Hypothetischer Veräußerungserlös

Die Bewertung des Grundbesitzes richtet sich grundsätzlich nach dessen Verkehrswert. Gemeint ist damit der Veräußerungserlös, der realistischerweise bei Ausnutzung aller Möglichkeiten auf dem Grundstücksmarkt erzielt werden kann. Jedoch kommen für die Wertermittlung je nach Art des Grundbesitzes verschiedene Berechnungsverfahren in Betracht.[1]

Grundsätzlich kann insoweit auf die Immobilienwertermittlungsverordnung[2] zurückgegriffen werden. In Betracht kommen danach für die Bewertung 3unterschiedliche Verfahren: das Vergleichswertverfahren mit den Kaufpreisen vergleichbarer Grundstücke als Maßstab, das Ertragswertverfahren mit seiner Orientierung an den marktüblich erzielbaren Erträgen und das Sachwertverfahren, das auf den Sachwert (Gebäude, bauliche Anlagen u. a.) und Bodenwert des Grundstücks abstellt.

Die Auswahl des Verfahrens steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts.[3] Umstritten ist, inwieweit Ertragsteuern bei der Bewertung von Grundbesitz zu berücksichtigen sind.[4]

Auswahl des Bewertungsverfahrens

Die Bewertung des reinen Grundstücks erfolgt meist nach dem Vergleichswertverfahren, das sich an den Kaufpreisen geeigneter Vergleichsgrundstücke orientiert. Handelt es sich um Renditeobjekte, kann der Wert nach dem Ertragswertverfahren unter Berücksichtigung des nachhaltig erzielbaren jährlichen Reinerlöses ermittelt werden.[5] Bei eigengenutzten Häusern bietet sich das Sachwertverfahren auf der Grundlage der gewöhnlichen Herstellungskosten je Kubikmeter an.[6]

Bei gemischter Nutzung sind die Bewertungsmethoden den Nutzungsanteilen entsprechend zu kombinieren.

Der Bewertung einer Eigentumswohnung kann die Vergleichswertmethode zugrunde gelegt werden; dies gilt grundsätzlich auch für vermietetes Eigentum.[7] Besonderheiten gelten bei der Bewertung von Miteigentumsanteilen an einem mit Wohn- und Wohnnutzungsrechten belasteten Grundstück.[8]

 
Hinweis

Abzug latenter Steuern

Im Rahmen der stichtagsbezogenen Bewertung des Vermögens im Zugewinnausgleich ist der Wert eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung um die Steuerbelastung bei fiktiver Veräußerung zum Stichtag zu kürzen. Diese latente Steuerlast ist ungeachtet einer bestehenden Veräußerungsabsicht als Konsequenz der Bewertungsmethode wertmindernd in Ansatz zu bringen.[9]

Sonderfall: Landwirtschaft

Eine bestimmte Berechnungsart schreibt das Gesetz lediglich für land- und forstwirtschaftliche Betriebe vor, die sowohl beim Anfangs- als auch beim Endvermögen zu berücksichtigen sind. Der Betrieb ist grundsätzlich mit dem Ertragswert anzusetzen.[10]

Die Wertermittlung ist allerdings kompliziert und oft langwierig, weil neben der Bestimmung des Ertragswerts immer auch der Verkehrswert als Vergleichsmaßstab bestimmt werden muss: Lasten auf dem Betrieb Fremdverbindlichkeiten, ist bei der Ermittlung des Ertragswerts nur die hierauf entfallende Zinsbelastung zu berücksichtigen. Der Nominalwert der Fremdverbindlichkeiten ist allerdings bei der Verkehrswertmethode in Abzug zu bringen, die regelmäßig im Rahmen des § 1376 Abs. 4 BGB zur Kontrolle des Ergebnisses durchzuführen ist. Sollte der sich hieraus ergebende Wert unter dem Ertragswert liegen, so ist im Wege der teleologischen Reduktion des § 1376 Abs. 4 BGB der niedrigere Verkehrswert in Ansatz zu bringen.[11]

[1] Vgl. dazu BGH, Urteil v. 1.4.1992, XII ZR 146/91, NJW-RR 1992 S. 899 = FamRZ 1992 S. 918.
[2] Dazu Gr. 17 S. 603 ff.
[3] BGH, Urteil v. 2.7.2004, V ZR 213/03, NJW 2004 S. 2671.
[4] Hierzu Koch in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2019, § 1376 Rn. 12; Obermann, NZFam 2019, S. 206, 208 m. w. N.
[5] OLG Frankfurt/M., Urteil v. 10.3.1980, 1 UF 246/79, FamRZ 1980 S. 576; dies soll auch für Hotels gelten, vgl. LG Kempten, Beschluss v. 4.5.1998, 4 T 19/98, Rpfleger 1998 S. 358, 359, a. A. LG Mönchengladbach, Beschluss v. 10.2.2003, 5 T 364/02, Rpfleger 2003 S. 379: Sachwertverfahren.
[6] Dazu OLG Celle, Urteil v. 16.7.1981, 12 UF 44/81, FamRZ 1981 S. 1066, 1068.
[7] BGH, Urteil v. 2.7.2004, V ZR 213/03, NJW 2004 S. 2671.
[8] Dazu BGH, Urteil v. 15.10.2003, XII ZR 23/01, NJW 2004 S. 1321= FamRZ 2004 S. 527 mit Anm. Koch.

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