußerung von Wohnungseigentum entfällt bei erfolgreicher Anfechtung der Verwalterbestellung

 

Normenkette

§§ 12, 24 Abs. 6, 26, 46 WEG; § 32 FGG; § 29 GBO

 

Kommentar

  1. Im vorliegenden Fall hatte die gemäß §§ 78, 80 GBO zulässige weitere Beschwerde in der Sache keinen Erfolg, da das Landgericht den Antrag auf Eigentumsumschreibung jedenfalls im Ergebnis zu Recht wegen Fehlens der nach § 12 Abs. 1 WEGerforderlichen Zustimmung des Verwalters zur Veräußerung zurückgewiesen hatte.
  2. Der nach § 29 Abs. 1 GBO erforderliche Nachweis der Verwaltereigenschaft war hier nicht erbracht. § 26 Abs. 3 WEG n.F. ermöglicht einen solchen Nachweis durch Vorlage der nach § 24 Abs. 6 WEG abgefassten und beglaubigten Niederschrift über die Bestellung des Verwalters durch Beschluss der Gemeinschaft. Der Bestellungsbeschluss lag zwar vor, wurde allerdings durch Gerichtsbeschluss des Amtsgerichts zuvor für ungültig erklärt. Eine solche Ungültigerklärung des Bestellungsbeschlusses bewirkt, dass der Beschluss von Anfang an nichtig und wirkungslos ist (sog. ex tunc-Wirkung). Ein Verwalter verliert daher mit rückwirkender Kraft seine Verwalterstellung (vgl. BGH, ZfIR 1997, S. 284; BayObLG, NJW-RR 1988, S. 270). Die Zustimmung eines durch nichtigen Beschluss bestellten Verwalters ist damit unwirksam (BayObLGZ 1980, S. 331; BGHZ 107, S. 268). Wurde demgegenüber ein Verwalter durch Gerichtsbeschluss bestellt, bleiben seine Rechtshandlungen gemäß § 32 FGG wirksam (BayObLG, NJW-RR 1992, S. 787). Darüber hinaus ist § 32 FGG analog auf einen von der Verwalterbestellung zu unterscheidenden Verwaltervertrag anwendbar, sodass verwaltervertragliches Handeln selbst bei späterer Ungültigerklärung des Bestellungsbeschlusses nicht als vollmachtlos anzusehen ist; Rechtshandlungen des Verwalters im Rahmen der laufenden Verwaltung oder in Ausführung von Eigentümerbeschlüssen bleiben damit gültig (vgl. auch KG, NJW-RR 1990, S. 153; BGH, Rechtspfleger 2007, S. 600; OLG-Report Köln 2002, S. 53). Andernfalls wäre eine Gemeinschaft bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Anfechtungsverfahrens praktisch handlungsunfähig. Abgesehen von diesen Fällen erscheint es jedoch nicht geboten, Rechtshandlungen des Verwalters, der durch einen mangelhaften Beschluss der Eigentümerversammlung bestellt wurde, in analoger Anwendung des § 32 FGG allgemein auch bei späterer Aufhebung des Beschlusses als wirksam anzusehen (so jedoch Bärmann/Merle, WEG, 10. Aufl., § 23 Rn. 193; Gruber, NZM 2000, S. 263/269; Bassenge/Roth, FGG, 11. Aufl., § 32 Rn. 5). Sonst würde der in einer Beschlussanfechtung liegende Schutz der Wohnungseigentümer unterlaufen. Mit der ganz überwiegenden Meinung ist dem Schutzbedürfnis des Rechtsverkehrs in derartigen Fällen vielmehr dadurch Rechnung zu tragen, dass die Wohnungseigentümer die vom Verwalter in ihrem Namen vorgenommenen Rechtsgeschäfte nach Grundsätzen einer Anscheinsvollmacht oder Duldungsvollmacht gegen sich gelten lassen müssen.
  3. Diese Grundsätze gelten jedoch nicht für eine Verwalterzustimmung nach § 12 WEG, da die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht keine Anwendung auf Grundbucherklärungen finden können (BayObLGZ 1980, S. 331, 340; Weitnauer/Lüke und Staudinger/Bub). Aus diesem Grund führt die Rückwirkung der rechtskräftigen Ungültigerklärung einer Verwalterbestellung auch dazu, dass die Verwalterzustimmung zur Veräußerung einer Eigentumswohnung rückwirkend entfällt (BayObLG, ZMR 1981, S. 249).
  4. Da der Antrag auf Eigentumsumschreibung mangels Nachweises der Verwalterzustimmung nicht begründet ist, ist auch der mit ihm verbundene Antrag auf Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung zurückzuweisen.
Anmerkung

Dieses Entscheidungsergebnis kann aus Sicht eines veräußerungswilligen und eine Verwalterzustimmung benötigenden Veräußerers sicher nicht befriedigen. Auch angefochtene Verwalterbestellungsbeschlüsse sind bis zur rechtskräftigen Feststellung der Ungültigkeit des Beschlusses gültig. Hat der beschlussbestellte Verwalter deshalb als (noch) bestellter Verwalter rechtsgeschäftlich eine Verwalterzustimmung zur Veräußerung erteilt, kann und sollte diese nicht mit nachfolgender Ungültigkeit seiner Bestellung wegfallen. Jedes andere Ergebnis würde einen Veräußerer im Vollzug seiner Veräußerung in große rechtliche Schwierigkeiten bringen und zu Verzögerungen seiner Wohnungsveräußerung führen. Es muss deshalb eine auch in grundbuchrechtlicher Hinsicht akzeptable Lösung gefunden werden, dass Handlungen auch eines "Schein- oder Pseudoverwalters" gültig bleiben, wenn – nachträglich – eine Verwalterstellung zu Recht in Abrede gestellt wird/wurde. Wenn nachträglich eine Verwalterzustimmung zur Veräußerung rückwirkend entfallen soll, dann könnte nach Vollzug eines Veräußerungsgeschäfts sogar das Grundbuch unrichtig werden; dies ist ein in der Praxis sicher nicht zu vertretendes Ergebnis, insbesondere aus Sicht eines schutzbedürftigen Veräußerers.

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Beschluss...

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