Rz. 39

Der Gegenstandswert bemisst sich nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung für den Gläubiger hat, also nach dem Interesse, das er an der Vornahme der Handlung hat (LG Halle, Beschluss v. 6.3.2012, 4 O 1712/11). Maßgeblich ist insoweit das Erfüllungsinteresse an der titulierten Verpflichtung (OLG Köln, AGS 2005, 262 m. Anm. Mock; OLG Rostock, AGS 2009, 187 = Wert der Hauptsache; ebenso OLG Saarbrücken, Beschluss v. 19.8.2009, 5 W 181/09, 66, 5 W 267/09, 98, 5 W 181/09, 5 W 267/09 – Juris u. AGS 2012, 82; OLG Köln, OLGR 2005, 259; OLG Rostock, OLGR Rostock 2009, 75; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 "Ordnungs- und Zwangsmittelfestsetzung"). Gegenstandswert für die Zwangsvollstreckung aus einem Titel auf Löschung einer Sicherungshypothek ist nicht die Höhe des beantragten Zwangsgeldes, sondern der Wert der Hauptsache, d. h. der Nennwert der Hypothek (OLGR Stuttgart, 2001, 375; OLGR Düsseldorf, 1999, 166).

Dem Antrag eines Klägers auf Gewährung von Zutritt zu dem Mietobjekt kommt wertmäßig eine eigene Bedeutung zu, wenn die Besonderheit der angestrebten Zutrittsgewährung die zusätzliche Vollstreckungsmöglichkeit nach.

Nach welchen Kriterien sich der Gegenstandswert einer Beschwerde des Schuldners gegen eine Ordnungsgeldfestsetzung richtet, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur umstritten. Die wohl überwiegende Auffassung geht davon aus, dass für den Schuldner die Abwendung des Ordnungsmittels von Interesse ist, dessen Höhe daher den Wert seiner Beschwerde bestimmt (OLG Celle, RVG professionell 2014, 163 = AGS 2014, 306; vgl. Schuschke/Walker/Stuhrhahn, § 890 Rn. 60; Musielak/Heinrich, § 3 Rn. 32 a; Stein/Jonas/Roth, § 3 Rn. 61 "Ordnungsgeld"; Ahrens/Büttner, Der Wettbewerbsprozess, 7. Aufl., Kapitel 40 Rn. 72; KG, Beschluss v. 23.3.2009 – 23 W 71/08, juris Rn. 29; OLG Celle, OLGR Celle 2003, 294; LAG Bremen, MDR 1989, 672; OLG Düsseldorf, MDR 1977, 676). Nach anderer Auffassung ist dagegen auf das Interesse des Schuldners abzustellen, die Handlung nicht erfüllen zu müssen (OLG Frankfurt, JurBüro 1997, 277; OLG München, MDR 1983, 1029; OLG Braunschweig, JurBüro 1977, 1148; Retzer in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 3. Aufl., § 12 Rn. 900; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 3 Rn. 115). Nach einer vermittelnden Auffassung ist danach zu differenzieren, ob der Schuldner die Verpflichtung zur Handlung/Duldung/Unterlassung an sich angreift oder nur die Höhe des festgesetzten Zwangs-/Ordnungsgeldes. Im ersten Fall entspreche der Gegenstandswert dem Interesse des Schuldners, die Handlung nicht ausführen zu müssen; wende sich der Schuldner allerdings nur gegen die Höhe des Zwangsgeldes, dann komme es auf die Höhe des Zwangs-/Ordnungsgeldes an, da dies dem Interesse des Schuldners entspreche, den festgesetzten Betrag nicht zahlen zu müssen (vgl. Schneider/Herget/Onderka, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 4379).

Die erstgenannte Auffassung ist zutreffend. Die Argumentation der Gegenauffassung, dass es bei einer Schuldnerbeschwerde auf das Interesse des Schuldners, die Handlung nicht erfüllen zu müssen, ankomme, verkennt, dass diese Argumentation letztlich auf das Erkenntnisverfahren zugeschnitten ist. Im Erkenntnisverfahren entspricht es ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass bei einem Rechtsmittel des erstinstanzlich zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung Verurteilten bei der Streitwertbemessung für dieses Rechtsmittel dessen Interesse maßgebend ist, der Handlung, Duldung oder Unterlassung nicht Folge leisten zu müssen (vgl. z. B. zum Fall der Verurteilung zu einer Auskunft: BGH, FamRZ 2014, 27 = FF 2013, 511; BGH, Beschluss v. 22.5.2013, X ZR 49/11 - Juris). Im Beschwerdeverfahren geht es in aller Regel aber nicht mehr darum, dass der Schuldner sich weiterhin gegen die – im Erkenntnisverfahren erfolgte – Verurteilung zur Handlung, Duldung oder Unterlassung wendet. Vielmehr macht der Schuldner im Beschwerdeverfahren regelmäßig geltend, dass die Verhängung von Ordnungsmitteln deshalb zu Unrecht erfolgt sei, weil er dem titulierten Gebot hinreichend nachgekommen oder weil ihm die Befolgung des Gebotes nicht möglich sei, und er aus diesem Grund meint, das verhängte Zwangsgeld nicht zahlen zu müssen. Dann aber besteht das Interesse des Schuldners regelmäßig in der Höhe des gegen ihn festgesetzten Zwangsgeldes.

Für Verfahren über Anträge auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 888 ZPO bedarf es aufgrund der Festgebühr nach Nr. 2111 KV GKG keiner Wertfestsetzung. Eine Festsetzung des Werts der anwaltlichen Tätigkeit setzt einen entsprechenden Antrag voraus. Trotz der nicht selten begrenzten Wirkung des Zwangsverfahrens entspricht dieser Wert zur Berechnung der anwaltlichen Vergütungsansprüche dem ungeteilten Erfüllungsinteresse des Gläubigers an der titulierten Verpflichtung, deren Erfüllung erwirkt werden soll (OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 21.7.2014, 10 W 34/14 – Juris).

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