Normenkette

Art.5 Abs.1 Satz 1 GG, Art. 14 GG; § 14 Nr.1 WEG, § 22 Abs.1 WEG

 

Kommentar

1. Eine Eigentumswohnung im Erdgeschoss gehört griechischen Staatsangehörigen; das Haus ist an das Breitbandkabelnetz angeschlossen, in das ein kostenpflichtiges Fremdsprachenpaket mit u.a. einem griechisch-sprachigen Programm (ERT SAT) eingespeist wird, welches über eine sog. SET/TOP/Box und eine kostenpflichtige Smart/Card empfangen werden kann.

In der Teilungserklärung der Gemeinschaft war vereinbart, dass die Anbringung privater Antennenanlagen am Gemeinschaftseigentum für Fernsehen, Amateurfunk und Rundfunk nicht zulässig sei; in der Hausordnung war bestimmt, dass Außenantennen außerhalb der Wohnung ebenfalls nicht zulässig seien.

Ein Antrag der griechischen Eigentümer, zu gestatten, auf dem Dach des Hauses eine Parabolantenne mit Kabelführung durch die Versorgungsschächte zu installieren, wurde von der Gemeinschaft mehrheitlich abgelehnt, nachdem die griechischen Eigentümer darauf hingewiesen hatten, dass sie durch Aufstellen einer mobilen Satellitenanlage auf ihrer Terrasse einen griechischen Sender nicht empfangen könnten. Die griechischen Antragsteller fochten diesen Beschluss an und stellten weiterhin Verpflichtungsantrag, der Errichtung einer Satellitenempfangsanlage auf dem Dach zuzustimmen und diese zu dulden.

AG und LG wiesen die Anträge zurück; der Senat verwies die Sache an das LG zurück.

2. Nach den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts (NJW 1995, 1665; NJW 1994, 1147) und diverser Oberlandesgerichte (vgl. u.a. BayObLG Z 1991, 296; OLG Düsseldorf, NJW 1993, 1274; OLG Hamm, NJW 1993, 1276) sind bei der Nachteilswertung solcher baulichen Veränderungen die gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, wobei das Grundrecht auf Informationsfreiheit ( Art. 5 Abs.1 Satz 1 GG) und das insoweit geschützte Interesse an umfassender Information in Deutschland lebender Ausländer mit den durch Art. 14 GG geschützten Interessen der übrigen Eigentümer gegeneinander abzuwägen sind, ohne dass eines der beiden Grundrechte von- vorneherein vorrangig anzusehen sei.

Ob im vorliegenden Fall der optische Gesamteindruck der Wohnanlage im konkreten Fall als nicht duldungspflichtig nachteilig verändert angesehen werden müsse, ist aus den bisherigen Feststellungen der Vorinstanzen nicht zu beurteilen. Der hier beabsichtigte "Eingriff" in die Bausubstanz und auch die Frage nachteiliger Veränderung des optischen Gesamtbildes der Wohnanlage muss hinsichtlich seiner Beeinträchtigungswirkungen noch näher untersucht und festgestellt werden. Es ist auch noch aufklärungsbedürftig, an welcher Stelle des Dachs die Anlage angebracht werden soll und wie weit die Bausubstanz des Dachs durch die Befestigung der Schüssel beeinträchtigt wird und wie die Kabelführung zur Wohnung der Antragsteller verlaufen soll.

3. Ein Wohnungseigentümer ist im übrigen trotz Kenntnis des Inhalts der Teilungserklärung bei Erwerb seines Wohnungseigentums nicht gehindert, die übrigen Eigentümer auf Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung in Anspruch zu nehmen, wenn diese Teilungserklärung in hohem Maße ungerechte Bestimmungen enthält (damit u.U. auch verfassungskräftig verbürgte Rechte beeinträchtigt sind).

4. Wert des Beschwerdegegenstands DM 5.000,--

 

Link zur Entscheidung

( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.12.2000, 3 Wx 265/00)

Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Diese Entscheidung erscheint mir sehr liberal im Hinblick auf die hier getroffenen Vereinbarungen in der Gemeinschaft, welche - ganz generell - das Anbringen privater Antennenanlagen bzw. Außenantennen grundsätzlich verbieten. Einer solchen Vereinbarung, die das Gericht jedenfalls nicht ausdrücklich im Rahmen einer Inhaltskontrolle beanstandet hat, müsste m.E. stets Rechnung getragen werden auch im Hinblick verfassungskräftig verbürgter Rechte im Sinne positiver wie negativer Informationsrechte, aber auch der Eigentumsschutzrechte, die jeweils gleichrangig einander gegenüberstehen und grds. einer Abwägung bedürfen. Sicher ist es im konkreten Fall auch noch aufklärungsbedürftig, ob über den vorhandenen Kabelanschluss inzwischen mehrere griechische Programme empfangen werden können und ob es sich dabei um Programme griechischer Sender oder lediglich in Deutschland produzierte Programme in griechischer Sprache handelt. Die Rechtslage zu Nachteilswirkungen (Kabelführung über Versorgungsschacht?) scheint hier nach wie vor unsicher und sehr einzelfallbezogen.

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