Rz. 25

Die Ordnungsmittel haben neben ihrer Funktion als zivilrechtliche Beugemaßnahme zur Vermeidung künftiger Zuwiderhandlungen auch einen repressiven, strafähnlichen Sanktionscharakter (BVerfG, ZInsO 2017, 1795 = NJW-RR 2017, 957 = ZIP 2017, 1926 = NJW 2017, 3648; BGH, GRUR 1994, 146 = WRP 1994, 37 = DB 1993, 2584 = NJW 1994, 45 = WM 1994, 114 = LM BGB § 339 Nr 38 (3/1994) = WiB 1994, 159 = MDR 1994, 788; BVerfGE 58, 159 = WM 1981, 951  = NJW 1981, 2457; KG Berlin Magazindienst 2019, 581; vgl. auch Rz. 1). Dieser erfordert es, die Bemessung jedenfalls in erster Linie und hauptsächlich im Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten vorzunehmen; maßgeblich ist danach v.a. der Unwertgehalt der Verletzungshandlung, d. h. die Gefährlichkeit ihrer Folgen für den Gläubiger, bes. auch der Grad des Verschuldens des Zuwiderhandelnden. Daneben soll die Bemessung bewirken, dass – wiederum aus der Schuldnersicht – die Titelverletzung wirtschaftlich nicht lohnend erscheint, sodass weitere Zuwiderhandlungen auch deshalb unterbleiben (OLG Köln, WRP 1987, 569; Köhler, WRP 1993, 666). Ordnungsmittel sind daher im Hinblick auf ihren Zweck zu bemessen.

 

Rz. 26

Ein Zwangsgeld dient ausschließlich der Erzwingung der Befolgung gerichtlicher Verfügungen. Es ist keine Strafe oder Buße für begangene Pflichtverletzungen, sondern hat lediglich den Zweck, zukunftsbezogen den Willen des Verpflichteten zu beugen (OLG Brandenburg, 16.10.2008, 10 WF 165/08 – Juris; OLG Brandenburg, FamRZ 2008, 1551; OLG Brandenburg, FamRZ 2001, 36;). Da es sich beim Zwangsgeld somit um ein Beugemittel handelt, ist dessen Festsetzung ausgeschlossen, wenn der Zweck, den Willen des Pflichtigen zu beugen, erreicht ist oder nicht mehr erreicht werden kann.

 

Rz. 27

Demgegenüber ist ein Ordnungsgeld ein Sanktionsmittel, durch das der Verstoß gegen eine gerichtliche Anordnung nachträglich geahndet wird (OLG Nürnberg, FamRZ 2007, 1574). Der Zweck des Ordnungsgeldes nach § 890 ZPO erfordert grundsätzlich die Festsetzung empfindlich hoher Beträge (OLG Celle, WM 2010, 1980; OLG Oldenburg, Beschluss v. 6.5.1993, 1 W 28/93). Dies entspricht sowohl der Funktion des Ordnungsmittels als zivilrechtlicher Beugemaßnahme zur Vermeidung künftiger Zuwiderhandlung als auch dessen repressivem, strafähnlichem Sanktionscharakter (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss v. 23.7.2014, 5 W 49/14 – Juris). Die Bemessung soll daneben auch bewirken, dass die Verletzung der titulierten Pflicht für den Schuldner wirtschaftlich nicht lohnend erscheint (vgl. BGH, Urteil v. 30.9.1993, I ZR 54/91 – Juris, Rn. 18; so auch OLG Hamm, Beschluss v. 30.10.2008, 4 W 117/08 – Juris, Rn. 28; OLG Stuttgart, Beschluss v. 10.5.2005, 2 W 12/05 – Juris). Daher ist die Festsetzung in erster Linie mit Blick auf den Schuldner und sein Verhalten vorzunehmen; maßgeblich ist vor allem der Unwertgehalt der Verletzungshandlung, d. h. die Gefährlichkeit ihrer Folgen für den Gläubiger, besonders auch der Grad des Verschuldens (GRUR 1994, 146 = WRP 1994, 37 = DB 1993, 2584; OLG Stuttgart, OLG Stuttgart, Beschluss v. 10.5.2005, 2 W 12/05 – Juris).

Insoweit kommt es nicht auf das zukünftige Verhalten des Pflichtigen an. Entscheidend und für die Festsetzung des Ordnungsgeldes allein ausreichend ist ein in der Vergangenheit liegender Verstoß gegen die gerichtliche Anordnung.

 

Rz. 28

Gerade wegen dieser Unterschiede hat der Gesetzgeber in dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), das als Art. 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) am 1.9.2009 in Kraft getreten ist, die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen über die Herausgabe von Personen und die Regelung des Umgangs abweichend vom bisherigen Rechtszustand geregelt (vgl. BT-Drucks. 16/9733 S. 51). Nach § 89 Abs. 1 FamFG kann bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs ggü. dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft angeordnet werden. Mit der Verhängung von Ordnungsmitteln anstelle von Zwangsmitteln nach § 33 FGG a. F. sollte die Effektivität der Vollstreckung von Umgangs- und Herausgabeentscheidungen erhöht werden, da Ordnungsmittel anders als Zwangsmitteln nicht ausschließlich der Einwirkung auf den Willen der pflichtigen Person dienen, sondern daneben Sanktionscharakter haben; deshalb können sie auch dann noch festgesetzt und vollstreckt werden, wenn die zu vollstreckende Handlung, Duldung oder Unterlassung wegen Zeitablaufs nicht mehr vorgenommen werden kann (vgl. Gesetzesbegründung zu § 89 FamFG in BT-Drucks. 16/6308 S. 218).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge