Neue Rechtsprechung

Unter welchen Voraussetzungen können Schwiegereltern ihre Zuwendungen nach dem Scheitern der Ehe zurückfordern? Diese Frage beschäftigt immer wieder die Gerichte. Hier hat sich in den vergangenen Jahren ein Wandel in der Rechtsprechung vollzogen: Wenn Schwiegereltern dem Ehepartner ihres Kindes mit Rücksicht auf dessen Ehe mit ihrem Kind und zur Begünstigung des ehelichen Zusammenlebens Vermögensgegenstände zuwandten, wurden hierin – ähnlich wie unter Eheleuten – "unbenannte Zuwendungen" gesehen. Nunmehr sind derartige schwiegerelterliche Leistungen als Schenkung[1] zu qualifizieren.[2]

 
Hinweis

Vorteile

Im Ergebnis hat sich damit die Anspruchslage der Schwiegereltern bzgl. des möglichen Rückgewähranspruchs in zweifacher Hinsicht verbessert: Zum einen stehen ihnen nun, sofern eine der Voraussetzungen der §§ 527 ff. BGB vorliegt, auch Rückgewähransprüche aus Schenkungsrecht zu Gebote. Zum anderen kann ihnen der mögliche Rückgewähranspruch aus § 313 BGB nicht mehr mit dem Hinweis auf ein güterrechtliches Profitieren des eigenen Kindes aus der Hand geschlagen werden.[3]

Der BGH[4] hat darüber hinaus weitere Klarstellungen vorgenommen:

  • Grundsätze

    Schwiegerelterliche Zuwendungen erfüllen auch dann alle tatbestandlichen Voraussetzungen des § 516 Abs. 1 BGB, wenn sie um der Ehe des eigenen Kindes willen erfolgen, und sind somit als Schenkung zu werten. Hierauf sind die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage[5] anwendbar.

  • Der Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern wird nicht dadurch gehindert, dass die Schenkung an das Schwiegerkind über den Zugewinnausgleich teilweise auch dem eigenen Kind zugute kommen könnte.
  • Bei schwiegerelterlichen Zuwendungen können auch Ansprüche nach Bereicherungsrecht wegen Zweckverfehlung[6] in Betracht kommen. Die praktische Bedeutung ist aber recht gering, weil an den Beweis der Zweckvereinbarung hohe Anforderungen zu stellen sind.[7]

Zweckerreichung

Der bei einer schwiegerelterlichen Schenkung verfolgte Zweck, die Ehe des eigenen Kindes aufrecht zu erhalten, mag bei Schenkungen, deren Wert im unteren bis mittleren Bereich liegt, in der Regel nach 20 Jahren erreicht sein. Dies soll auch für den Zweck von Arbeitsleistungen für den Hausbau der Kinder (Kooperationsvertrag) gelten.[8]

Dagegen lässt sich – insbesondere bei Immobilien – ohne konkrete Anhaltspunkte keine allgemeine zeitliche Grenze angeben, mit der die vorgestellte Nutzungsdauer abgelaufen ist. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, die Nutzung der angeschafften Immobilie sei ohne Weiteres schon dann als hinreichend zu betrachten, wenn eine Ehedauer von 20 Jahren erreicht ist oder wenn die Enkel volljährig geworden sind. Die Orientierung an der für die Schenkungsrückforderung geltenden Frist von 10 Jahren (§§ 528, 529 BGB) sei erst recht nicht gerechtfertigt.[9]

Jedenfalls ist bei der Bemessung der Höhe des Anspruchs ein Abschlag wegen teilweiser Zweckerreichung vorzunehmen. Dieser bemisst sich nach der sog. Eheerwartung des Schenkers. Angesichts der auf Lebenszeit eingegangenen Ehe wird sich diese Erwartung regelmäßig an der statistischen Lebenserwartung der Ehepartner im Zeitpunkt der Zuwendung orientieren. Die Zeit zwischen Schenkung und Trennung steht fest. Die Zeit zwischen Trennung und fiktivem Ehezeitende aber wird auf den mutmaßlichen Todeszeitpunkt des zuerst versterbenden Ehegatten festgelegt, zu ermitteln anhand der Sterbetafeln.[10]

 
Hinweis

Unterschiedliche BGH-Rechtsprechung

Nach einer Entscheidung des X. Zivilsenats des BGH, des "Schenkungsrechtssenats",[11]

die den Ausgleich nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft betrifft, kann nicht davon ausgegangen werden, die Schenkung sei in der Erwartung des dauerhaften Bestands der Beziehung erfolgt und dieser sei Geschäftsgrundlage geworden. Eine solche Annahme entspreche bei einer Schwiegerelternschenkung nicht der Lebenserfahrung, erst recht nicht im Fall einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.[12]

[3] Wever, FamRZ 2016, S. 857, 859.
[4] BGH, Urteil v. 21.7.2010, XII ZR 180/09, NJW 2010 S. 2884, dazu Schmitz, FamFR 2010, S. 448; ferner Heiß/Lan, NZFam 2017, S. 446.
[7] Herr, NZFam 2014, S. 318, 320.
[10] OLG Bremen, Beschluss v. 17.8.2015, 4 UF 52/15, NJW 2016 S. 83, dazu eingehend Herr, NZFam 2015 S. 963; derselbe, FF 2020, S. 186, 189 ff.
[11] BGH, Urteil v. 18.6.2019, X ZR 107/16, FamRZ 2019 S. 1595 m. Anm. Wever = NJW 2019 S. 3511, dazu Herr, FF 2020, S. 186, 188.

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