Rz. 98d

Ist eine Lebensversicherung in Form einer Direktversicherung abgeschlossen worden, d. h. zahlt der Arbeitgeber die Versicherungsprämie für eine Kapitallebensversicherung, handelt es sich um eine von verschiedenen Möglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung. Die maßgeblichen Regelungen hierzu finden sich im Gesetz über die betriebliche Altersversorgung (BetrAVG), insbesondere in § 1b Abs. 2 und § 2 BetrAVG.

 

Rz. 98e

Die Direktversicherung als Teil der betrieblichen Altersversorgung nach dem BetrAVG ist von der Riesterrente (vgl. auch § 851 Rz. 6, § 851d Rz. 3) oder privaten Kapitallebensversicherungen zu unterscheiden. Bei den Zahlungen des Arbeitgebers in der Ansparphase handelt es nicht um Arbeitseinkommen (BAG, NZA 1998, 707). Insofern werden diese Zahlungen – auch wenn sie faktisch Teil des Arbeitsentgelts sind – von der Pfändung des Arbeitseinkommens nicht erfasst. Sie bleiben daher bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens nach § 850c ZPO außer Betracht.

 

Rz. 98f

Der Arbeitnehmer kann nach § 1a BetrAVG vom Arbeitgeber verlangen, dass seine künftigen Ansprüche auf Entgelt bis zu 4 % der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (mtl. 5.600 EUR; jährlich 67.200 EUR, somit max. 224 EUR/Monat bzw. 2.688 EUR/Jahr) für eine betriebliche Altersversorgung und damit auch für eine Einzahlung in eine Direktversicherung verwendet werden. Diese Beträge sind in der Ansparphase grds. unpfändbar. Der Gläubiger kann allerdings prüfen, ob tatsächlich nur 4 % der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in die Rentenversicherung eingezahlt werden. Der überschießende Anteil stellt eine Lohnzahlungsabrede dar, die nach § 850h Abs. 1 ZPO sowohl von der Pfändung des Arbeitseinkommens erfasst wird als auch bei der Berechnung des pfändungsfreien Betrags zu berücksichtigen ist. Nach Auffassung des BAG (NZA 1998, 707) kann die Entgeltumwandlung auch noch erfolgen, nachdem das Arbeitseinkommen bereits durch den Gläubiger gepfändet wurde. Bei einer solchen Vereinbarung handelt es sich nicht um eine Lohnverwendungsabrede, die nur belastet mit dem Pfändungspfandrecht möglich wäre, sondern um eine von der Pfändung nicht berührte Änderung des Arbeitsvertrags. Der Schuldner hat damit als Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich der Pfändung des Gläubigers durch die Entgeltumwandlung zu entziehen, ohne dass der Gläubiger dies verhindern kann. Eine Anfechtung nach dem AnfG kommt zumeist nicht in Betracht.

 

Rz. 98g

In der Auszahlungsphase, d. h. nach Eintritt des Versicherungsfalls, handelt es sich bei der Leistung aus der Direktversicherung um Arbeitseinkommen nach § 850 Abs. 3 lit. b ZPO, das dem Pfändungsschutz der §§ 850 ff. ZPO unterworfen ist. Dabei ist zu unterscheiden:

  • Wird die Versicherungsleistung in regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen als Rente erbracht, unterliegt sie dem Pfändungsschutz nach § 850c ZPO. Allerdings kommt eine Zusammenrechnung mit anderen Renten nach § 850e ZPO in Betracht, sodass sich daraus ein pfändbarer Betrag ergeben kann.
  • Wird die Versicherungsleistung in einer Summe erbracht, greift der Pfändungsschutz des § 850c ZPO grds. nicht. Die Versicherungsleistung ist in vollem Umfang pfändbar. Der Schuldner hat allerdings die Möglichkeit, Pfändungsschutz nach § 850i ZPO für nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen zu beantragen. Hier ist eine umfassende Würdigung der Verhältnisse des Schuldners und der Interessen des Gläubigers vorzunehmen.
 

Rz. 98h

Endet das Arbeitsverhältnis – gleich aus welchem Grund – vor dem Eintritt des Versicherungsfalls, endet auch die Verpflichtung des Arbeitgebers, die Beiträge für die Direktversicherung zu zahlen. Der Arbeitnehmer erhält jedoch nach § 2 Abs. 1 und 2 BetrAVG die unwiderrufliche Bezugsberechtigung aus der Direktversicherung. Der BGH (Vollstreckung effektiv 2011, 29 = Rpfleger 2011, 165) hat entschieden, dass der Anspruch des Arbeitnehmers auf Auszahlung der Versicherungssumme aus einer Firmendirektversicherung bereits vor Eintritt des Versicherungsfalls als zukünftige Forderung pfändbar ist.

 

Rz. 98i

Gem. § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG darf bei einer der Altersversorgung dienenden Direktversicherung der vor Eintritt des Versorgungsfalls und nach Erfüllung der Voraussetzungen des § 1b Abs. 1 und 5 BetrAVG aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedene Arbeitnehmer die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in Höhe des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildeten geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals oder, soweit die Berechnung des Deckungskapitals nicht zum Geschäftsplan gehört, des nach § 169 Abs. 3 und 4 VVG berechneten Wertes weder abtreten noch beleihen. Durch diese Verfügungsbeschränkungen soll erreicht werden, dass die bestehende Anwartschaft im Interesse des Versorgungszwecks aufrechterhalten wird, d. h. es soll verhindert werden, dass der Arbeitnehmer die Anwartschaft liquidiert und für andere Zwecke verwendet (BGH, Vollstreckung effektiv 2009, 11 = WM 2008, 2265). Hierbei hat der BGH (Vollstreckung effektiv 2011, 29 = Rpfleger 2011, 165) zu...

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