Ausgleich des Zugewinns

Im Fall der Beendigung des Güterstands ist grundsätzlich der Zugewinn auszugleichen. Die Form des Ausgleichs hängt zunächst davon ab, aus welchem Grund die Zugewinngemeinschaft endete. Es ist zu unterscheiden zwischen der Beendigung durch den Tod eines Ehegatten[1] und der Beendigung auf andere Art und Weise[2], insbesondere Scheidung. Stirbt ein Ehegatte während des Scheidungsverfahrens und wird das Verfahren gegen dessen Erben mit dem Ziel des güterrechtlichen Zugewinnausgleichs fortgeführt, so ist nicht auf den Zeitpunkt des Todes, sondern den der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags[3] abzustellen.[4]

3 Möglichkeiten

Wird der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet, erfolgt der Zugewinnausgleich über die sog. erbrechtliche oder die sog. güterrechtliche Lösung.[5] Welcher Weg beschritten werden muss oder kann, hängt vor allem von der Erbenstellung des überlebenden Ehegatten ab.[6]

3 Fallkonstellationen

Es sind 3 Fallkonstellationen zu unterscheiden:

Fall 1: Der Ehegatte ist gesetzlicher Erbe:[7]

Der Ausgleich wird dadurch vorgenommen, dass sich sein gesetzlicher Erbteil am Nachlass des Verstorbenen pauschal um ¼ erhöht.[8] Ob der Verstorbene tatsächlich einen Zugewinn erzielt hat, ist unbeachtlich. Mit dieser Pauschalregelung sollen Komplikationen des rechnerischen Zugewinnausgleichs vermieden werden. Der überlebende Ehegatte soll sich nach dem Tode seines Partners nicht mit den (Mit-)Erben – meist sind das die gemeinschaftlichen Kinder (§§ 1924, 1931) – wegen des ihm zustehenden Zugewinns auseinandersetzen müssen.[9]

Allerdings erfordert das Steuerrecht die konkrete Berechnung des Zugewinns, die der erbrechtliche Pauschalausgleich gerade vermeiden will. Nicht das zusätzliche Viertel als solches nämlich ist erbschaftsteuerfrei, sondern nur der Betrag der hypothetischen Ausgleichsforderung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 ErbStG).[10]

 
Hinweis

Güterrechtlicher Zweck

§ 1371 Abs. 1 BGB hat eine güterrechtliche Funktion, auch wenn der Normzweck mit Mitteln des Erbrechts verwirklicht wird. Allerdings ist nach Meinung des EuGH[11] der dem Ehegatten als Zugewinnausgleich zufallenden Anteil am Nachlass in das Europäische Nachlasszeugnis (Art. 62 ff. EuErbVO) aufzunehmen.

Fall 2: Der Ehegatte ist testamentarischer Erbe oder Vermächtnisnehmer:

Es findet überhaupt kein Zugewinnausgleich statt, weil der überlebende Ehegatte im Regelfall hinreichend bedacht ist.

Fall 3: Der Ehegatte ist weder Erbe noch Vermächtnisnehmer oder schlägt die Erbschaft (das Vermächtnis) aus: Der Ehegatte kann zum einen den Zugewinnausgleich nach güterrechtlichen Regeln[12] verlangen wie im Fall der Scheidung. Zum anderen kann er gemäß § 1371 Abs. 3 BGB i. V. m. § 2303 Abs. 2 BGB seinen sogenannten "kleinen" Pflichtteil verlangen.[13]

[4] BGH, Urteil v. 15.10.2003, XII ZR 23/01, NJW 2004 S. 1321 = FamRZ 2004 S. 527 mit Anm. Koch.
[6] Zu Scheidung und Ehegattenerbrecht vgl. eingehend Becker, JA 2019, S. 94; Horn, NZFam 2016, S. 539; Lorenz/Eichhorn, JuS 2015, S. 781, 783.
[8] § 1371 Abs. 1 i. V. m. § 1931 Abs. 3BGB.
[9] MüKommBGB/Koch, 8. Aufl. 2019, § 1371 Rn. 2.
[10] Koch, a. a. O., Rn. 8.
[11] EuGH, Urteil v. 1.3.2018, C-558/16, NJW 2018 S. 1377.
[13] Vgl. Klinger/Mohr, NJW-Spezial 2006, S. 205.

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