Rz. 17

Örtlich zuständig ist der Gerichtsvollzieher des Bezirks, in dem sich die Sache befindet. Er ist auch zuständig für die Wegnahme eines eingezogenen Führerscheins (LG Bielefeld, DGVZ 1996, 76). Der Gerichtsvollzieher prüft die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung, insbesondere, ob die wegzunehmende Sache im zugrunde liegenden Vollstreckungstitel hinreichend bestimmt ist (LG Lübeck, DGVZ 1989, 30). Er kann sich zur Bestimmung der herauszugebenden Gegenstände eines von ihm beauftragten Sachverständigen bedienen (BGH, Vollstreckung effektiv 2018, 39 m. w. N. = MDR 2018, 227 = DGVZ 2018, 141). Dies kann bei Herausgabetiteln zulässig und geboten sein, wenn andernfalls die Vollstreckung unmöglich ist oder unzumutbar erschwert wird. Das kann bei der Herausgabevollstreckung einer größeren Zahl von Gegenständen der Fall sein, bei der keine Einigkeit zwischen Gläubiger und Schuldner über die herauszugebenden Gegenstände besteht (BGH Vollstreckung effektiv 2018, 39 m. w. N.; a. A. LG Lübeck DGVZ 1989, 30).

 

Rz. 18

Der zu pfändende Gegenstand muss sich im Gewahrsam (vgl. zum Begriff § 808 Rz. 4 ff.) des Schuldner oder eines zur Herausgabe bereiten Dritten befinden (vgl. §§ 70 Abs. 1, 2, 127 GVGA). Ist ein Dritter nicht zur Herausgabe bereit, so kann der Gläubiger den Anspruch des Schuldners gegen den Dritten auf Herausgabe pfänden und sich überweisen lassen (§§ 829, 886 ZPO). Die Eigentumslage braucht der Gerichtsvollzieher schon deshalb nicht zu prüfen, weil sie bereits für den Herausgabetitel bedeutungslos sein kann. Der Gerichtsvollzieher ist nicht verpflichtet, bei der Herausgabevollstreckung Ermittlungen nach dem Verbleib des herauszugebenden Gegenstandes anzustellen, wenn er diesen beim Schuldner nicht vorfindet (AG Rothenburg, DGVZ 1991, 94).

 

Rz. 19

Die Vollstreckung selbst erfolgt durch die Wegnahme des Gegenstandes und seine Übergabe an den Gläubiger. Die Übergabe ist Bestandteil der Herausgabevollstreckung. Insofern unterliegt der Anspruch auf Lieferung eines herauszugebenden Gegenstands zu einem im Vollstreckungstitel bezeichneten Ort der Herausgabevollstreckung nach § 883 ZPO (BGH, NJW 2016, 645 = WM 2016, 360). Die Vollstreckung richtet sich nach den §§ 754 ff. ZPO und entspricht äußerlich derjenigen der Vollstreckung in bewegliche Sachen wegen Geldforderungen (§ 808 ZPO). Sie ist allerdings keine Pfändung, aber wie diese eine staatliche Beschlagnahme und führt auch zur Verstrickung; allerdings nicht zur Verwertung des Gegenstandes, sondern zu seiner Übergabe an den Gläubiger. Mit der Wegnahme ist der Schuldner von der Pflicht zur Herausgabe befreit; die Gefahr des zufälligen Untergangs trägt von nun an der Gläubiger, der mit der Besitzerlangung durch den Gerichtsvollzieher mittelbarer Besitzer geworden ist. Verwehrt der Schuldner dem Gerichtsvollzieher den Zutritt zu seiner Wohnung, muss der Gläubiger eine richterliche Durchsuchungsanordnung erwirken (§ 758a ZPO). Dies gilt auch dann, wenn die Herausgabepflicht selbst in einem Urteil ausgesprochen ist (h. M. LG Kaiserslautern, DGVZ 1981, 87; MünchKomm/ZPO- Gruber, § 883 Rn. 20). Bei Mitgewahrsam von Eheleuten ist § 739 ZPO zu beachten (OLG Bamberg, FamRZ 1962, 391). Die Regeln des Pfändungsschutzes nach den §§ 811 ff. ZPO finden keine Anwendung, auch nicht im Falle der Herausgabevollstreckung nach Sicherungsübereignung einer unpfändbaren Sache (OLG Stuttgart, NJW 1971, 50; Anm. Reich in: NJW 1971, 757 und Anm. Gerhardt in: JuS 1992, 696).

 

Rz. 20

Auf die Wegnahme beim Schuldner (oder zur Herausgabe bereiten Dritten) folgt die Übergabe an den Gläubiger, soweit nicht (analog § 883 ZPO) der Titel lediglich auf Hinterlegung und Vorlage lautet. Die zur Übergabe erforderlichen Maßnahmen hat der Gerichtsvollzieher zu bestimmen (vgl. auch § 127 GVGA). Enthält der titulierte Herausgabeanspruch keine Angaben darüber, wo die Sache abzuliefern ist, hat der Gerichtsvollzieher die Sache an dem Ort wegzunehmen und dem Gläubiger zu übergeben, an dem sie sich zum Zeitpunkt der Vollstreckung befindet (OLG Koblenz, DGVZ 1990, 40). Mit der Übergabe ist die Zwangsvollstreckung aus dem Herausgabetitel beendet. Der Titel ist verbraucht. Die nachfolgend entstandenen Aufwendungen für den Abtransport und die Einlagerung stellen keine Vollstreckungskosten (mehr) dar (OLG Hamm, InVo 1997, 160).

 

Rz. 21

Bei einer Gläubigerkonkurrenz führt der Gerichtsvollzieher zunächst die Pfändung durch (§ 127 Abs. 5 GVGA). Hierbei pfändet er die herauszugebenden Sachen nur dann ganz oder teilweise, wenn andere Pfandstücke nicht oder nicht in ausreichendem Umfang vorhanden sind. Pfändet er zugunsten des einen Gläubigers Sachen, die der Schuldner an einen anderen Gläubiger herauszugeben hat, so nimmt sie der Gerichtsvollzieher dem Schuldner auf Verlangen des Gläubigers, der die Herausgabe verlangen kann, für diesen Gläubiger weg. Er darf sie jedoch dem Gläubiger nicht herausgeben, sondern muss sie in seinem Besitz behalten. Die Zwangsvollstreckung in diese Sachen darf er erst fortsetzen, sobald si...

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