Rz. 22

Vgl. § 888 Rz. 10 ff. Den Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln  kann nur der Gläubiger stellen (BGH, NJW-RR 2018, 960 = DGVZ 2018, 233 = JurBüro 2018, 603 = MMR 2019, 109). Hierfür sprechen Sinn und Zweck der Zwangsvollstreckung. Diese soll dem Gläubiger die Durchsetzung seines titulierten Anspruchs ermöglichen. Infolgedessen entscheidet allein der Gläubiger über die Einleitung der Zwangsvollstreckung und deren Durchführung.Anwaltszwang besteht gem. § 78 ZPO (OLG Frankfurt am Main, MDR 1989, 459). Das gilt auch dann, wenn es sich bei dem Titel, aus dem vollstreckt wird, um eine ohne vorherige mündliche Verhandlung ergangene EV handelt (OLG München, MDR 1984, 592; OLG Köln, MDR 1973, 58).

Hinsichtlich der Zuständigkeit gelten dieselben Grundsätze wie bei den §§ 887, 888 ZPO (vgl. § 887 Rz. 12). Prozessgericht des ersten Rechtszugs für die Ordnungsmittelandrohung wegen Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung aus einer vor einem deutschen Notar errichteten vollstreckbaren Urkunde ist nur das sachlich zuständige Gericht, in dessen Bezirk der Notar seinen Sitz hat (OLG Köln, WRP 2014, 746; a. A. LG Paderborn, WRP 2014, 117: Prozessgericht, das für die Geltendmachung des zugrundeliegenden Unterlassungsanspruchs zuständig wäre, bei einem Streitwert von 25.000 EUR somit das LG). Über eine Ordnungsgeldfestsetzung aufgrund eines Unterlassungstitels im Landwirtschaftsverfahren hat das Landwirtschaftsgericht als Prozessgericht unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter zu entscheiden (OLG Saarbrücken, Beschluss v. 29.10.2013, 4 W Lw 31/13 – Juris; OLG Brandenburg, OLGR Brandenburg 2006, 226). Ein vom Strafgericht erlassener Ordnungsmittelbeschluss über die Androhung von Ordnungsgeld aufgrund eines im Adhäsionsverfahren geschlossenen Vergleichs ist verfahrensfehlerhaft, da das Strafgericht für die Androhung von Ordnungsmitteln gemäß § 890 ZPO nicht zuständig ist. Vielmehr ist dies gemäß § 406b Satz 2 StPO das Prozessgericht der ersten Instanz, an welchem das Strafgericht des ersten Rechtszugs seinen Sitz hat (LG Osnabrück, StRR 2019, Nr 1, 3 m. w. N.).

 

Rz. 23

Für die Vollstreckung von vor dem 1.9.2009 ergangenen Entscheidungen in Familiensachen nach Inkrafttreten des FamFG gilt, dass das für die Vollstreckung zur Erzwingung von Duldungen oder Unterlassungen nach den § 95 Absatz 1 Nr. 4 FamFG, Abs. 1 Satz 1 ausschließlich zuständige Prozessgericht des ersten Rechtszugs das Zivilgericht ist, in dem der Vollstreckungstitel geschaffen wurde (BGH, FamRZ 1980, 47), wenn im Zeitpunkt der Beschlussfassung im Erkenntnisverfahren eine Zivilsache entschieden worden ist. Darauf, ob es sich bei dem Vollstreckungsverfahren nach der Überleitungsvorschrift des Art. 111 Absatz 1 Satz 1 FGG-RG um eine Familiensache handelt, weil der Gegenstand des Erkenntnisverfahrens nach dem Inkrafttreten des Familienverfahrensgesetzes eine Familiensache wäre und das Vollstreckungsverfahren nach dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist, kommt es nicht an (OLG Hamm, FPR 2010, 100). Die Zuständigkeitsbestimmung in Abs. 1 Satz 1 folgt – wie alle Regeln zur Bestimmung der Zuständigkeit – dem Prinzip der Rechtsklarheit. Diesem Prinzip würde es widersprechen, wenn in jedem Einzelfall rückblickend (fiktiv) geprüft werden müsste, ob zwischen der Entscheidung im Erkenntnisverfahren und der Einleitung des Vollstreckungsverfahrens Veränderungen im Hinblick auf die Zuständigkeit des Gerichts im Erkenntnisverfahren eingetreten sind. Darüber hinaus würde die Berücksichtigung des Wechsels der Zuständigkeiten zwischen dem Erkenntnis- und dem Vollstreckungsverfahren dem gesetzlich angeordneten Gleichlauf der Entscheidungszuständigkeiten in beiden Verfahren widersprechen. Dadurch könnte der mit dem Gleichlauf verfolgte Zweck, durch eine häufigere und intensivere Befassung mit der Sache durch das Prozessgericht im Erkenntnisverfahren eine Qualitätssteigerung der Entscheidungen in dem nachfolgenden Vollstreckungsverfahren herbeizuführen, nicht erreicht werden.

 

Rz. 24

Das Verfahren zur Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen ist kontradiktorisch angelegt, weil dem Schuldner vor der Entscheidung rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG; § 891 Satz 2 ZPO) zu gewähren ist (OLG Koblenz, Beschluss v. 18.1.2011, 6 W 754/10 – Juris; OLG Celle, InVo 2001, 386). Liegt ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor, begründet dies einen wesentlichen Mangel des Abhilfeverfahrens, der zur Aufhebung des Nichtabhilfeschlusses führen kann (vgl. u. a. OLG Saarbrücken, OLGR 2006, 600). Eine Verletzung des Grundrechts liegt vor, wenn im Einzelfall deutlich wird, dass Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfG ZMR 1998, 268 = FamRZ 1998, 606 = WuM 1998, 206 = Grundeigentum 1998, 853). Von einer Gehörsverletzung ist daher auszugehen, wenn das Gericht bei der gebotenen Kenntnisnahme und Würdigung von Rechtsausführungen einer Partei einen Ordnungsmittelantrag nicht mit der gegeben...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge