6.2.1 Bilaterales Abkommen

Deutsch-französische Freundschaft

Auch in den Ländern der Europäischen Union (EU) ist das Eherecht national sehr unterschiedlich ausgestaltet. Daher wollen einige Länder zunächst bilateral vorgehen. Deutschland und Frankreich gehen dabei voran: Ein neuer deutsch-französischer Wahlgüterstand macht den ersten Schritt. Am 4.2.2010 wurde ein Abkommen über den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft (WZGA) unterzeichnet, das inzwischen ratifiziert und seit dem 1.5.2013 in Kraft ist.[1] Gleichzeitig wurde der Inhalt des Abkommens über die Verweisungsnorm des neuen § 1519 BGB[2] Teil des deutschen Familienrechts.

Der deutsch-französische Wahlgüterstand steht offen:

  • deutschen Ehepaaren mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland, Frankreich oder einem Drittstaat, dessen IPR für das Güterrecht an die Staatsangehörigkeit anknüpft,
  • französischen Ehepaaren mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland, Frankreich oder einem Drittstaat, dessen IPR für das Güterrecht an die Staatsangehörigkeit anknüpft,
  • deutsch-französischen Ehepaaren mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland, Frankreich oder einem Drittstaat, dessen IPR für das Güterrecht an die Staatsangehörigkeit anknüpft,

    sowie

  • Ehegatten eines Nichtvertragsstaates mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland oder Frankreich.

Unter gleichen Voraussetzungen können auch eingetragene Lebenspartner den neuen Wahlgüterstand wählen.[3] Andere EU-Staaten haben die Möglichkeit, dem Abkommen beizutreten.[4]

[1] Die Texte des Ratifizierungsgesetzes v. 15.3.2012 und des zweisprachigen Abkommens sind veröffentlicht im BGBl 2012 II, S. 178.
[2] "Vereinbaren die Ehegatten durch Ehevertrag den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft, so gelten die Vorschriften des Abkommens vom 4. Februar 2010 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft. § 1368 gilt entsprechend. § 1412 ist nicht anzuwenden".
[4] Jünemann, ZEV 2013, S. 353; ferner Meyer, FamRZ 2010, S. 612; Jäger, DNotZ 2010, S. 804.

6.2.2 Inhaltliche Regelung

Modifizierte Zugewinngemeinschaft

Inhaltlich orientiert sich der Wahlgüterstand an der Zugewinngemeinschaft, dem gesetzlichen Güterstand in Deutschland. Dabei bleiben die Vermögen der Ehegatten während der Ehe getrennt. Nur bei Ende des Güterstands wird der erwirtschaftete Zugewinn ausgeglichen. Trotz der Anlehnung an die Zugewinngemeinschaft gibt es beim Wahlgüterstand eine Reihe französisch geprägter Besonderheiten. So wird etwa Schmerzensgeld dem Anfangsvermögen zugerechnet. Zufällige Wertsteigerungen von Immobilien (z. B. durch Erklärung zu Bauland) werden im Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt.[1] Ferner bestehen keine § 1365 BGB entsprechende Verfügungsbeschränkungen; jedoch sind Rechtsgeschäfte über Haushaltsgegenstände oder über Rechte, durch die die Familienwohnung sichergestellt wird, ohne Zustimmung des anderen Ehegatten unwirksam.[2] Überdies fehlt dem Wahlgüterstand die erbrechtliche Wirkung.[3]

[1] Vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, § 1519 Rn. 1; Kohlenberg in Scholz/Kleffmann, Praxishandbuch Familienrecht, April 2020, Teil B Eheliches Güterrecht Rn. 191.
[2] Zu weiteren Einzelheiten Keller/von Schrenk, JA 2014, S. 87; Jünemann, ZEV 2013, S. 353.
[3]

Hierzu oben Abschn. 4.2.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge